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Das simple Bild, daß sich die d-Atom-Orbitale in t2g und eg aufspalten, gilt eben nur für Atomorbitale. Komplexe sind aber Moleküle, und daher brauchen wir Molekül-Orbit­a­­le, zu­min­dest, wenn das echte Zahlen und nicht nur qualitative Erklärungen lie­fern soll. Außer­dem wollen wir nicht Orbitale, sondern Zustände betrachten — je­der Zu­stand ent­spricht, in nullter Näherung, einem bestimmten Besetzungsschema.

(Beispiele für Zustände bei Atomen: eine p¹-Besetzung führt zu einem ²P [Dublett Pe], eine p²-Besetzung liefert aber drei möglichen Zuständen ³P [Triplett Pe], ¹S [Singulett Es] und ¹D [Singulett De]. Die hochgestellte Zahl ist die Spinmultiplizität [ungepaarte Spins plus Eins], das ganze kann man sich leicht aus-x-en, indem man Kästchen und Pfeilchen malt, mit dem “Russell Saunders Coupling Scheme”)

Tanabe-Sugano-Diagramme geben die Energie der möglichen Zustände als Funk­tion der Ligandenfeldstärke Δₒ an, alle Energien in der Einheit B (einem Racah-Para­meter, der irgendwas mit Abstoßung der Elektronen untereinander zu tun hat). Ganz links hast Du also die Atome ohne Ligandenfeld, und siehst die Atomzustände. Bei einer d⁵-Konfiguration gibt es sehr viele davon (die Elektronen haben zahllose Möglich­­kei­ten, sich auf die Orbitale zu verteilen), der Grundzustand ist ⁶S (alle 5 Spins un­­ge­paart, jedes Elektron in einem anderen Orbital). Der Komplexchemiker nennt das high-spin.

Mit dem Symmetriebruch durch das Ligandenfeld spalten die meisten Atomterme in Molekülterme auf (der GZ aber nicht, weil der S ist und daher nicht entartet). Je stär­ker das Feld wird, desto drastischer unterscheiden sich die einzelnen Spaltterme; man­che werden durchs Ligandenfeld stabilisiert, andere destabilisiert. Ein Spaltterm, der vom ²I kommt (also ein ungepaartes Elektron) profitiert besonders vom Ligan­den­feld und kann bei hinreichend starkem Feld zum Grundzustand werden (das, was der Komplexchemiker low-spin nennt). An der Stelle hat das Diagramm einen Knick.

An jeder Stelle der x-Achse kannst Du Anregungsenergien ablesen, immer in Einhei­ten von B. Wenn Du mindestens zwei Anregungsenergien experimentell gemessen hast, dann kannst Du die Werte von B und Δₒ aus dem Diagramm herausfummeln.

Jetzt fragst Du Dich vielleicht, wo die eg- und t2g-Orbitale in dem Diagramm zu se­hen sind. Leider gar nicht, denn die entsprechen B=0, also keine Wechselwirkung der Elektronen untereinander. Im Prinzip sollte es möglich sein, auch diese Informa­tion unterzubringen, indem man am rechten Rand noch schnell die Elektronenwechsel­wirkung gegen Null gehen läßt, aber das wird nicht gemacht, weil das keinen physi­ka­li­schen Sinn ergibt. Aber genauso, wie jeder Spaltterm zu einem bestimmten Atomterm gehört, gehört auch jeder zu einer bestimmten Besetzung der Form (t2g)ⁿ(eg)ᵐ.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Ich hab' gerade mal den Link geöffnet und mir auch weiterführende Infos angeschaut: Danke für die Bestätigung, warum ich schon früher immer einen möglichst großen Bogen um dieses Gebiet gemacht habe! ;(((