Warum reden Philosophen als wären sie Mathematiker?

6 Antworten

Hallo Nordwendekreis,

ein Mathematiklehrer hatte damals - und mich doch verwundernd und auch ein Stück weit ablehnend - die Mathematik als Geisteswissenschaft bezeichnet (nun, ich war eben der Naturwissenschafter, der die Mathematik da auch angesiedelt hatte).

Heute geben ich dem Lehrer Recht, denn die Mathematik ist ein Werk von Definitionen und Theoremen, was eine Logik und Exaktheit folgt. Sie ist in der Lage, aus sehr vielem Modelle zu bilden (das nutzt wiederum die Physik aus). Doch ist sie selbst in sich nur etwas Gedachtes.

Da sind wir auch schon in der Philosophie. Sie versucht Dinge zu beschreiben, die sich nicht messen lassen, wie wir eher qualitätiv - wenn auch bewertend - beobachten können. Sie versucht, darüber Aussagen zu treffen, Verbindungen herzustellen, etwas zu verallgemeinern oder als Prinzip darzustellen.

Nun - das macht auch die Physik in ähnlicher Weise - aber mit etwas doch eher Messbarem.

Jetzt kann die Philosophie - anders als die Physik - nicht viel mit Zahlen anfangen. Doch darf sie wie die Physik auch in Modellen denken, die sich dann in Mengen von Aussagen, die zumindest plausibel gemacht oder abgeleitet werden und deren Logik miteinander darstellen lassen.

Vielleicht ist es ein eher moderner Ansatz der Philosophie, bewusst in diesen Modellen zu denken, diese Aussagen plausibel zu formulieren, eine Logik darzustellen (auch formal mit Mitteln der Aussagenlogik, wie sie die Mathematik schon kennt).

Aber nicht alles muss immer logisch sein. Es mag Aussagen geben, die nicht exakt sind. So gibt es auch Beobachtungen, die physikalisch noch nirgendwo hin passen. Über solche Dinge kann zumindest auf einer Metaebene die Aussage getroffen werden, dass etwas nicht logisch oder noch nicht erklärbar erscheint.

Auch die Mythologie liefert Aussagen - vielleicht eher nach einer Plausibilität suchend und sie nirgendwo darstellend. Da kann die Aussage getroffen werden, dass etwas (noch) nicht plausibel erscheint.

Alles geht - und sich in der Philosophie mit Aussagenlogik zu befassen - mag einer Modellbildung in der Philosphie gerecht werden, wie in der Physik so manche Quadaratur benutzt wird, wir dann uns mit Integralen befassen würden.

Nehmen wir den berühmten "Gottesbeweis" von Gödel. Der lässt sich in Aussagenlogik formulieren und auch maschinell verifizieren. Ob Gott jetzt damit bewiesen werden kann oder nicht, mag fraglich sein - doch das Modell war korrekt.

Wenn ich sage, dass sich universale Liebe aus Raum- und Zeitlosigkeit ableitet, ergeben Aussagen zur Raum- und Zeitlosigkeit (und nur diese) die Aussagen zur Liebe. Da mag keine Logik aber eine plausibel erscheinende Ableitung zum Tragen kommen. Auch das ist ein Modell (und mag sogar auf das Gödelsche Modell ein Stück weit abbildbar sein).

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:Hobby
DerRoll  17.09.2022, 13:21
ein Mathematiklehrer hatte damals - und mich doch verwundernd und auch ein Stück weit ablehnend - die Mathematik als Geisteswissenschaft bezeichnet

Lustig, meiner auch. Und ich habe eine ganzeZeitgebrauchtum das zu verstehen.

Vielleicht ist es ein eher moderner Ansatz der Philosophie, bewusst in diesen Modellen zu denken, diese Aussagen plausibel zu formulieren, eine Logik darzustellen (auch formal mit Mitteln der Aussagenlogik, wie sie die Mathematik schon kennt).

Nein, es ist umgekehrt. Die formale Logik entspingt der Philosophie, nichtder Mathematik. Sie wird lediglichauf die Mathematik angewendet. Mathematiker und Mathematikerinnen lernen im Studium nicht notwendig formale Logik, das ist nur in Informatik und eben in Philosophie Pflichtfach.

Nehmen wir den berühmten "Gottesbeweis" von Gödel. Der lässt sich in Aussagenlogik formulieren und auch maschinell verifizieren. Ob Gott jetzt damit bewiesen werden kann oder nicht, mag fraglich sein - doch das Modell war korrekt.

Der Knackpunkt des "Gottesbeweises" sind die Axiome die angesetzt werden. Mit diesen lässt sich "göttlichkeit" leicht beweisen, da sie schon in den Axiomen enthalten ist. Gödel wusste das natürlich, er wollte auch nicht "Gott" beweisen, sondern zeigen dass sich mit geeignet gewählten Axiomen alles herleiten lässt.

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EarthCitizen20  17.09.2022, 14:15
@DerRoll

Mein Eindruck von vielen philosophischen Texten war eher, dass sie keine Modelle beschrieben hatten, vielleicht nie in Modellen gedacht haben.

