Was haltet ihr von dem Vorfall mit der deutschen Fünfkampf-Reiterin Annika Schleu bei Olympia?
Sie bekam ein zugelostes Pferd, das von Anfang an nicht über den Parcour reiten wollte, dann schlug sie es und auf Anraten ihrer Trainerin noch "mal richtig drauf", als es dann nach einem gelungenen Beginn mit einigen fehlerlosen Sprüngen nicht mehr klappte und das Pferd verweigerte, verlor sie die Fassung, fing hysterisch an zu weinen, während sie noch auf ihrer Runde war, und gewann die Fassung bis zum Schluss nicht mehr zurück. Obwohl sich das Pferd mit deutlicher Panik in den Augen vor mehreren Hindernissen krümmte, brach sie nicht ab, sondern trieb es bis zum Schluss immer wieder vor die Hindernisse.
Die deutschen Kommentatoren und die späteren Interviewpartner schimpften nur lauthals über ihr Lospech, und das es nicht sein dürfe, dass sie so ein mieses Pferd bekäme. Keiner sprach über die Tierquälerei und über ihr würdeloses Verhalten, wie sie sich gehen ließ. Keiner sprach die Möglichkeit an, anstatt das Pferd noch mehr zu schlagen, einfach nicht zur Springreiter-Runde anzutreten , eventuell Protest einzulegen, weil es offensichtlich nicht möglich war, mit diesem Pferd zu reiten.
Für mich war das eine erbärmliche, grob unsportliche und das Pferd entwürdigende Vorstellung, die Sportlerin hätte geächtet und lebenslang von solchen wettkämpfen ausgeschlossen werden müssen.
Wie ist eure Meinung dazu?
13 Antworten
Wenn man diese Sache genauer betrachten will, sollte man schon viel früher einsteigen, nämlich 2016 in Rio. Schon dort hatten wir die Situation eines sich verweigernden Pferdes, was uns Edelmetall gekostet haben dürfte. Genau hier hätte man - will man sich Profi nennen - überlegen und Strategien entwickeln müssen, wie man mit solchen oder ähnlichen Situationen zukünftig professionell umgehen will. Offensichtlich hat hier die gesamte Abteilung "Moderne Tierquälerei" geschlafen - aber so richtig.
Den nächsten Punkt möchte ich gerne bei der russischen Reiterin machen, bei der "Best Boy" - so heisst er jetzt für mich - schon verweigert hatte. Spätestens hier hätte man nochmal nachdenken und Strategien entwickeln müssen für den Fall, dass das Pferd auch unter Frau Schlau (Name von der Redaktion modifiziert .-) ) scheuen würde. Aber nichts. Wie man annehmen kann, dass Best Boy beim zweiten Versuch auf dem Parcours - also dem ersten unter Frau Schlau - nicht mehr scheuen würde, ist mir ein Rätsel. Dass sich das Pferd auf einem Nebenplatz leichter führen lässt, ist mehr als logisch.
Dann - die Sportsendung schaltet um auf den Parcours - sind die ersten Bilder, die wir gezeigt bekommen eine Rotz und Wasser heulende Reiterin auf einem schon jetzt panischen Pferd. Offensichtlich ist hier jemand ganz verzweifelt und hilflos in völliger Abwesenheit jeglicher Professionalität. Auch kann ich hier keine Liebe zum Pferd erkennen - beim besten Willen nicht. Es geht offensichtlich grade nur um das dahinschmelzende Edelmetall; anders kann ich mir das exzessive Gören-Geheule nicht erklären. Dazu kommt, dass Frau Schlau offensichtlich nicht die beste Reiterin ist, was nämlich deutlich wird, wenn man sich mal die Hilfen genauer anschaut, die sie dem Pferd zu geben versucht. Dass die Kopf-Chemie eines so panischen Pferdes überhaupt nicht mehr in der Lage ist, klar zu denken, scheint in der Abteilung "Moderne Tierquälerei" völlig unbekannt zu sein. Was sind das für Leute? "Hau drauf! Hau mal richtig drauf!" ist der Oberknaller. Ich bin ja davon überzeugt, dass weder die Gerte noch der "Faustschlag" der Trainerin Kim Raisner dem Pferd körperlichen Schaden zugefügt haben, aber psychisch dafür um so mehr. Anders sieht das aus mit dem Einsatz der Sporen; da wurde mir beinahe schlecht. Und zu allem Überfluss ist dieses Pferd ausgebunden - warum? Wenn ich ein Pferd ausbinden muss, dann ist es für den Springsport ungeeignet, für den professionellen sowieso. Im Nachgang heisst es jetzt, es wäre der falsche Hilfszügel gewesen - einer vom Polosport. Warum sieht das niemand vorher? War das bei der Russin auch schon so, dann ist das Verweigern doch kein Wunder? Oder war der Hilfszügel die Konsequenz auf das Verweigern unter der Russin? Warum hat der Tierarzt das nicht gesehen? Warum nicht Frau Raisner, die Trainerin? Mit ein wenig Pech wird dieses Pferd nie wieder über ein Hindernis springen. Würde es um Leben und Tod gehen, könnte ich solch irrationales und dummes Verhalten ja noch nachvollziehen können, aber es ging nur um Gold.
