Warum möchtenBuddhisten ins Nirwana (nichts)?

7 Antworten

Daß wir unter Nirwana nicht das NICHTS verstehen, darauf wurde schon hingewiesen. Wichtig ist noch, zu wissen, daß "unsere Existenz" quasi endlos währt (also nicht mit dem Tod beendet ist) und die nächste Lebensform je nach seinen Taten sich ändert.

Auch wenn wir mit unserem derzeitigen Leben vollauf zufrieden sind: wir haben keinerlei Garantie, daß es immer so bleiben wird. Wer die "richtigen" Taten nicht kennt, wird früher oder später wieder "absinken".

Damit sind wir vergleichbar mit einem Schwimmer im Ozean. Wir können uns eine Zeit lang über Wasser halten, aber wenn unsere Kraft ("Verdienst", "gutes Karma" zur Neige geht, "saufen wir ab". Manchmal auch schon früher, wenn wir das Pech haben, einem "hungrigen Fisch" zu begegnen (u.v.a.m.). Das "sichere Land" wäre demgegenüber das Nirwana.

Damit will ich niemandem Angst machen - wir kennen (=glauben an) schließlich wesentlich mehr "himmlische Bereiche" als untermenschliche (u.a. "Höllen").

Es schadet aber nichts, mal gründlich darüber nachzudenken.

Erst einmal eine kurze Korrektur: Nirvana bzw Nibbana oder wie die Hindus sagen Moksha bedeutet nicht nichts. Es ist der Zustand in welchem man eins wird mit der Natur & in welchem die Illusion des "Ich" nicht existiert. So ist auch Nirvana zu verstehen, dann wortwörtlich übersetzt bedeutet es ungefähr so viel wie "Verwehen", womit das in die Welt verwehte ich gemeint ist.

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Zum anderen mag es für viele befremdlich sein, zu wünschen nicht mehr wiedergeboren zu werden. Aber wenn man sich einmal über das Leben Gedanken macht, dann wird dieser Wunsch sehr viel nachvollziehbarer:

Leben bedeutet meines Erachtens insgesamt eher Leiden, wie glücklich sein. Ich glaube auch dass viele Menschen, die behaupten glücklich zu sein, öfter Leid empfinden wie Glück. Das hat damit zu tun, dass uns glückliche Erinnerungen mehr im Gedächtnis bleiben, wie Leidvolle, sofern diese nicht traumatisch sind. Beispielsweise erinnert man sich gerne daran, welchen Witz man gestern mit einem Arbeitskollegen gerissen hat, aber es tritt in den Hintergrund, wie schwer einem gestern das Aufstehen gefallen ist und wie wenig Lust man hatte zur Arbeit zu gehen. Letzterer Zustand hält zudem auch noch viel länger an.

Übrigens ist das auch der Grund, warum so viele Leute sagen, dass früher alles besser war wie heute. Beispielsweise erinnern wir uns gerne daran, dass früher ein Eis 20 Pfennig gekostet hat, aber uns ist weniger präsent, das damals bequeme Überweisungen vom Computer aus nicht möglich waren.

Der Buddha hat auch immer wieder betont, dass zum Leben 4 unangenehme Eigenschaften gehören: "Leben bedeutet geboren zu werden, zu altern, krank zu werden & zu sterben." Den Rest des Lebens dafür in Kauf zu nehmen, der zwar glücklich sein kann, aber bei weitem nicht muss ist meines Erachtens nicht erstrebenswert.

Bedenke auch noch, dass wir über 7 Milliarden Menschen auf der Welt sind & mache dir auch bewusst, wie viele Menschen von ihnen unter äußeren Umständen ihr Leben lang leiden müssen. Jeder siebte Mensch hat berechtigte Existenzängste, da es sein kann, dass er nicht genug essen bekommt zu überleben oder Medikamente. Und bedenke zudem, dass es heute zwar jeder siebte ist, aber es im Jahr 1800 85% der Weltbevölkerung waren. Es kann also auch ganz anders sein.

