Warum reagieren viele religiöse Menschen empört bis beleidigt wenn man die Glaubensinhalte ihrer Religion infrage stellt?

Das Ergebnis basiert auf 34 Abstimmungen

Sonstiges 65%
Das kommt auf die jeweilige Religion an. 15%
Sie sind nicht besonders gescheit 9%
Sie haben doch ganz recht! 9%
Lasse es dir am Ar... vorbeigehen 3%
Denen muss man Kontra geben! 0%

32 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Sonstiges

Habe das schon einmal bzgl. Islam erklärt - lässt sich aber auch auf andere Religionen anwenden, lieber Joerosac:

WENN Gläubige aus Kulturen kommen, die die Kulturforscher Fons Trompenaars und Charles Hampden-Turner als "diffus" (der Gegenpol dazu ist "spezifisch") bezeichnen,

Dann können diese Menschen überwiegend nicht zwischen Person und zur Person gehörigen Religion trennen. Diese Gläubigen verstehen sich selbst so, dass SIE ihre Religion SIND. - Wenn man die Religion kritisiert, kritisiert man sie selbst.

Und da in diffusen kulturen Kritik ohnehin verpönt ist, weil man ja nichts kritisieren kann, ohne MENSCHEN zu kritisieren, wird Kritik weder beherrscht, noch verstanden, sondern als Hass abgetan.

"Wir Westler" (gemeint: Die meisten Europäer und die anglikanischen Länder) sind hingegen "spezifisch": D.h. man kann "unsere" Religion(en) kritisieren, ohne dass wir uns deshalb als Personen kritisiert fühlen, weil wir zwischen UNS als Menschen und unseren Religionen unterscheiden bzw. trennen.

M.E. handelt es sich also dabei häufig um ein kulturelles Missverständnis

666Phoenix  17.12.2018, 21:10

"Wir Westler" (gemeint: Die meisten Europäer und die anglikanischen Länder) sind hingegen "spezifisch": D.h. man kann "unsere" Religion(en) kritisieren, ohne dass wir uns deshalb als Personen kritisiert fühlen, weil wir zwischen UNS als Menschen und unseren Religionen unterscheiden bzw. trennen.

???

In welchem "Westen" lebst du denn?

Die westlichen Kulturträger wisssen, dass ihre Religion staatlicherseits geschützt und verteidigt wird, deshalb besteht für sie kaum eine Notwendigkeit, sich beleidigt zurück zu ziehen. Eine echte Auseinandersetzung mit der hier vorherrschenden (christlichen) Religion findet nicht statt, weswegen sich jeder Christen-Gott-Gläubige getrost zurück lehnen und jede Kritik an sich als unwichtig und unzutreffend abprallen lassen kann.

Wenn trotzdem nur hier mal bei GF die User gezählt werden würden, die sich auf ihren göttlichen "Schlips" getreten fühlen, wenn man mal was gegen ihren lächerlichen Gott sagt, dann würdest du vermutlich deine Behauptung sehr schnell revidieren.

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ArbeitsFreude  17.12.2018, 22:17
@666Phoenix

Generalisierungen sind natürlich grundsätzlich immer falsch;)

Es gibt freilich gerade im Falle der Religionen viele Menschen aus "spezifischen" Kulturen, die "diffus" reagieren!

Ich selber habe in meinem (Er)Leben jedoch noch keinen Grund bekommen, meine Behauptung zu revidieren - auch hier auf GF nicht.

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ArbeitsFreude  18.12.2018, 22:26
@666Phoenix

Ich danke Dir, dass du mich in meine Schranken verwiesen hast!

...immer mal wieder hatte ich den Gedanken: Ja: WER könnte der Nabel der Welt sein, wenn nicht ich??? - aber .... rumms - NEIN, das ist nicht der Fall:(

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realsausi2  21.12.2018, 00:26
@ArbeitsFreude
Ich selber habe in meinem (Er)Leben jedoch noch keinen Grund bekommen, meine Behauptung zu revidieren - auch hier auf GF nicht.

Dann ist es Dir vielleicht bisher nur erspart geblieben. Könnte daran liegen, dass Du hier sehr sachlich und strukturiert vorträgst.

