Was hatte das Colosseum mit Wasserver- und Entsorgung zu tun?

4 Antworten

So direkt eigentlich nichts, ob es Naumachien (so der antike Fachbegriff fuer Wasserschlachten) gab, ist recht umstritten und eigentlich auch relativ unwahrscheinlich bis unmoeglich, AUSSER wie schon von anderen geschrieben eben in den ersten paar (also so circa 100) Tagen der Einweihungsspiele, WEIL zu dieser Zeit der heute sicht- und besuchbare Untergrund unter der hölzernen Arena noch NICHT existierte - das hätte nämlich alles an wertvoller Technik dort unten zerstört...!

Also gab es sicher keine WasserZULEITUNG, aber natuerlich die ueblichen Kanäle zur ABLEITUNG von zB. Regenwasser, dass sonst sicher dort unten vor sich hin gestanden waere und ebenfalls die teure Būhnentechnik aus Holz (Kräne fūr Mensch und Tier) angegriffen und wohl auch beschädigt hätte...

Noch weitere Frage ;) ?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Es gab in dem Gelände unterirdische Kanäle und Rohrleitungen, wobei ein großer Ringkanal um das Gebäude herum Wasser in den Tiber leitete. Rohre hatten Schleusen zur Kontrolle des Durchflusses. Zuleitungen und Ableitungen konnten einer Wasserversorgung und Wasserentsorgung dienen. Offerbar ist zur Aufführung einer Naumachie (nachgestellte Seeschlacht als Unterhaltungsspektakel) dieses System zum Fluten umit Wasser und anschließenden Ablassen des Wassers genutzt worden.

Das Kolosseum (Amphitheatrum Flavium [Flavisches Amphitheater]) lag in einem sumpfigen Gelände. Der durch ihn führende labicanische Bach wurde von römischen Ingenieuren abgeleitet und in das Abwassersystem integriert. Er verlief nach Erbauung an der Südseite des Amphitheaters und mündete in einem Hauptsammler, der die Abwasser der Stadt unterirdisch in den Tiber leitete. Auch das Fluten/Einleiten des Wassers war keine ganz einfache Angelegenheit. Anschließend war es nötig, das Wasser wieder herauszubekommen und die Arena und das Untergeschoß trockenzulegen.

Der Tiber lag noch tiefer als das Kolosseum. Bei einer Entwässerung hin zum Tiber mußte es nicht bergauf gehen.

Das Wasser wurde über ein Netzwerk unterirdischer Kanäle abgeleitet. 8 Meter unter der Piazza/dem Talboden lag ein großer Kanal, der durch 4 große Wasserrohrleitungen mit dem Hauptsammler (außerhalb des Kolosseums gelegen, unter der heutigen Via S. Giorgio) verbunden war. Von dort wurde das Wasser in den Tiber geleitet.

Zur Kontrolle des Durchflusses waren Schleusentore erforderlich.

Marcus Junkelmann, Gladiatoren : das Spiel mit dem Tod. Mainz am Rhein : von Zabern, 2008, S. 180 verweist auf veröffentlichte Untersuchungen von Heinz Beste:

„Sie werfen vor allem Licht auf die Konstruktion der Arena und der unterirdischen Anlagen einschließlich des alten Problems der Naumachie, der Miniaturseeschlachten, die in den ersten Jahren vor den Umbauten unter Domitian tatsächlich stattgefunden zu haben scheinen. Zum Thema Naumachie hat Termite Art Productions, den vorbildlich recherchierten und realisierten TV-Film »Unsolved History: Roman Colosseum« produziert (2003, Regie James Younger), der auch in Deutschland mehrfach ausgestrahlt wurde.“

Keith Hopkins/Mary Beard, Das Kolosseum. Aus dem Englischen übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister unter Mitarbeit von Anna Raupach. Stuttgart : Reclam, 2010 (Reclams Universalbibliothek : Reclam-Sachbuch ; 18611). S. 170 – 178

S. 177: „Gab es große Boote, die in tiefem Waser manövrierten, oder handelte es sich eher um Miniaturboote in einem überdimensionalen Planschbecken? In höherem Maße noch hängt es davon ab, ob man eine plausible Antwort auf die Frage findet, wie die Wasserzufuhr geregelt wurde. Selbst bei einem Planschbecken ist schwer vorstellbar, wie man diesen Bereich der Arena in angemessener Zeit hätte fluten und wieder trockenlegen können. Manche vermuten, daß man über Schleusentore verfügte und sich den Rückfluss des Tibers zunutze machte, was allerdings zur Folge gehabt hätte, dass auch große Abwassermengen in die Arten geströmt wären. Das hätte kaum den prächtigen und luxuriösen Spielen entsprochen, das Martials Dichtung uns vorgaukeln möchte. Gewiss eine Seeschlacht der besonderen Art.“

