Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Brechts, Schillers und Lessings Theorien/ Meinungen zum Theater?

1 Antwort

Also ich kann dir zu Brecht mal etwas reinkopieren, wie ich es mir mal in absoluter Kurzform notiert hatte (bezieht sich aber leider nur auf Brecht und im Vergleich zu Aristoteles)

Ich hoffe, es hilft dir trotzdem.

  • Er ersetzt Mitleid und Furcht durch: Wissensbegierde und Hilfsbereitschaft
  • Er betont die notwendige Verfremdung im Drama, denn durch Jammer und Schaudern werde der Zuschauer manipuliert; er soll aber eigenständig mitdenken und das Drama als Fiktion erkennen
  • Rationale Funktion
  • Literatur soll „Erkenntnis“ stiften
  • Ideal des „studierenden Zuschauers“

Ein Zitat / Auszug zu Brechts Ansicht:

"Die Einfühlung ist ein Grundpfeiler der herrschenden Ästhetik. Schon in der großartigen „Poetik” des Aristoteles wird beschrieben, wie die Katharsis, das heißt die seelische Läuterung des Zuschauers, vermittels der Mimesis herbeigeführt wird. Der Schauspieler ahmt den Helden nach (den Oedipus oder den Prometheus), und er tut es mit solcher Suggestion und Verwandlungskraft, dass der Zuschauer ihn darin nachahmt und sich so in Besitz der Erlebnisse seines Helden setzt.[...]Die Einfühlung ist das große Kunstmittel einer Epoche, in der der Mensch die Variable, seine Umwelt aber die Konstante ist. Einfühlen kann man sich nur in den Menschen, der seines Schicksals Sterne in der eigenen Brust trägt, ungleich uns.

Es ist nicht schwer einzusehen, dass das Aufgeben der Einfühlung für das Theater eine riesige Entscheidung, vielleicht das größte aller denkbare Experimente bedeuten würde.[...]

Die Frage lautet also: ist Kunstgenuss überhaupt möglich ohne Einfühlung oder jedenfalls auf einer andern Basis als die Einfühlung? Was könnte eine solche neue Basis abgeben?

Was könnte an die Stelle von Furcht und Mitleid gesetzt werden, des klassischen Zwiegespanns zur Herbeiführung der aristotelischen Katharsis? Wenn man auf die Hypnose verzichtet, an was könnte man appellieren? Welche Haltung sollte der Zuhörer einnehmen in den neuen Theatern, wenn ihm die traumbefangene, passive, in das Schicksal ergeben Haltung verwehrt wurde? Er sollte nicht mehr aus seiner Welt in die Welt entführt, nicht mehr gekidnappt werden; im Gegenteil sollte er in seine reale Welt eingeführt werden, mit wachen Sinnen. War es möglich, etwa anstelle der Furcht vor dem Schicksal die Wissensbegierde zu setzen, anstelle des Mitleids die Hilfsbereitschaft? Konnte man damit einen neuen Kontakt schaffen zwischen Bühne und Zuschauer, konnte das eine neue Basis für den Kunstgenuss abgeben?

Ich kann die neue Technik des Dramenbaus, des Bühnenbaus und der Schauspielweise, mit der wir Versuche anstellten, hier nicht beschreiben. Das Prinzip besteht darin, anstelle der Einfühlung die Verfremdung herbeizuführen.

(Brecht, Bertolt: Über experimentelles Theater. In: Vietta, Silvio (Hrsg.): Texte zur Poetik. Darmstadt: WBG2012, S. 214f.)