Mit Gödels Gottesbeweis kann man Göttlichkeit "zeigen", wobei auch mein Eindruck ist, dass sie in der Axiomatik schon enthalten war. Man könnte genauso gut nicht-Göttlichkeit "zeigen". Es ging ja nur darum, diese Axiomatik formal logisch darzustellen, wie ich es verstanden hatte.

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Weil auch Logik und Funktion eben die Theorien belegen sollen. Auch wenn es auf eine Milch Mädchen Rechnung hinausläuft.

Es kann nur stimmen wenn man das Konzept akzeptiert.

Ist wie bei psychisch kranken die dir vor rechnen wieso sie Paranoia haben.

Lol

Spaß. Aber Kant und Hegel waren Helden der Logik und haben dementsprechend Schlüsse gezogen und soese fast mathematisch in Form einer logischen struktur bewiesen.

Den Sinn anhand von Formel aufzeigen. Eher Physik. Meta Physik.

Beispiel. Fleiß bringt Erfolg

Fleiß muss ein Faktor sein der ein Resultat bewirkt

Nordwendekreis 
Fragesteller
 13.09.2022, 02:53

Schelling war besser

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schieberegler  13.09.2022, 02:54
Beispiel. Fleiß bringt Erfolg
Fleiß muss ein Faktor sein der ein Resultat bewirkt

Dabei ist mittlerweile bekannt, dass es darum geht mit möglichst geringem Aufwand viel zu bewirken. Das ist das Gegenteil von Fleiß: Intelligenz ;)

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Hallo deine Frage ist auch gleichzeitig deine philosophische Sicht. Ist eben deine. Jeder der philosophiert darf das machen wie er will sonst wäre es keine freie eigene Philosophie. Das ist einfach eine von vielen Sichtweisen. Ich glaube durch Philosophie lernt man andere Menschen und Sichtweisen besser zu verstehen, sich in den anderen hineinversetzen zu lernen. Da ist halt der schwere Punkt des anderen Sichtweise zu akzeptieren, respektieren eben Toleranz zu zeigen auch wenn sie einem selbst völlig fremd oder verzerrt vorkommt.

Tonis9706  13.09.2022, 10:32

Die Philosophen-Bubble hat nun nicht den Ruf besonders Tolerant mit anderen Sichtweisen umzugehen.

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mathephilo  19.11.2022, 17:19
@Tonis9706

Das glaube ich schon, Philosophie ist für mich ein Ausdruck der Freiheit und da man sich in der Philosophie häufig mit den Gedanken anderer Philosophen beschäftigt und diese kritisch hinterfragt würde ich nicht sagen, dass man nicht tolerant mit ihnen umgeht.

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Die mathematische Logik ist nicht mit der Logik der Geisteswissenschaften vergleichbar. Philosophie und Theologie hat eine eigene Systematik und baut auf kausalen Denkmustern auf, die Mathematik ist pure Empirie und hat keine Mystik.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
KolnFC  13.09.2022, 02:36

Doch in Philosophie ist Aussagenlogik ein Pflichtfach. Das wird i.d.R. auch von Mathematikern unterrichtet.

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TreuZuGott333  13.09.2022, 02:38
@KolnFC

Das kann sein. Ich bin "angehender" Theologe und habe zwar auch Philisophie im Studium, aber davon noch nichts gehört. Du könntest aber recht haben.

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KolnFC  13.09.2022, 02:39
@TreuZuGott333

Ich weiß nicht, wie es heute beim BA ist, als Magister war das jedenfalls so. Das Fach war aber nicht besonders beliebt...

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ulrich1919  13.09.2022, 13:08
@TreuZuGott333
Das kann sein. Ich bin "angehender" Theologe und habe zwar auch Philisophie im Studium, aber davon noch nichts gehört.

Interessanter Beitrag! Meine Erfahrung ist, dass Philosophie als Nebenfach nicht ,,echte" Philosophie ist, sondern nur den geschichtlichen Ablauf philosophischer Erkenntnisse betrifft. Die Theologen usw. lernen nicht zu philosophieren, sondern höchstens die Philosophie zu verstehen.

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Nordwendekreis 
Fragesteller
 13.09.2022, 02:48

Ist sie null, aber die Philosophen denken das, wie man hier sieht.

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DerRoll  13.09.2022, 03:22

Häh? Ich glaube du hast von Formaler Logik keinerlei Ahnung. Mit "Empirie" hat das mal gar nichts zu tun.

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Bei einem Philosophiestudium hat man heutzutage als Fach "Logik"

In einem Philosophiestudium gibt es formale Logik als Pflichtfach, seit es die formale Logik überhaupt gibt, also seit Ende des 19./Anfang des 20.Jhd.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Formale_Logik

Genauer entstammt insgesamt die Logik der Philosophie und nicht der Mathematik. Bis in den Beginn der Neuzeit hinein gab es gar kein eigenständiges Mathematikstudium, sondern lediglich die "sieben freien Künste" unter der Hoheit der Philosophie.

Wer denkt Philosophie ist nur ein Laberfach erlebt halt im Studium eine böse Überraschung. Übrigens lernen Mathematikerinnen und Mathematiker im Studium üblicherweise keine formale Logik.