Was kann man noch über die Gesetze von Kepler sagen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo metahead998,

Als für das Thema wichtig würde ich zum Beispiel folgende Aspekte halten - schau mal, was Du davon noch nicht drin hast:

1) Wie sahen eigentlich die zu Keplers Zeit herrschenden Vorstellungen über das Sonnensystem genau aus?

Das ist wichtig für die Frage, was man damals wusste oder nicht wusste, bzw. um herauszuarbeiten, was an Keplers Gesetzen wirklich NEU ist bei der Beschreibung des Sonnensystems.

Du könntest also das geozentrische Weltbild vorstellen, das man so aus der Antike übernommen hatte. In diesen Vorstellungen bewegten sich die Planeten auf Sphären um die in der Mitte ruhende Erde. Die Schleifenbewegungen der Planeten waren nicht verstanden (ein Grund für die Entstehung der Astrologie übrigens), man konnte sie aber mit der sogenannten Epizykeltheorie (googeln) sehr gut berechnen.

Demgegenüber stand der Vorschlag von Kopernikus, der die Sonne in die Mitte setzte, bei dem die Planeten aber auf Kreisbahnen die Sonne umrunden.

2) Was war eigentlich der Grund dafür, dass das heliozentrische Weltbild damals solche Schwierigkeiten hatte, sich durchzusetzen?

Das ist ein Punkt, der oft aus heutiger Sicht gar nicht mehr so leicht einzusehen ist. Für uns ist es so selbstverständlich, dass die Sonne in der MItte ist, dass man sich wirklich vor Augen halten muss, warum es eigentlich nach Kopernikus rund 200 Jahre gedauert hat, bis sich diese Vorstellung durchgesetzt hat.

Die Gründe sind vor allem:

  • Mit der Epizykeltheorie konnte man im geozentrischen Weltbild die Planetenbahnen hervorragend genau im Voraus berechnen. Viel genauer als mit den Kreisbahnen bei Kopernikus: Das heliozentrische Modell hat nicht überzeugt, weil es schlechtere Vorhersagen für die Position der Planeten machte als das geozentrische Modell (samt Epizykeln).
  • Die Schwerkraft war zur Zeit von Galilei, Kepler und Brahe komplett unbekannt. Während es im Wissen um die Schwerkraft logisch ist, dass der Körper, der über 99% der Masse des Sonnensystems besitzt, in der Mitte sitzt, gab es zu Keplers Zeit kein bekanntes logisches Argument, warum die Sonne in der Mitte stehen sollte.
  • Man spürt keine Bewegung der Erde. Es ist intuitiv, die Erde als ruhend anzunehmen.
  • Im berühmten Prozess um Galilei brachte dieser ein nachweislich falsches Argument für die Bewegung der Erde - die Existenz der Gezeiten. Tatsächlich verursacht eine gleichmäßige Rotation der Erde (wie sie sie nun mal ausführt) keine Gezeiten. Galilei verlor seinen Prozess also (auch) wegen eines falschen Argumentes. Auch der Nachweis der Erdrotation mit dem Foucaultschen Pendel ist übrigens viel, viel später gewesen.

3) Waren die Keplerschen Gesetze eigentlich der Durchbruch des heliozentrischen Weltbildes?

Nein.

Das hat noch fast ein Jahrhundert länger gedauert. Erst als Newton die geniale Idee hatte, sein auf der Erde bewährtes Kraftgesetz (F = m * a) auf die Himmelskörper anzuwenden und somit die Vermutung anstellte, dass die Himmelskörper derselben Physik unterliegen wie die Dinge auf der Erde (ein revolutionärer Gedanke um das Jahr 1700...), gelang es ihm mühelos, die Kepler Gesetze aus seiner Kraftformel herzuleiten.

Kepler hatte seine Gesetze ja rein empirisch gefunden - durch ausprobieren verschiedener geometrischer Ansätze und deren Vergleich mit den besten ( von Tycho Brahe gesammelten) Beobachtungsdaten seiner Zeit. Es gab nach Kepler also keine Erklärung dafür, warum die Planeten sich auf Ellipsen bewegen oder warum die Sonne im Brennpunkt der Ellipse steht, oder warum die Bewegungen eben in diesem Verhältnis nach außen hin langsamer werden.

Die Erklärung kommt erst nach Keplers Tod durch Newtons Schwerkraft. Auf einmal existiert eine Begründung für die Kepler Gesetze. Eine Begründung, die sich mit Edmund Halleys Vorhersage der Rückkehr des später nach ihm benannten Kometen exakt bestätigt.