Im Tierreich sieht es nicht besser, ja sogar oft noch schlimmer aus. Die allermeisten Tiere kämpfen täglich um ihr Überleben. Wir können in Tiere nicht hineinsehen, aber ich halte sie für unglücklicher wie sie scheinen. Wir hören in der Früh das Zwitschern der Vögel und denken diese Tiere freuen sich. Die meisten wissen wir doch nicht, dass das für die Vögel harte Arbeit ist, da sie durch das Zwitschern auf den Bereich ihres Reviers aufmerksam machen. Ein Tier kann sich keine Schmerzmedikamente kaufen, wenn es physischen Schmerz verspürt, sondern es muss sogar weiter auf die Jagd gehen. Und wenn man dann noch bedenkt, dass man nach buddhistischer Vorstellung als Tier wiedergeboren werden kann, dann ist der Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) besonders fragwürdig.

Natürlich könnte man auf die Schönheit dieser Welt aufmerksam machen und möglicherweise ist sie auch schön, aber auch nur solange man sie von außen betrachtet. Anders ist es, wenn man eine Rolle in dieser Welt einnimmt. Du kannst dir das vorstellen, wie wenn du einen Actionfilm oder Horrorfilme ansiehst. Du siehst dir diesen Film vielleicht gerne an, aber ich glaube nicht, dass du gerne Teil dieser Handlung wärst.

Ich möchte noch anmerken, dass das Eintreffen von guten Ereignissen neutraler Natur ist, weil wir diese Dinge meistens als selbstverständlich nehmen, während das Eintreffen von schlechten Ereignissen sich alles andere als neutral geschweige denn gut anfühlt. Denke z.b. an die erfolgreiche Landung eines Flugzeuges und an einen Flugzeugabsturz. Der Philosoph Aristoteles hat ein sehr gutes Zitat dazu gegeben: "Nicht dem Glück, sondern der Schmerzlosigkeit, geht der Verständige nach."

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass man in dem Zustand von Nirvana anderen Menschen mehr Gutes tun kann, wie wenn man diesen Zustand nicht erreicht hat. Also dieser Zustand wird auch aus Mitgefühl gegenüber anderen Menschen angestrebt und nicht nur zur Selbstbefreiung.

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv praktizierender Buddhist & belesen

Der Buddhist sieht das Nirwana als Befreiung vom Kreislauf der Wiedergeburten an. Die ständigen Wiedergeburten in eine Welt, in der man immer nur der Looser ist, sind nicht so toll.

JTKirk2000  12.01.2021, 09:25

Wenn man als Buddhist glaubt, immer wiedergeboren zu werden, geht es sicher nicht nur darum, dass man da immer wieder ein "Looser" ist, sondern vermutlich vielmehr darum, Erfahrungen hinzu zu gewinnen.

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OhNobody  12.01.2021, 10:49

Gemäß dem Buddhismus ist das Dasein ein ununterbrochener Kreislauf von Wiedergeburt und Tod. Und die Stellung, die jeder einzelne in seinem momentanen Leben einnimmt, wird durch die Taten in seinem vorherigen Leben bestimmt.

Ähnlich im Hinduismus: jemand hat gutes Karma, wenn er den gesellschaftlichen Normen entspricht. Aber ein anderer hat schlechtes Karma, wenn das nicht der Fall ist. Jeder muss sein Karma hinnehmen. Wer in einer unteren Kaste groß wird, hat schlechte Karten. Auflehnung wird im nächsten Leben mit einer noch schlechteren Kaste quittiert.

Man ist zwar von Seiten der Regierung bemüht, die negativen Folgen des Kastensystems zu überwinden, aber in der Praxis halten sich die Erfolge in Grenzen.

Nach meinem Empfinden: einmal Looser = immer Looser.

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FraterJosephus  12.01.2021, 12:20

Digga, hast Du gerade Buddhist:innen als "Loser" bezeichnet?

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OhNobody  12.01.2021, 13:11
@FraterJosephus

Der Buddhismus hat kein Kastensystem. Ich beschrieb den Hinduismus, meinte aber, dass Buddhisten ähnlich Verlierer (Looser) sein können.