Und leider läuft Best Boy dann tatsächlich nochmal los, bringt Ross und Reiter in höchste und lebensbedrohliche Gefahren und niemand unterbindet den Wahnsinn?! Sogar beim ach so primitiven Boxen wirft mein Trainer das Handtuch, wenn er sieht, dass es zu gefährlich wird. Aber auch hier sind die Hilfen teilweise miserabel, so dass es kein Wunder ist, dass das Pferd viermal verweigert. Halleluja, so ist das Drama wenigstens zu Ende.
Zur Verteidigung der beiden weiblichen Protagonisten darf erwähnt werden, dass sowohl die Regelung "Pferdetausch erst ab der 4. Verweigerung" als auch die tierärztliche Bewertung unmittelbar vor dem Drama eine Katastrophe sind. Ebenso unmöglich ist die zur Verfügung stehende Zeit von 20 Minuten zum Kennenlernen. Wer denkt sich sowas aus? Pferdefreunde sind das nicht.
"Alles war genial, alles war super" befand Klaus Schormann, Präsident des Dachverbands "Moderne Tierquälerei". Und weiter führte er aus, dass man die Regeländerungen schon in der Schublade liegen hätte, aber gemäß Statuten nur einmal in 4 Jahren die Regeln ändern dürfe und diese deshalb noch nicht umgesetzt worden wären. Sorry, da kommt mir die Wurst. Quer! Verdammt nochmal, da werden Pferde kaputtgeritten, da werden Reiterleben oder zumindest deren Gesundheit riskiert wegen Statuten? Dann muss ich diese Statuten eben ändern und für gravierende Situationen Ausnahmen erlauben. Wo ist das Problem?
Auch die Rechtfertigungsversuche der beiden Damen waren mehr als peinlich. Frau Schlau bezeichnet ihren knackigen Einsatz der Gerte als "Ansprache". Tatsächlich genügt es normalerweise völlig, dass mein Pferd meine Gerte sieht. Ggfls. berührt meine Gerte ein faules Pferd an der Flanke. Frau Raisner beschreibt, wie man ein Pferd antreibt, indem man vorne loslässt und gleichzeitig hinten draufhaut. Bitte? So mag ein Bauer irgendwo in Südost-Nirgendwo seinen Esel antreiben, aber so wird nicht geritten. Auch der Einsatz der Sporen wurde relativiert und beschönigt. Hier wird überdeutlich, dass das Pferd nichts anderes ist als ein Sportgerät. Sorry, nein, beiden Damen gehört der Umgang mit Tieren untersagt. Herr Schormann gehört abgesetzt. Die Sportart gehört umgestaltet und der Einsatz von Tieren unterbunden. Sollen sie doch Mountain-Bike fahren oder Boxen! "Hau mal richtig drauf!" passt dann auch endlich mal zum Thema.
Dabei lag da so eine unendlich große Chance für Frau Schlau auf der Strasse: Hätte sie angesichts der Weigerungshaltung von Best Boy abgesessen, das Pferd am Zügel genommen, wäre mit ihm über den gesamten Parcours gegangen, hätte ihm jedes Hindernis gezeigt und ihm jedesmals beruhigend den Hals geklopft und wäre dann vom Platz - ohne ein Wort ... ich bin sicher, die ganze Welt hätte sie gefeiert. Eine Goldmedaille wäre ein Dreck dagegen gewesen.
Ganz deiner Meinung. Reiterin und Trainerin gehören für Lebzeiten gesperrt.
Sieg und Niederlagen gehören nunmal dazu. Das was diese Hexe (sorry, anders kann ich die Reiterin nicht bezeichnen) abgezogen hat, ist total unsportlich und daneben. Dass sie eben dieses Pferd zugelost bekam: Lospech.
