Warum wurde der Balkan vor 1914 oft als Pulverfass bezeichnet?

2 Antworten

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Der Balkan ist mit einem Pulverfass verglichen worden, das zur Explosion kommen kann, wenn eine Lunte gezündet wird, weil dort Spannungen und gegensätzliche Interessen stark aufeinander prallten. Der Balkan war ein Unruheherd mit viel Unzufriedenheit. Die Gefahr einer Entladung in einem militärischen Konflikt war groß. Viele Krisen und Krieg nahmen auf dem Balkan ihren Anfang. Auch bestand eine Gefahr des Hineinreißens europäischer Großmächte in einen Konflikt.

Nationalitäten waren auf dem Balkan zum Teil auf verschiedene Staaten verteilt und die bestehenden Grenzen wurden von ihnen nicht durchgehend akzeptiert. Von einem starken Nationalismus bewegt strebten Völker nach einem eigenen Staat mit einem möglichst großen Gebiet, auf Kosten anderer Staaten und Völker.

Ein Hintergrund ist eine Schwäche des Osmanischen Reiches (Türkei), das mehrere Jahrhunderte lang große Teile des Balkans besaß, aber zunehmend Gebiete verloren hatte. Staaten wie Griechenland, Serbien, Rumänien, Montenegro und Bulgarien hatten Wünsche, ihr Gebiet auf Kosten von Nachbarn zu vergrößern.

Am Balkan hatten unter den Großmächten vorrangig Österreich-Ungarn und Russland Interesse.

Österreich-Ungarn hat 1908 Bosnien und Herzegowina annektiert (sich einverleibt), die zwar seit 1878 unter seiner Verwaltung standen, aber völkerrechtlich zum Osmanischen Reich gehörten. Das Staatsgebiet von Österreich-Ungarn lag zum Teil auf dem Balkan, es wollte für sein Selbstvertrauen und sein Prestige als Großmacht ein Erfolgserlebnis und eine Gebietsausweitung war nur in dieser Richtung mit einigen Aussichten möglich. Österreich-Ungarn war als ein Vielvölkerstaat für nationalistische Bestrebungen, die in ihm lebende Völker z. B. zur Vereinigung mit anderen Staaten führen wollten, zu besonders anfällig. In Serbien gab es einen Nationalismus, der alle Gebiete des Kaiserreichs Österreich-Ungarn, in denen Serben lebten, staatlich mit dem Königreich Serbien vereinen wollten (Großserbien). Es gab auch die Vorstellung einer Vereinigung aller Südslawen.

Russland hatte auf dem Balkan geostrategische Interessen (Auswirkungen eines Einflusses auf Verbindungswege und die Machtstellung gegenüber anderen Staaten) und fühlte sich den slawischen Völkern dort verbunden (Panslawismus), besonders den Serben.

Russland war besonders an den Meeresengen zum Mittelmeer (Bosporus, Dardanellen) interessiert (Erwerb oder zumindest Durchfahrtsrechte auch für russische Kriegsschiffe), die vom Osmanischen Reich kontrolliert wurden. Die Seemacht Großbritannien widersetzte sich diesen russischen Bestrebungen, die das Gleichgewicht zu seinem Nachteil verändert und Verbindungswege zu Teilen des britischen Weltreiches für es unsicherer gemacht hätten. Auch Frankreich befürwortete diese Pläne nicht.

Einige europäische Großmächte hatten auf dem Balkan selbst keine besonders wichtigen direkten eigenen Interessen, aber das Verhältnis zu anderen Großmächten mit dort verfolgten Interessen konnte für sie Bedeutung haben. So unterstützte das Deutsche Reich Österreich-Ungarn als einen mit ihm verbündeten Staat.

Werther  05.09.2011, 09:09

Eine sehr gute Antwort. Glückwunsch! Sie hebt sich in positiver Form von dem sonst hier üblichen Gelaber ab.

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Weil die politische Lage dort sehr oft wechselte und sich die Länder oft nicht leiden konnten.

Knirps391  18.03.2021, 08:05

Meine Lehrerin sag das wäre zu ungenau und kurz

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