S. 177 – 178: „Beim Entwurf des Koloseums stellte das Wasser vor allem in ganz anderer Hinsicht ein Problem dar. Es mag heute schwer vorstellbar sein, wie man die Arena für die Schauspiele auf spektakuläre Weise immer wieder fluten konnte. Doch Tag für Tag stand man vor der drängenden Frage, wie es sich verhindern lasse, das ganze Gelände des Kolosseums – der Bau stand ja in einem Flusstal – wieder in den See verwandelte, der es zur Zeit des Kaisers Nero gewesen war. Abgesehen davon war das Bauwerk eine riesige Wassertonne: Der Regen, der manchmal sintflutartig auf die Zischauerplätze niederprasselte, musste abfließen können, andernfalls hätten sich bei einem heftigen Sturm bis zu 175 l Wasser pro Sekunde aufgestaut. Eine der außergewöhnlichsten – wenn auch der Öffentlichkeit verborgenen - Leistungen der Planer des Kolosseums bestand in der gelungenen Drainage. Neue archäologische Erforschungen des Wassersystems haben ein kompliziertes Netzwerk unterirdischer Kanäle zutage gefördert, die um das Bauwerk herum und durch dessen Zentrum verliefen. Der Ringkanal befindet sich 8 m unter dem Talboden, sammelt das Wasser und leitet es in den Tiber. Bevor sie sich auch nur über die Fundamente Gedanken machten, hatten die Architekten das Problem der Hydraulik fachmännisch gelöst.“

S. 183: „Wahrscheinlich wurde ein Teil des Aushubs verwendet, um den Boden rund um den gesamten Komplex um etwa 6,5 m anzuheben, sodass das neue Amphitheater das Tal stolz überragte. (Der gesamte Talgrund war bereits durch den Schutt des großen Brandes von Rom im Jahre 64 n. Chr. um 4 m angehoben worden.)“

Peter Connolly, Colosseum : Arena der Gladiatoren. Aus dem Englischen Übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister. Stuttgart : Reclam, 2005 (BBC-books), S. 39 – 40 (zum Entwässerungssystem), S. 143 – 151 und S. 188 - 195

S. 39 – 40: „In regelmäßigen Abständen floss dieses Wasser in einen 8 m unter der Piazza gelegenen Kanal, der durch vier große Wasserohrleitungen mit dem Hauptsammler verbunden war. Diese Rohre verliefen an der Außenseite der Umfassungsmauer der Fundamente und hatten Schleusen, um den Durchfluss zu kontrollieren.

Die Gesamtlänge der Wasserrohre und –tunnel betrug fast 3000 m. Dazu gehörten sowohl Zufluss- als auch Abflussleitungen, und die größte Röhre diente wahrscheinlich beiden Zwecken. Das Leitungssystem, das man im Mauerwerk der obersten Stockwerks des Colosseums noch erkenne kann, bestand aus Bleirohren, die die Zisternen für die interne Wasserversorgung speisten.“

S. 143 - 144: „Als Vespasian zum ersten Mal die Errichtung eines Allzweck-Amphitheaters im Gelände von Neros goldenem Palast ins Auge fasste, wollte er den See vermutlich in eine naumachia umgestalten. Indem er sich für diesen Standort entschied, glaubte er, das Problem der Wasserversorgung gelöst zu haben, da der See in einem natürlichen Sumpfgebiet lag, das durch den labicanischen Fluss und andere von den umliegenden Hügeln kommende kleinere Bäche gespeist wurde. Aber während der Standort für den gedachten Zweck ideal erschien, warf der weiche Untergrund, als man den Bau der Zuschauertribünen in Angriff nahm, sehr viel größere Probleme auf.

