Was hat die nahrungswahl von austernfischern mit der Kosten-nutzen-analyse zu tun?

2 Antworten

In der Verhaltensökologie spielen ökonomische Kalkulationen und Kosten-Nutzen-Analysen eine roße Rolle. Eine Verhaltensweise ist ja nur dann sinnvoll, wennsie netto dem jeweiligen Individuum einen Nutzen bringt. Um Aussagen darüber zu treffen, muss man aber zunächst natürlich untersuchen, wo einem Individuum Kosten entstehen, wie hoch die Kosten sind und welchen Nutzen ein Individuum erzielt. Der Unterschied besteht nur darin, dass natürlich nicht Geld die Währung ist, mit der in der Verhaltensökonomie gerechnet wird, sondern mit Nahrung und Energie.

Man kann sich z. B. fragen: lohnt es sich für einen Austernfischer a.) große, b.) kleine Muscheln oder c.) jede Muschel beliebiger Größe zu suchen? Dazu muss man also untersuchen, mit welcher Taktik ein Austernfischer unterm Strich den größten Gewinn einfährt, d. h. die meiste Energie aus der aufgenommenen Nahrung ziehen kann.

Dinge, die bei dieser Kalkulation eine Rolle spielen, sind z. B.:

  • die Größe der Muschel: kleine Muscheln haben zu wenig Fleisch, während große Muscheln zu schwer zu knacken sein könnten. "Optimal" wären demnach mittelgroße Muscheln, die leicht genug zu knacken sind und genug Energie liefern.
  • die Häufigkeit der Muscheln bestimmter Größe: Große Muscheln liefern mehr Energie. Sie können aber sehr selten sein, weshalb ein Individuum womöglich mehr Zeit zur Suche investieren muss. In derselben Zeit könnte es wahrscheinlich schon sehr viele kleinere oder mittelgroße Muscheln aufgefunden und gefressen haben und somit auch mehr Energie aus seiner Nahrung gezogen haben.
  • die Bearbeitungs- und die Suchzeit: von der Suchzeit haben wir oben schon etwas gehört. Sie ist abhängig von der Häufigkeit der jeweiligen Nahrung. Große Muscheln sind aber auch schwerer zu knacken als kleinere Muscheln. Es dauert entsprechend lange, bis eine große Muschel von einem Austernfischer so bearbeitet wurde, dass er sie fressen kann. Außerdem dauert es auch länger, bis eine große Muschel gefressen ist. Auch ist die Gefahr, dass der Schnabel brechen kann, bei einer großen Muschel höher als bei einer kleinen.
  • die Schnabelgröße: nicht alle Austernfischer haben die gleiche Schnabellänge, sondern es gibt individuelle Unterschiede. Manch ein Schnabel ist vielleicht zum Fressen kleinerer Muscheln besser geeignet als ein anderer.

Um die optimale Taktik zu ermitteln, bedient man sich dabei so genannter Optimalitätsmodelle wie z. B. des Marginal Value Theorems. Dieses Modell bezieht sich ursprünglich auf Tierarten, die Futter an eine bestimmte Stelle (z. B. das Nest mit den Jungen) zurückbringen und charakterisiert den optimalen Zeitaufwand zur Nahrungssuche, also wie weit sich ein Vogel vom Nest entfernen sollte, um seine Jungen optimal mit Nahrung zu versorgen. Fliegt es z. B. zu weit weg, wird der Hin- und Rpckweg zu lang. Fliegt es zu kurz, könnte alle Nahrung schon abgesammelt sein.

Darüber hinaus muss man natürlich auch noch weitere Kriterien betrachten, die nicht mittelbar auffällig sind. Während ein Austernfischer frisst, kann er z. B. nicht auf Raubtiere wie z. B. Greifvögel aufpassen. Je länger ein Austernfischer mit Fressen beschäftigt isst, umso größer wird also sein Prädationsrisiko. Auch die Nahrungsqualität kann bei Kosten-Nutzen-Analysen eine wichtige Rolle spielen. So hat z. B. nicht nur der Energiegehalt der Nahrung allein Gewicht, auch sein Proteingehalt kann von Bedeutung sein oder die Menge an benötigten Spurenelementen. Elche beispielsweise sind einerseits auf eine bestimmte Mindestmenge an Energie in ihrer Nahrung angewiesen, andererseits muss die Nahrung auch ihren Bedarf an Natrium decken. Gras enthält vergleichsweise viel Energie, dafür nur wenig Nahrung. Wasserpflanzen hingegen enthalten nur wenig Energie, dafür aber viel Natrium. Es gilt also, herauszufinden, welchen Anteil Gras und Wasserpflanzen an der Nahrung eines Elches haben sollten, um beiden Ansprüchen möglichst optimal gerecht zu werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Kosten und Nutzen hat ja nicht nur was mit Geld zu tun.
Kosten sind z.B. der Aufwand, und der Nutzen ist der Ertrag.
Aufwand ist z.B. Zeit, Energie und Risiko. Ertrag der Gehalt an Nahrung
Ein Muschel aufzupicken dauert eine gewisse Zeit und braucht auch mehr Energie, als einen Wattwurm aus der Erde zu ziehen.
Die Würmer liegen aber nicht so herum, sondern müssen mühevoll ertastet, oder durch Tricks aus der Erde gelockt werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Vor über 40 Jahren als Klassenkasper 10. Klasse absolviert.