Erst damit setzt sich das heliozentrische Weltbild endgültig durch.

4) Welche Bedeutung hat Kepler dann eigentlich für die heutige Naturwissenschaft?

Galilei, Kepler und Newton gelten als die Väter der gesamten modernen Naturwissenschaft. Denn jeder für sich haben sie einen entscheidenden Beitrag geleistet für die Methode, mit der Naturwissenschaft bis heute betrieben wird.

Galileis Beitrag war die Idee, gezielte und aussagekräftige Beobachtungssituationen herbeizuführen, um etwas über die Natur herauszufinden: Galilei hat das Experiment erfunden.

Keplers Beitrag war die Erkenntnis, dass man Modelle, die einem zwar sehr am Herzen liegen (sein Modell der 5 harmonischen Körper), die aber einfach nicht zu den Daten passen wollen, verwerfen muss. Keplers Beitrag ist also, dass man die Beobachtungsdaten zum Entscheidungskriterium macht - nicht die eigenen Vorstellungen.

Newtons Beitrag ist die Einführung der Mathematik in die Physik: Newton erfindet damit letztlich die exakte Naturwissenschaft mit ihren experimentell überprüfbaren, mathematisch formulierten Erklärungsmodellen.

Die eigentliche Bedeutung von Kepler sind also NICHT diese 3 Gesetze, sondern seine Genialität, seine eigenen Vorstellungen zu verwerfen und sich von den empirischen Daten zur richtigen Beschreibung leiten zu lassen.

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Und falls Du es nicht kennst: Carl Sagan hat in seiner Serie "Unser Kosmos" Johannes Kepler und der Entdeckung seiner 3 Gesetze damals eine ganze Folge gewidmet - "Die Harmonie der Welten".

Ich bin sicher, dass Du - falls Du sie noch nicht kennst - darin noch Anregungen für das Referat finden kannst:

https://youtube.com/watch?v=J_2JC6URX0Y

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
SlowPhil  07.11.2016, 12:36

Du könntest noch hinzufügen, dass die Zweite Kepler'sche Regel - dies ziehe ich der Bezeichnung »Gesetz« vor - mit dem radius vector, der in gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht, aus heutiger bzw. schon aus späterer Sicht mit dem Drehimpulserhaltungssatz übereinstimmt.

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SlowPhil  10.11.2016, 13:54

Dieser Beitrag ist jedenfalls sternchenwürdig und so ausführlich, dass ich keine eigene Antwort mehr formulieren, sondern nur noch einige Ergänzungen anbringen will.

Eine habe ich schon genannt, nämlich zur Zweiten Kepler-Regel. Zudem kann man noch ergänzen, dass sich für Kreisbahnen mit Radius r um einen Körper der Masse M aus dem Vergleich der Beschleunigungen (Gravitationsfeldstärke gleich Zentripetalbeschleunigung) die Dritte Kepler-Regel ergibt:

    G·M/r² = ω²·r = r·4π²/T²
⇔ T² = r³·4π²/G·M.

Außerdem kann man sich noch über die geometrischen Parameter der Ellipse (Große Halbachse a, kleine Halbachse b, Halbparameter p (der ist besonders interessant, da er auch für offene Kegelschnitte existiert), lineare Exzentrizität e=√{a²–b²}, numerische Exzentrizität ε=e/a) auslassen und ihren Zusammenhang mit physikalischen Erhaltungsgrößen wie (spezifischem) Drehimpuls und Energie beleuchten.

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Mach 'ne Vergleichsrechnung mit dem 3. Keplergesetz (Mondbahndaten versus Satellitenbahndaten). Kommt gut bei Lehrern.

metalhead998 
Fragesteller
 06.11.2016, 21:00

Was würde man da ungefähr so genauer machen und ausrechnen?

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Es ist hilfreich, wenn wir wüssten, was für Gesetze du bereits kennst.

metalhead998 
Fragesteller
 06.11.2016, 20:05

Die 3 Gesetze, dass sich die Planeten auf Ellipsenbahnen befinden und der Sonne als Brennpunkt, der vom Massenmittelpunkt der Sonne zu einem Planeten gezogene Ortsvektor überstreicht in gleichen in gleichen Zeiten gleiche Flächen und die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der Halbachsen und ihrer Ellipsenbahnen.

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