Vespasians ehrgeiziges Projekt wurde zu seinen Lebzeiten nie verwirklicht, und während Titus da weitermachte, wo sein Vater aufgehört hatte, gibt es keinen schlüssigen Beweis, dass bei der Einweihung des Bauwerks im Jahre 80 v. Chr. im Colosseum eine Naumachie aufgeführt wurde. Obwohl es unter dem Gelände einen massiven 6 m tiefen Graben gab, wäre es technisch schwierig gewesen, das 76 m lange und 44 m breite Untergeschoss für eine Seeschlacht zu fluten, anschließend trocken zu legen und für den sich anschließenden Gladiatorenauftritt mit einem Bretterboden abzudecken. Und während es eine Fülle archäologischer Beweise dafür gibt, wie die Arena zur Zeit des Titus abgedeckt war, fehlt von einem Mechanismus für ihre Flutung jede Spur. (Die unterirdischen Systeme des Colosseums sind in Anhang I genauer beschrieben.)“

S. 144 - 146: „Nach heute allgemein verbreiteter Ansicht gab es beim Untergeschoss zwischen der Fertigstellung der Umfassungsmauer samt allen Installationen und der Ausmauerung im Inneren einen Zeitraum von mindestens ein paar Jahren; in dieser Zeit könnte das Untergeschoss als Becken genutzt worden sein. Eine 1991 veröffentlichte Untersuchung des südwestlichen Sektors des Souterrains ergab, dass ein großer Teil der Umfassungsmauer wasserdicht gebaut war.

Die groß angelegte Studie über das Untergeschoss, die der deutsche Architekt Heinz-Jürgen Beste Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts durchführte, erbrachte Beweise für die Veranstaltung von Naumachien, und Beste bezeichnet die Zeit des Titus sogar als »Periode der Naumachien«. Allerdings kam er auch zu dem Schluss, dass das Amphitheater weder schnell noch leicht zu fluten war. Dieser Meinung haben sich heute viele Wissenschaftler angeschlossen.

Nur über das sehr umfangreiche Abwassersystem des Bauwerks wäre es möglich gewesen, große Wassermengen schnell in das Colosseum zu leiten. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde eine Untersuchung der nördlichen und südlichen Abwasserleitungen sowie des Untergrundes durchgeführt. Sie ergab, dass alles Neigung nach außen hatte und ohne Frage dem Wasserabfluss diente. Außerdem waren die Leitungen dem Anschein nach an keinen Wasserspender angeschlossen – ein solches System hätte die Abwässer zurückgespült. In seinem aufschlussreichen Artikel (Il Colosseo, hrsg. von A. Gabucci, Mailand 2000, Kap. 6) über die Wasserversorgung und das Abflusssystem des Colosseums räumt der italienische Ingenieur Leonardo Lombardi allerdings ein, dass es, wenn der Tiber Hochwasser führte, zu einem Rückfluss im Abwassersystem gekommen und das Untergeschoss geflutet worden wäre. Dies beweist, dass es nicht unmöglich war, hätte aber Schleusentore erfordert. Der Einsatz eines solchen Rückflusssystems hätte oberhalb des Amphitheaters gelegene große Zisternen nötig gemacht. Der Rückfluss des Abwassers stellt das größte Problem dar.

Nach gängiger Theorie ließ sich das Amphitheater mit dem Wasser fluten, das für die Latrinen und Trinkwasser-Brunnen in das Colosseum geführt wurde, indem man es durch die Regenabflussrohre in das Untergeschoss leitete. Aber das ist viel zu kompliziert. Diese Methode der Wasserzufuhr ist zwar raffiniert, doch wäre sie viel zu ineffektiv und langsam. Domitian mag sich dieses Verfahrens später tatsächlich bedient haben, aber für den von Martial beschriebenen Effekt muss es eine schnellere und einfachere Möglichkeit gegeben haben.