Ich neige gelegentlich schon mal zu deftigeren Einlassungen und habe vielfach erlebt, dass auch "wahre Christen" da eine sehr dünnne Haut haben und die Trennung zwischen Individuum und Ideologie nicht hinbekommen.

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Sonstiges

Die Religion ist für viele ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Sie richten sich danach aus und verbinden sich dadurch emotional damit. Wenn nun jemand diese Religion in Frage stellt, oder gar für falsch oder schlecht verurteilt, dann wird durch diese Verbindung auch der jeweilige Gläubige provoziert.

Das ist ähnlich wie wenn jemand einen nahestehenden Freund oder jemand aus deiner Familie beleidigt. Man hat zu diesen Personen eine emotionale Beziehung aufgebaut, wodurch man sich automatisch selbst angegriffen fühlt.

Verallgemeinern kann man das trotzdem nicht, denn es gibt viele Gläubige, die offen gegenüber anderen Meinungen stehen und sich gerne auf Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten einlassen.

Ich persönlich liebe es über meinen Glauben zu diskutieren, solange das auf einer sachlichen Ebene bleibt, und beide Seiten die jeweils andere respektieren und stehen lassen. Denn letztendlich wissen wir nicht, ob es einen Gott gibt oder nicht.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich liebe es mich mit strittige Themen zu beschäftigen
joerosac 
Fragesteller
 18.12.2018, 16:02

"Denn letztendlich wissen wir nicht, ob es einen Gott gibt oder nicht." Das ist eine sehr vernünftige Einstellung! Danke!

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johnblaze762  18.12.2018, 18:35

Sehr gute Antwort dem kann man sich nur anschliessen

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Die Intoleranz existiert auf beiden Seiten.

Ich mag es nicht, mir selbst ein "Label" zu verpassen. Müsste ich es aber tun, würde ich mich vielleicht als spirituell angehauchten Agnostiker betiteln. Selbst das hat schon so manches mal zu hitzigen Debatten mit selbsternannten Aufklärungs-Kriegern geführt, die mich zum ultra-Atheisten umerziehen wollten. Diese Community ist ja besonders bekannt für ihre mitunter sehr lebhaften Religions-Diskussionen, die leider nicht immer friedlich und sachlich ablaufen.

Was deine konkrete Frage betrifft: auch diese Beobachtung habe ich schon machen können. Es ist wohl generell so, dass viele Menschen erstmal mit Abwehr reagieren, wenn ihr festes und unerschütterliches Weltbild plötzlich mit Gegenmodellen konfrontiert wird. Das stellt eben auch die eigene Identität in Frage, und das macht den Menschen Angst.

Dafür gibt es aber ein einfaches Gegenrezept: nämlich die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass das eigene Weltbild vielleicht nicht perfekt oder richtig ist. Wer sich selbst zu wichtig nimmt und die eigenen Ansichten als "Wahrheit" betrachtet, der wird sich durch alles und jeden angegriffen fühlen, der andere Meinungen vertritt.

Schließt man aber nicht aus, dass es eben auch Alternativen gibt, dass die eigene Weltsicht (egal ob religiös oder nicht-religiös) unvollkommen sein könnte und das andere Menschen mit anderen Visionen auch glücklich sein können, dann reagiert man deutlich gelassener auf Kritikpunkte.

Zu guter Letzt kommt es bei solchen sensiblen Themen auch immer auf den Umgangston an. Der lässt mitunter auf beiden Seiten zu wünschen übrig.

