Was ist der wichtige Unterschied zwischen Temperatur und Wärme?

8 Antworten

Ganz grob vereinfacht gesagt, ist die Temperatur räumlich konzentrierte Wärme.

Temperatur ist körperlich spürbar. Man kann sich an Körpern mit hoher Temperatur verbrennen oder verbrühen. An Körpern mit niedriger Temperatur kann man sich kalte Finger holen.

Wärme ist eine Energieform. Ein Körper, dessen Temperatur höher ist als die Körper der Umgebung, gibt Wärme ab an die Körper der Umgebung durch Wärmestrahlung, Wärmeleitung oder Konvektion (Austausch durch Strömung). Und das sind die drei Arten der Wärmausbreitung: Wärmestrahlung spüren wir direkt in der Sonne oder vor dem heißen Ofen. Eine Wärmeleitung beobachten wir zum Beispiel von der heißen Kochplatte zum Topf und zur Suppe oder vom warmen Teller zum darauf liegenden Eiswürfel. Wärmekonvektion beobachten wir z.B., wenn wir eine heiße und eine kalte Flüssigkeit zusammen schütten und umrühren, oder wenn wir einen beheizten Raum lüften.

Wenn wir die Temperatur eines Körpers erhöhen, führen wir ihm Wärme zu. Wenn wir seine Temperatur absenken, entziehen wir ihm Wärme. Wenn wir die Temperatur von zwei gleichartigen Körpern um einen bestimmten Betrag erhöhen, müssen wir dazu die doppelte Wärmemenge zuführen wie bei jedem einzelnen dieser Körper.

Ein Körper nimmt mit zunehmender Masse und zunehmender spezifischer
Wärmekapazität mehr Wärme auf (oder ab) bei einer bestimmten
Temperaturerhöhung (oder Temperatursenkung).

Die Temperatur ist eine Zustandsgröße und beschreibt damit eben den Zustand eines physikalischen Systems.
Der Schlüssel, mit dem ich hier die ganze Zeit herumspiele, hat Raumtemperatur und damit im Moment etwa 22°C. Meine Hand hingegen hat wohl eine Temperatur von etwa 37°C.

Wärme dagegen ist eine Prozessgröße, genauer gesagt die Energie, die Aufgund eines Temperaturunterschiedes von einem System auf ein anderes übertragen wird.
Wenn ich meinen Schlüssel also in die Hand nehme fließt Wärme von meiner Hand in den Schlüssel, da die Temperatur des Schlüssels niedriger ist als die Temperatur meiner Hand.

Eigentlich ist das ganz einfach. Problematisch ist für viele Leute "nur", dass wir die Begriffe warm und kalt umgangssprachlich auf die Temperatur eines Gegenstandes beziehen. Wir sagen "die Hand ist wärmer als der Schlüssel", wenn die Hand eine höhere Temperatur hat als der Schlüssel.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemie- & Verfahrensingenieurin

Die umgangssprachliche Bedeutung von "Wärme" ist praktisch identisch mit dem von "Temperatur":   Wenn es wärmer ist, herrscht eine größere Temperatur, und umgekehrt.

Physikalisch gesehen unterscheiden sich die beiden Größen aber ganz wesentlich. "Wärme" wird da als "Wärmemenge" betrachtet, welche in einer bestimmten Stoffmenge als thermische Energie drin steckt. Dieser Wärmeenergie-Inhalt ist zwar von der Temperatur (-Verteilung) in der Stoffmenge, aber auch von deren Volumen und Wärmekapazität abhängig.

So hat z.B. ein Eisberg mit seiner Temperatur von z.B. -2°C = 271 K  einen viel größeren Wärmeinhalt als das gesamte Wasser in einem Becken eines Thermalbades, das eine Temperatur von  38°C = 311 K , aber ein viel kleineres Volumen hat. 

Paguangare  01.07.2017, 18:14

Man sagt aber wirklich nicht "große" Temperatur, sondern "hohe" Temperatur. So korrekt ist die Umgangssprache schon noch.

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Temperatur ist eine Zustandsgröße. Es geht um den Zustand von Materie, also lauter kleinen Masseteilchen (Atomen und Molekülen), die sich in einem Raum befinden. Je schneller sich die Teilchen bewegen, umso höher ist die Temperatur.

Am absoluten Nullpunkt (0 K) sind alle Teilchen total starr. Wenn man Wärmeenergie zuführt, fangen sie an zu schwingen.

In festen Stoffen schwingen die Teilchen in einem Gitter nur mit kleinen Amplituden hin und her.

In Flüssigkeiten wuseln die Teilchen umeinander her. Sie können aber nicht nach oben wegfliegen. Flüssigkeiten haben eine  bestimmte Dichte. Erwärmt man sie, dann dehnen sie sich (relativ geringfügig) aus.

Im Gaszustand schließlich können die Teilchen in alle Richtungen umherflitzen und hängen nicht mehr aneinander. Sie fliegen so weit, bis sie auf ein Hindernis stoßen, an dem sie abprallen und die Richtung wechseln.

Ein System, das eine bestimmte Temperatur hat, kann klein oder groß sein.

Ein kleines System, das eine bestimmte Temperatur hat, enthält weniger Wärmeengergie (innere Energie) als ein größeres System, das genau dieselbe Temperatur hat.

Man kann sich das mit einem Gleichnis veranschaulichen.