Titus wollte vermutlich die Reihe von Seeschlachten veranstalten, die sein Vater für das Colosseum geplant hatte, doch die Wasserversorgung stand für die Eröffnung nicht rechtzeitig zur Verfügung. Ursprünglich hatte man vermutlich unterirdische Aquädukte geplant, um das Wasser ins Amphitheater zu leiten, wo sie dann in die riesigen Abflussleitungen unter den vier Tunneln einmünden sollten. Da die Baumeister vielleicht in Zeitdruck geraten waren, könnten sie auf eine Notlösung gekommen sein und provisorische Holzrohre verlegt haben, um das Wasser von höher gelegenen Quellen herzuleiten. Diese wären an der Stelle, wo sie aus dem Untergeschoss austraten, an die Hauptabflussrohre angeschlossen gewesen, was den Rückfluss an Abwasser minimiert hätte. Das kurze Stück unter dem Bauwerk selbst hätte in der Nacht vor der Veranstaltung freigeräumt werden können. Man muss aber betonen, dass dies nicht mehr möglich war, nachdem das Abflusssystem erst einmal stand. Zwar gibt es keinen direkten Beweis, der diese Theorie stützt, aber eine Fülle von Beweisen dafür, dass das Kanalisationssystem zur Zeit der Eröffnung des Colosseums noch nicht fertig war. Die nach Süden und Westen abgehenden Leitungen wurden beide in der Zeit Domitians umgestaltet; davor war die Röhre aus Backstein mit Anschluss an die westliche Hauptachse noch nicht einmal gebaut, und es gibt Zeichen von Umbauten innerhalb der Leitung selbst, die eine Änderung der Funktion erkennen lassen. Man weiß, dass Domitian einige Zeit nach Titus’ Tod das gesamte Naumachienprojekt fallen ließ. Der von ihm vorgenommene Umbau einschließlich der Reparatur des Untergeschosses entspricht praktisch dem heutigen Zustand. (Einzelheiten zu dieser Hypothese finden sich in Anhang I.)

Während der Wasserschauspiele waren die Aufzüge in den Gewölbenischen entlang der Umfassungsmauer wohl hinter den Gittern hochgezogen, sodass kleine Boote darunter unbemerkt versteckt werden und dann plötzlich hervorschießen konnten, um das Publikum zu überraschen. In die Rückwand jeder dieser Gewölbenischen war ein knapp 50 cm breiter Schacht eingelassen. Er hatte in halber Höhe der Mauer einen Auslass. In diesen Schächten könnte sich anfangs ein Gegengewicht für den Aufzug befunden haben. Später wurden sie als Regenabfluss genutzt. Nach heutiger Theorie waren es diese Schächte, mit deren Hilfe die Arena geflutet wurde, aber sie waren zweifellos niemals für diesen Zweck geplant.“

S. 149: „Falls Martials Bericht von der Eröffnung des Colosseums wörtlich zu nehmen ist, dann wurde, gleich nachdem die Gladiatorenkämpfe in der Arena beendet waren, die naumachia aufgeführt. Realistischerweise muss der Tag danach gemeint gewesen sein, da sonst für die Aufräumarbeiten, die Entfernung des Bodens und das Fluten der Arena nicht genug Zeit gewesen wäre. Auch so hätte dies viel Arbeit bedeutet. Zu allererst musste man den Sand, der in der Arena das Blut von Mensch und Tier aufsaugen sollte, zusammenkehren und fortschaffen. Dann musste der Bretterboden abgebaut und weggeräumt werden, einschließlich der hölzernen Stützen. Man konnte mit dem Fluten der Arena erst beginnen, wenn auch die letzten dieser Holzpfähle entfernt und sorgfältig verstaut waren. Die Landschaftskulissen unter der Arena, besonders in der Mitte, wo die größeren Bühnenbilder aufgebaut wurden, musste man in die Tunnel über den Abzugskanälen der Längsachse hinaufziehen. Alsdann waren je nach Bedarf die Schleusen zu öffnen oder zu schließen, um die Schiffe in Position zu bringen. Dies war aber erst möglich, wenn man die wilden Tiere, die im Untergeschoss in Käfigen gehalten wurden, in Sicherheit gebracht hatte.

Das Untergeschoss durfte nur bis zu einer Höhe von 1, 20 m unter Wasser gesetzt werden. Andernfalls würde es zu einer Überflutung der Tunnel und Serviceräume kommen. Für eine größere Tiefe brauchte man wasserdichte Türen. Dies lag gewiss nicht außerhalb der Möglichkeiten römischer Ingenieure, und man könnte meinen, dass Zugbrücken, die als wasserdichte Türe fungierten, nötig waren, um die Kulissen vor der Flutung aus dem Untergeschoss in die Tunnel zu befördern. Je höher das Wasser stand, desto besser konnten die Zuschauer das Geschehen in der Arena beobachten. Aber eine eingeschränkte Sicht ließ sich ebenfalls effektvoll nutzen. Beispielsweise hätten die Zuschauer von ihrer erhöhten Position, von wo aus nur ein Teil des Untergeschosses einsehbar war, womöglich nicht die kleinen Ruderboote gesehen, die unterhalb der Aufzüge untergebracht waren, um im geeigneten Augenblick zu Wasser gelassen zu werden.“

