Warum stellte man im Barock oft griechische oder römische Gottheiten dar, obwohl man doch christlich war?

5 Antworten

Mir, als Christ, haben die griechischen Sagen auch immer gefallen. Doch waren es für mich immer erfundene Geschichten. Wirklich gelebt haben diese Gottheiten nicht.

So kann ich gut nachvollziehen, dass man damals solche Heldengestalten herstellen lies, einfach weil sie einem in der phantasievollen Vorstellung gefallen haben.

Ich sehe da, um bei einem aktuelleren Beispiel zu bleiben, König Ludwig II von Bayern vor mir. Der sich in der Traumwelt von Wagners Gestalten so wohl gefühlt hat.

Die Menschen dachten damals deutlich mehr in bildhaften Vorstellungen mit denen sie sich komplexe Zusammenhänge verständigt haben. Die personifizierten Allegorien sollten Wahrheiten ausdrücken oder suggieren, (so wie heute die Medien "Fakten" zu solchen machen) , und schicksalhafte Ereignisse erfassbar machen. Die allegorischen Darstellungen in der Bildhauerkunst an historischen Gebäuden sind Beispiele dafür. Glück = Fortuna schüttet ihr Füllhorn aus, Petrus trägt den Schlüssel zum Himmelstor = Nur der Papst als sein Amtsnachfolger ermöglichst den Zutritt zur ewigen Seligkeit.

Zu diesen medialen Techniken war eine Vielfalt an erkennbaren Figuren erforderlich, diese waren im Pantheon der Griechen und Römer zu finden und auch unter den sich als gebildet Betrachtenden hinreichend bekannt.

Von Experte OlliBjoern bestätigt

Die Epoche des Barock war eng verbunden mit der Renaissance und wurde davon stark beeinflusst.

Die Renaissance war sozusagen die "Wiederentdeckung" des Wissens und der Kultur aus den antiken Zivilisationen der Griechen (und Römer) und führte zum Überwinden des Mittelalters. Ausgelöst wurde das maßgeblich auch durch das Vordringen der Muslime aus dem Osten, wodurch viele Menschen aus den Regionen des ehem. hellenischen Reichs nach Westeuropa geflohen sind (besonders nach Italien) und dabei Bücher mit dem antiken Wissen mitbrachten, welche in der Phase des "finsteren Mittelalters" in Zentraleuropa verloren gegangen sind.

Man nennt die Zeit des Barock aber auch nicht umsonst "Epoche der Widersprüche", da es sehr deutlich eine Übergangsphase vom mittelalterlichen Leben (Religionskriege, Hexenverfolgung) bis zur Rationalität der Epoche der Aufklärung (moderne Wissenschaft) war.

https://www.studysmarter.de/schule/deutsch/literaturepochen/barock-epoche/

Das ist kein Wiederspruch, denn das Christentum bis hinein ins späte Mittelalter wusste und lehrte noch von wirklich-realen geistigen Dingen und Tatsachen. Selbstverständlich ist in der Römisch-Katholischen Kirche dieses Wissen auch heute noch vorhanden, aber es wird nicht mehr gelehrt, vielmehr vor der Welt verborgen und als "böse" verurteilt, rein aus Machtgründen; denn eine Menschheit, die davon abgehalten wird, sich geistigen Tatsachen zuzuwenden und hierdurch hellsichtig zu werden, ist besonders leicht zu beherrschen.

Man behält noch mancherorts in einigen großen Dömen, Kathedralen und Kirchen die mythologische Symbolik bei, da durch ihr Vorhandensein der Immubilienwert enorm vergrößert wird. Um die (scheinbar) wenigen echten Christen, die jene Symbolik zu erforschen, zu hinterfragen und zu verstehen versucht, macht die Kirche sich keine großen Gedanken: Schließlich belehrt sie ja die Gemeinde darüber, es nur mit bloßen Phantasiegebilden ohne realen Hintergrund zu tun zu haben und sich deshalb jegliche Fragenstellung hierüber erübrigt...

Ganz einfach deshalb, weil die führenden Intellektuellen sich der antiken griechischen und römischen Kultur zugewandt haben und in ihren Götzen etwas ästhetisches gesehen haben. Sie haben diese Götzenbilder dann einfach kopiert in Ermangelung von Kreativität und auch weil man sich kein Bild von Gott machen soll.