Reines Wasser ist farblos. Sein Zustand ist "farblos". Tinte dagegen ist dunkelblau. Wenn man einen Tropfen Wasser mit einem Tropfen Tinte versetzt, dann ändert sich der Zustand des Wassers sehr deutlich. Es sieht ziemlich dunkelblau aus. Wenn man den Tropfen Tinte in ein größeres System (ein Schnapsglas mit Wasser) gibt, dann verfärbt sich das Wasser hellblau. Wenn man den Tropfen Tinte aber in eine Badewanne voll Wasser gibt, kann man keine Verfärbung feststellen.

So wäre das auch, wenn man eine bestimmte Wärmeenergie zuführt. Wenn man in einem kleinen Topf 1 l Wasser mittels eines 1000 W-Tauchsieders eine Minute lang erwärmt, dann führt man eine Wärmemenge von

Q = 1000 J/s * 60 s = 60 000 J

zu. Um 1 kg Wasser um 1°C zu erwärmen, braucht man eine Wärmemenge von 4190 J. Das nennt man auch die Wärmekapazität von Wasser (4190 J/(kg*K)).

Das Wasser erwärmt sich also um

60 000 J / (1 kg * 4190 J/(kg*K)) = 14,3 K = 14,3°C

Wenn das Wasser im Topf vorher 20°C warm war, hat es danach eine Temperatur von 34,3°C.

Wenn man aber den Tauchsieder in eine Badewanne voll Wasser (60 l)  hängt und auch 1 min lang laufen lässt, also dieselbe Wärme zuführt, dann erwärmt sich das Badewasser nur um:

60 000 J / (60 kg * 4190 J/(kg*K)) = 0,239 K = 0,239 °C

Hatte das Badewasser vorher 20°C, so hat es danach 20,239°C.

Für die Physiker: Da ein Tauchsieder einen Wirkungsgrad von über 98 % hat, kann ich ruhig mit der Nennleistung rechnen.

Die klassische Thermodynamik, die für Temperatur und Energie zuständig ist, ist zwar ein Teilbereich der Physik, aber der von vielen Physikern unbeliebteste. Das liegt unter anderem daran, dass die Methodik eine völlig andere ist als beim Rest der Physik. Es gibt auch nicht wenige Physiklehrer, die das Thema nicht gerne haben, spätestens wenn der Begriff Entropie noch dazu kommt.

Während die restliche Physik analytisch vorgeht und komplexe Vorgänge in einfachere Teilvorgänge zerlegt, arbeitet man in der klassischen Thermodynamik ausschließlich systemisch. Es werden immer nur Systeme als "Black box" betrachtet und was da im Inneren im Detail passiert, interessiert eigentlich niemanden.

Demenstprechend beziehen sich auch die Begriffe Temperatur und Energie auf Systeme. Bei der Betrachtung von Systemen muss man immer darauf achten, auf welcher Ebene man sich bei der Betrachtung befindet.

Auch wenn es in der Praxis keine Rolle spielt, gehe ich zum besseren Verständnis jetzt doch mal auf die Teilchenebene.

Nehmen wir einen Behälter mit Gas. Da befinden sich Milliarden von Gasteilchen, die hin und her rasen und sich gegenseitig durch Kräfte beeinflussen. Nun könnte man hergehen und den Energiegehalt eines jeden Teilchens ermitteln. Jedes Teilchen hat zum einen kinetische Energie durch die Geschwindigkeit, mit der es sich bewegt und zum anderen besitzt jedes Teilchen potenzielle Energie durch die Kraftfelder der anderen Teilchen.

Nachdem man nun die Energie jedes einzelnen Teilchens ermittelt hat, könnte man nun zwei Operationen durchführen: man berechnet den durchschnittlichen Energiegehalt eines jeden Teilchens und man ermittelt die Summe der Energie aller Teilchen.

Du merkst sicherlich selber, dass diese Vorgehensweise ziemlich unpraktisch ist. Und nun kommt Ludwig Boltzmann ins Spiel. Der hat nämlich festgestellt, dass wenn die Anzahl der Teilchen nur groß genug ist, dass sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Teilchen statistisch ausgleichen und das Gesamtsystem ein konstantes Verhalten zeigt. Das ist das Boltzmannsche Gesetz der großen Zahl.

Die durchschnittliche Energie der Teilchen macht sich auf Systemebene als Temperatur bemerkbar.

Die Summe der Teilchenenergien ist die Innere Energie. Diese ist von der Durchschnittsenergie der Teilchen (Temperatur), der Art des Stoffes (spezifische Wärmekapazität) sowie der Stoffmenge (Masse) abhängig.

Wärme ist die Energie, die selbstständig alleine aufgrund eines Temperaturunterschiedes die Systemgrenze überschreitet. Daher ist Wärme eine Prozessgröße und keine Zustandsgröße. Wärme kann nur im Rahmen eines Austauschprozesses auftreten.

Sobald einem System Energie, z.B. in Form von Wärme entzogen wird, sinkt dort die durchschnittliche Energie der Teilchen, die Temperatur nimmt ab. Es sinkt natürlich auch die Summe der Teilchenenergien um genau den Betrag, der als Wärme entzogen wurde.

Wird Wärme zugeführt, steigt die durchschnittliche Energie der Teilchen und damit auch die Temperatur.