S. 151: „In der Nacht musste das Wasser abgelassen und der Arenaboden neu verlegt werden. Dazu brauchte man Tausende von Holzteilen, Pfählen, Balken, Falltüren, Dielen und Holzpflöcken. Die Segmente des Bodens, die mit Klapptüren versehen waren, waren Fertigteile; alle Stücke mussten an bestimmten Stellen liegen und waren daher durchnummeriert und nach Gruppen geordnet. Es muss eine wahnsinnige Hetze gewesen sein, mit allem rechtzeitig fertig zu werden.“


Albrecht  31.01.2022, 20:07

„Sueton zufolge veranstaltete Domitian wenigstens einmal ein Wasserschauspiel im Colosseum. Es steht aber auch fest, dass der Kaiser dort irgendwann keine Naumachien mehr aufführen wollte und den Bau einer ständigen Arena beschloss. Diese Entscheidung wird jedoch in keiner antiken Quelle erwähnt. Vielleicht war die Durchführung von Wasserschauspielen im Colosseum zu kompliziert oder, was wahrscheinlich ist, der Holzboden und die Stützpfähle waren morsch geworden und hatten angefangen zu verrotten. Es könnte aber noch andere Gründe gegeben haben. Sueton erzählt von einer »neuen naumachia«, was von Cassius Dio bestätigt wird. Der Hintergrund für Domitians Kehrtwende war wahrscheinloch sein Projekt, auf dem Palatin den neuen flavischen Palast zu errichten. Der Bau wurde im Jahr 81 n. Chr. begonnen und etwa elf Jahre später vollendet; um den Palast mit Wasser zu versorgen, musste die Aqua Claudia umgeleitet werden.“

S. 192 – 193: „Das Abflussystem des Colosseums wurde im Laufe der Jahrhunderte sorgfältig studiert und erforscht. Das ganze Bauwerk war wie ein riesiger Trichter entworfen, der das gesamte Regenwasser im Untergeschoss unter der Arena sammelte. Schätzungen zufolge flossen bei einem heftigen Regen 175 l pro Sekunde in das Untergeschoss. Diese Menge konnte leicht durch die vier Abwasserkanäle, die vom Untergeschoss zum Hauptsammler außerhalb des Amphitheaters führten, abgeleitet werden. Der nördliche und südliche Kanal wurden 1973-77 erforscht. Der südliche Kanal ist 1,8 m hoch, 1,3 m breit und mit einem Satteldach versehen, der nördliche ist etwas kleiner: 1,4 m hoch und 1,2 m breit. Beide haben ein Außengefälle von etwa 1 : 40.

Bei früheren Ausgrabungen wurden direkt an der Außenseite des Colosseums zwei Abwasserkanäle gefunden, die auf unterschiedlichen Niveaus rings um das gesamte Bauwerk verliefen. Die obere, im 2 m Tiefe liegende Leitung sammelte das Wasser aus dem oberen Teil des Bauwerks und aus der äußeren Umgebung des Amphitheaters. Er war durch eine Reihe senkrechter Überläufe mit einem größeren, in 8 m Tiefe gelegenen Kanal verbunden. Der weiter unten verlaufende, 55 cm breite und 1,5 m hohe Kanal war mit den vier aus dem Untergeschoss kommenden Radialkanälen verbunden. Das Wasser wurde dann zum Hauptsammler, der sich unter der heutigen Via S. Giorgio befand, und schließlich in den Tiber geleitet. Das äußere Kanalisationssystem unter der Piazza des Colosseums konnte in den letzten zwei Jahrhunderten an vielen Stellen noch lokalisiert werden. Noch hat man das überaus komplexe System nicht ganz verstanden. Zu ihm gehören auch Leitungen aus einer früheren Zeit und ein Kanal, der nach der Eröffnung des Colosseums an der Westseite gebaut wurde. Den westlichen Kanal hat man von außen direkt am Gebäude angeschlossen, um ein System von zu- und Abfluss zu betreiben.