Aber ich kann mir vorstellen, dass es keinerlei Konsequenzen hat, da das Pferd nicht als Tier, sondern als "Sportgerät" wahrgenommen wird, wie ein Tennisschläger oder ein Speer beim Speerwerfen.
Aber was tut ein Mensch nicht alles, wenn es um Ruhm und Ehre und Medaillen geht...
Willst du dann alle anderen Fünfkämpfer auch sperren? Oder Jockeys? Das ist nicht der erste Fall. Nur der erste gross in den Medien...
Diese Sichtweise, ein Lebewesen wie ein seelenloses Sportgerät zu behandeln, gehört umgehend abgeschafft.
Ich bin mir sicher, wir haben solche Bilder letztmalig gesehen.
Modern ist dieses Konzept wahrlich nicht und die Gegner, durchaus einflussreich, formieren sich bereits.
Ein solches, tierquälerisches Format, ist absolut nicht mehr zeitgemäß.
Ein wirklich guter Reiter findet Zugang zu jedem Pferd. In Tagen, Monaten, Jahren.
Nicht in 20 Minuten.
Ich denke genau deswegen werden die Regeln da nun überarbeitet. Entweder reiten mit eigenem Pferd, oder Ersatzdisziplin. Erwarte, dass moderner 5-Ksmof gröber überarbeitet wird.
Diese Bilder gibt es ja nicht zum ersten Mal. Aber die Zeit ist reif, die Menschen empören sich über diesen respektlosen Umgang mit den Pferden, es wird sich definitiv was ändern.
Dank der Dressurreiter weiß jeder Halbinteressierte, wie viel Arbeit im Erfolg mit Tieren steckt. Frau Werth steht ja auch nicht erst seit gestern im Focus der Öffentlichkeit.
Wenn man merkt, dass das Tier nicht das tut was es soll, gibt es für mich nur einen Weg: absteigen.
Aber das hysterische Geflenne und der Umgang mit dem Pferd zeigen einfach viel mehr vom Menschen, als vielleicht geplant war. Zu geil auf den Sieg, um die Fassung zu bewahren und adäquat zu reagieren. Definitiv nicht der Charakter eines Champions, sondern eines verzogenen Görs.
Ich hoffe, dass sowohl Trainerin als auch Athletin mit harten Konsequenzen (gerne einer Sperre) klarkommen müssen.
Es gibt keine adequate Reaktion, wenn man als Favorit durch Losoech aus dem Renbrn fliegt
Ja gut, dann sollen sich in Zukunft die Fußballer verprügeln, wenn einer einen Fehlpass spielt oder das leere Tor nicht trifft? Ebenfalls eine unangemessene Reaktion!
Jetzt hast du mich wirklich flugs von deiner Ansicht überzeugt.
Ganz deiner Meinung, aber da würde es einen Hype drum geben, wenn ein Fußballer deswegen verprügelt würde. Nicht auszumalen, wenn es noch ein dunkelhäutiger Spieler wäre
Lasst es mich so erklären. Ich bin Vegetarierin und esse keine Tiere.
Deshalb finde ich es schrecklich Tieren wehzutun und zu töten.
Dass sich hier Leute über ein paar Schläge auf ein Pferd aufregen und gleichzeitig Schweine essen, die ganz nebenbei viel intelligenter als Pferde sind macht mich wütend. Klar ist es nicht okay ein Pferd zu schlagen, aber ich denke wir sind uns alle darüber einig, dass es schlimmer ist ein Tier zu töten, als zu schlagen.
Wenn also unsere lieben Freunde hier sich darüber aufregen, dass Schleu ein Pferd geschlagen hat, dann sollten sie doch wütender sein, dass es Menschen gibt, die Fleisch essen.
Ich reite (Springreiten) und habe ein eigenes Pferd und bin Veganerin. Deine Ansicht kann ich absolut teilen… bei Tieren, die man nicht so als Haustier besitzt, sagt wirklich niemand etwas…gerade die Tiere, die in der industriellen Massentierhaltung ermordet werden. Es ist absolut verwerflich, sich über sowas aufzuregen, alles andere aber zu tolerieren und noch daran mitschuldig zu sein, dass Tiere in Millionen pro Tag ermordet werden… ich würde keinem Tier jemals etwas antun!!
Großartig geschrieben. Gehört so in die Zeitung!