Sonstiges

Zum einen, sollte man die Schriften als Gesetzesbücher begreifen. Gesetze waren wichtig, damals wie heute, um das Zusammenleben der Menschen in Gemeinschaft zu koordinieren und zu sozialisieren. Wer gegen die Gesetze verstoßen hat, konnte bestraft werden, wurde ausgeschlossen oder musste gar mit dem Leben bezahlen. Freilich macht es da Gefahr, vieler solcher Gesetze damaliger Zeit, immer weiter durch die Zeit zu schleppen, seien sie aus dem alten Testament der Christen oder aus dem Koran. Und zum anderen, bestand auch die Schwierigkeit, die ursprünglichen Texte miteinander immer wieder in Einklang zu bringen, da es ja in diesem Sinne keine Originaltexte gab, sondern immer nur Abschriften von Abschriften von Abschriften. Man muss zugeben: Ein Mann wie Hieronymus, hatte tatsächlich keine einfache Aufgabe. Am liebsten hätte er, wie er schreibt, komplett auf die Originaltexte zurückgegriffen, danach all die Fehler verbessert, die er - wie er bemerkte – durch unzuverlässige Übersetzer entstanden seien. Auch die Verschlimmbesserungen waghalsiger aber inkompetenter Textkritiker, wie sie Hieronymus in seinem Brief an den Pabst nennt, hätte er dadurch leicht ausmerzen und die Zusätze oder Änderungen unaufmerksamer Abschreiber, ungeschehen machen können. Doch Teile der Texte durch ältere ursprüngliche Texte zu ersetzen, getraute sich Hieronymus offensichtlich nicht, da sich die Römer, bereits durch regelmäßige Lesungen, an einen bestimmten Text gewöhnt hätten.

Und so ist es auch verständlich, dass auch wir heute inmitten einer Kultur leben, in der sich viele an einen bestimmten Text, an bestimmte Zeremonien und Feierlichkeiten gewöhnt haben. Trotzdem genießen wir Christen in Europa immer noch einen entscheidenden Vorsprung vor anderen Kulturen, wie etwa den afrikanischen. Wir haben bereits eine Aufklärung hinter uns bringen können: Eine geistige Bewegung, die ab dem Ende des 17. und dem 18. Jahrhundert, Europa prägte. Die Aufklärung hat neue Denkweisen und neue Methoden in der Philosophie, der Geschichtsschreibung und den Naturwissenschaften entwickelt, entscheidende Anstöße zur Kritik von Religion, Kirche und Offenbarung gegeben und sich bis in unsere Zeit hinein, in Kunst und Literatur, Recht und Verfassung, Moral und Politik ausgewirkt. Nun sollte es auch politisch, wirtschaftlich, kulturell an uns sein, diesen Vorsprung, den wir vor anderen Kulturen haben, nicht zu vergeuden und nicht machtpolitisch auszunützen. Wir sollten den ersten Schritt tun und auch anderen behilflich sein, statt sie andauernd nur klein zu reden und zu bekämpfen. Besser wäre wirklich, wenn auch wir über unseren eigenen kulturellen Tellerrand blicken, um für ein besseres friedlicheres Zusammenleben der Menschen, voneinander zu lernen.

Wie kann man da noch sagen, was andere in ihrer Religion machen, das geht mich doch nichts an! Die Aufklärung ist noch lange nicht abgeschlossen und wird heute wieder wichtiger denn je, in Anbetracht sich der Herausforderung aufkommender kultureller Auseinandersetzungen zu stellen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Fitness Ernährung Philosophie Psychologie Astrologie
joerosac 
Fragesteller
 17.12.2018, 18:51

Wenn die Christen nur alle einmal den Brief des Hieronymus lesen und begreifen würden ...

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Sonstiges

Weil die persönliche Wert- und Weltvorstellung keinen Außenstehenden was angeht.

Dir wird kein Schade zugefügt nur weil Irgendwer Irgendwas glaubt, zumindest nicht, so lang Handlungen die daraus folgen, sich im gesetzlichen Rahmen bewegen.

Mich als Atheist regt es grad so auf, wenn ich hier ständig Fragen Gläubiger lesen muss, die an meiner Weltsicht herummäkeln und mir aufzeigen wollen, wie blöd ich doch eigentlich sei.

Gleiches gilt für meine Ernährung, die niemandem weh tut, wegen der ich aber ständig blöd von der Seite angequatscht werde.

Inzwischen werden sogar schon persönliche Moralvorstellungen seziert und zum Ziel von Kritik gemacht. Neuerdings kann man "zu" moralisch sein.

Wer sich so viel Gedanken über die Beweggründe eines Anderen macht, nur um daran Kritik über zu können, der sucht dringend nach einer offenen Wunde in der er ein wenig rühren kann.

Das ist eine der widerlichen Eigenschaften unserer Gesellschaft.

joerosac 
Fragesteller
 18.12.2018, 16:42

"Das ist eine der widerlichen Eigenschaften unserer Gesellschaft" Damit hast du aber voll recht!!

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