Möglicherweise wiesen die nördlichen und südlichen Leitungen – beide wurden nur teilweise ausgegraben – dieselben Merkmale auf. Bei der Untersuchung des südlichen kanals in den siebziger Jahren entdeckten die Ausgräber, dass der Boden zur Zeit Domitians erneuert worden war, was auf eine geänderte Funktion hindeuten könnte.“

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Albrecht  31.01.2022, 20:07

S. 193 - 194: „Die meisten Archäologen haben die Vorstellung, dass die vier radialkanäle zum Fluten des Untergeschosses genutzt werden konnten, verworfen, da die Leitungen, wie ihr Außengefälle zeige, für die Entwässerung bestimmt gewesen seien. Dies ist natürlich richtig, Und moderne Hydraulik-Ingenieure bestätigten, dass – angesichts des Standorts der Bauwerks –das Problem der ersten Planer darin bestanden habe, das Colosseum zu entwässern. […] Ein in den Boden des Untergeschosses gegrabenes Loch füllt sich in wenigen Stunden mit Wasser. Deshalb waren die Wasserleitungen notwendigerweise hauptsächlich für das Entwässern des Untergeschosses bestimmt doch die Tatsache, dass sie ein Außengefälle von 1 : 40 aufweisen, schließt nicht von vornherein aus, dass mit ihrer Hilfe das Untergeschoss mit dem Wasser, das von den sehr viel höher gelegenen Hügeln im Norden und Süden kam, geflutet werden konnte.

Ich legte diese Hypothese John Elms vor, einem erfahrenen Drainage-Ingenieur, der in den ostenglischen Fens gearbeitet hat, und fragte ihn: »Wie lange würde es dauern, mithilfe der Zisternen auf dem Caelius und Esqulin und einem zusätzlich vermuteten labicanischen Reservoir das Untergeschoss auf eine Höhe von 1,2 m zu fluten, wenn man dabei von einer Fallhöhe von 20 m auf einer Distanz von etwa 200 m ausginge«. Elms gab eine erstaunliche Antwort: »Vier Minuten. Theoretisch.« Aber es wäre, so gab er zu bedenken, mit beträchtlichen Schäden zu rechnen. Als ich ihm nach dem Außengefälle der Kanalisation fragte, erwiderte er spontan, es würde helfen, das Wasser langsamer fließen zu lassen. Bei Nutzung aller vier Kanäle, so seine Schätzung, könnte das Untergeschoss in weniger als einer halben Stunde trockengelegt werden.

Somit wäre es theoretisch möglich gewesen, das Wasser durch die vier Radialkanäle ins Amphitheater einzuleiten, doch man hat keine Sputen von Leitungen, die den Hauptsammler mit einem Wasserreservoir verbanden, gefunden. Andererseits muss man sich der Grenzen der Beweisbarkeit bewusst sein.“

S. 194 - 195: „Wenn wir für einen Augenblick annehmen, dass es möglich war, das Wasser durch die großen Radialkanäle einzuleiten, dann konnte - nach vorsichtigster Schätzung – das Untergeschoss in weniger als einer halben Stunde geflutet oder entwässert werden. Erforderlich dafür wären Schleusentore in den Zisternen an den Eintrittsstellen zum Untergeschoss und dort, wo die provisorischen Leitungen in die großen Radialkanäle mündeten. Dabei stellt sich die wichtige Frage: Warum ist die Kapazität des tief liegenden äußeren Kanals geringer als die Kapazität des kleinsten Radialkanals, wenn doch die äußere Leitung eine sehr viel größere Wassermenge aufnehmen musste? Könnte die Antwort sein dass die vier Radialkanäle einen massiven Zufluss bewältigen mussten, wenn das Untergeschoss geflutet wurde.

Nach Vermutung mancher Wissenschaftler konnte das Untergeschoss mithilfe des internen Ableitungssystems für das Regenwasser in der cavea geflutet werden, doch das beantwortet nicht die Frage, wie genügend Wasser zum Amphitheater geleitet werden konnte, um diese Flutung schnell zu bewerkstelligen. Es käme zu enormen Problemen, weil das des interne Ableitungssystem kumulativ arbeitet und bei einem niedrigen Wasserstand an Kapazität zunimmt; und selbst wenn sich ein solches System nutzen ließe, wäre es sehr langsam. Es würde riesige Zisternen auf dem höchstmöglichen Niveau der cavea erfordern. Wahrscheinlich gab es sie, um Brunnen und Latrinen im ersten, zweiten, und dritten Stockwerk mit Wasser zu versorgen, aber ihre Kapazität hätte nicht ausgereicht, um die 3000 m³ Wasser bereitzustellen, die man für die Flutung des Untergeschosses auf eine Höhe von 1,2 m brauchte. Allerdings wäre es ein erregender Anblick, wenn man dieses System in den Flutungsprozess integrierte und zuschauen konnte, wie das Wasser aus den Schächten hinter den Gewölbenischen hervorströmt und sich in Kaskaden ins Untergeschoss ergießt.“

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kolosseum-in-rom-millionen-fuer-restauration-a-981335.html

„Doch auch die Infrastruktur der Wohnanlage interessierte die Ausgräber. Sie konnten Teile der Wasserversorgung verfolgen, deren Röhren und Kanäle noch aus der Zeit der Erbauung stammten: Auffangrinnen sammelten das Regenwasser und leiteten es in einen Kanal, der um das Gebäude herum lief. Von dort aus führten Leitungen zurück in das Kolosseum, wo das Regenwasser an verschienen Stellen dem System wieder entnommen werden konnte. Die findigen Bewohner der Anlage nutzten dieses System - obwohl es bereits Jahrhunderte alt war.“

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phil71  08.02.2022, 01:00

auweia, lieber Albrecht... magst Du den ganzen Sermon nicht mal in Buchform herausgeben? ;) (piccolo scherzo)

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Im Colusseum wurden auch Seeschlachten nachgestellt.
Zu diesem Zweck musste es mit einer Pfütze Wasser geflutet werden.
Wie das so ist, mußte des Wasser hernach wieder abgelassen werden.

Für das Wasser wurde der Fluß angezapft, mit Kanälen, abgelassen wurde das Wasser anschließend durch eine Kanalisation.


phil71  08.02.2022, 00:57

Auweh - Du hast recht viel Phantasie, nur an der falschen Stelle !!

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Meines Wissens wurde nur während der Einweihungsparty (glaube gut 100 Tage) das C unter Wasser gesetzt. Danach war es zu aufwendig. Aber, wie gesagt, bin mir nicht sicher.

Unter dem C laufen einige Bäche bzw. ein Fluß. Glaube durch Rom laufen 5 Flüsse. Diese speisen eben auch das C. Vielleicht meinte er das?

Ansonsten gibt es die große XX in Rom. Habe mal einen Bericht gesehen. Diese Kanalisation war und ist beeindruckend. Sie umfasst, so glaube ich, die ganze damalige Stadt - ich rede hier nur von der alten Kanalisation!.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Weiterbildung

phil71  08.02.2022, 01:00

erster Satz: RICHTIG - zweiter Absatz: arg, recht uebel daneben getippt ;) Durch Rom floss und fliesst genau 1 (EIN) Fluss, naemlich der beruhmte Tiber - dazu natuerlich noch einige Baeche, wie in unserem Fall der Labicanus, so heisst die Strasse, die zum Colosseum fuehrt auch heute noch .... ;)

mit der grossen XX (grins) meinst Du bestimmt die hochberūhmte Cloaca Maxima?

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schorle22  09.02.2022, 00:23
@phil71

Erster Satz: korrekt - stimm dir zu ;-)

zweiter Satz: vielleicht nicht ganz korrekt. Aber schon Nero hat sich einen "Pool" geleistet. Und von irgendwo muß das Wasser ja kommen. Und die Historiker - in diversen Reportagen - haben es definitiv nicht dem Tiber zugesprochen :-)

Ja, aber soll man wirklich alles vorsagen? auch, wenn man nicht genau weiß wie man es schreibt? Nö, etwas Eigenarbeit sollte man auch der heutigen Jugend zumuten dürfen. Und hochberühmt???? etwas arg übertrieben.

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phil71  09.02.2022, 01:04
@schorle22

wer sich bisschen in der antiken Baugeschichte von Rom auskennt, MUSS die cloaca maxima kennen, v.a. wenn es um Kanäle usw geht - aber naja..

Stichwort: Vorsagen - was sagst Du denn zum Albrecht?? ;)

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schorle22  09.02.2022, 09:31
@phil71

Klar, von einem Architekten erwarte ich - genau wie du - dass er die Bauwerke kennt. Von "Normalmenschen" ist es übertrieben. Und ich gehöre zu denen, die sich nie sonderlich für Italien, Rom, Bauwerke interessierten. Aber auch ich kenne einige von den römisches und sonstigen Meisterwerken. Immerhin gibt es gute Reportagen. Aber deswegen weiß ich ncht, wie der Name geschrieben wird. Und ich bilde mir - glücklicherweise - auch nicht ein, super schlau zu sein und alles zu wissen.

Man kann den anderen ihre "5 Minuten" und Glückseligkeit lassen :-)

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