Warum? Weil es im Buddhismus fast unüberschaubare Glaubensvarianten gibt. Nicht selten beteiligen sich Leute, die vorgeben, Buddhisten zu sein, an Bräuchen des Taoismus, des Schintoismus, des Ahnenkults und sogar der Christenheit. Die die grundlegenden Vorstellungen des Buddhismus sind ein Erbe der hinduistischen Lehren vom Karma und vom Samsara. 

Buddhistische Lehren drehen sich um die Vorstellung, dass alle Menschen durch unzählige Wiedergeburten von einem Leben zum andern wandern (Samsara) und unter den Folgen vergangener und gegenwärtiger Taten zu leiden haben (Karma).

Der Buddhismus ist der Versuch, Erleichterung ohne Gott zu ermöglichen. Aber wegen der Kompliziertheit seiner Lehren begnügt sich der Durchschnittsbuddhist mit der Verehrung von Götzen und Reliquien, Göttern und Dämonen, Geistern und Ahnen, und er übt viele Riten und Bräuche aus, die wenig mit dem zu tun haben, was Gautama, der Buddha, gelehrt hat.

In diesem Sinn ist Durchschnittsbuddhist der Verlierer (Looser).

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FraterJosephus  12.01.2021, 18:58
@OhNobody

Sind für Dich alle Menschen Loser, die einer anderen Religion angehören, und die andere Gottheiten oder Wesenheiten anbeten als Du?

Du benutzt hier sehr abwertendes Vokabular und redest von "Götzen" und "Dämonen"...

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OhNobody  12.01.2021, 19:31
@FraterJosephus

Mehr fällt Dir nicht ein? Sorry ... aber Du argumentierst recht hilflos.

Sind für Dich alle Menschen Loser, die einer anderen Religion angehören, und die andere Gottheiten oder Wesenheiten anbeten als Du?

Wo genau liest Du das aus meinen Ausführungen heraus? Oder propagierst Du hier lediglich ein Vorurteil?

Ich bin mit Gottes Denkweise in Übereinstimmung:

“sondern in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist ihm angenehm.“‭‭ (Apostelgeschichte‬ ‭10:35‬)

Du wirfst mir „sehr abwertendes Vokabular“, vor. Für Dich sind die Begriffe „Götzen / Dämonen" nicht hinnehmbar?

Schau mal, was in der Bibel steht:

„Kinder, hütet euch vor den Götzen!“ (1. Johannes‬ ‭5:21‬)

„„Der Geist aber sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeiten etliche von dem Glauben abfallen werden, indem sie achten auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen,“‭‭ (1. Timotheus‬ ‭4:1‬)

Wenn Du Dich mit mir ehrlich austauschen möchtest, dann bin ich gern bereit dazu. Aber behalte bitte ein friedsames Niveau bei.

Vielen Dank.

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FraterJosephus  12.01.2021, 20:13
@OhNobody

Ich weiß nicht. Für mich klingt das, was Du sagst, ziemlich arrogant. Sowohl "Götze" als auch "Dämon" bezeichnen so weit ich weiß in der Bibel Wesen, die anzubeten streng verboten ist. Du zitierst ja selbst Stellen, in denen die so benannten Wesen abgewertet werden - oder verstehe ich da irgendwas falsch?

Dazu beanspruchst Du noch, "mit Gottes Denkweise in Übereinstimmung" zu sein. Wenn das nicht arrogant ist, dann weiß ich auch nicht.

Ich bin gerne bereit, friedlich zu diskutieren, ohne ausfallend zu werden, muss aber ehrlich sagen, dass Du auf mich wirkst, als hättest Du die Wahrheit für Dich gepachtet.

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Anastasia65  13.01.2021, 10:38
@FraterJosephus

Lese mal, was buddhistische Lehrer selber über den Kreislauf der Wiedergeburten schreiben, und warum sie diesen verlassen wollen! Buddhismus ist seinem Wesen nach eine pessimistische Weltsicht! So war es auch gemeint!

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FraterJosephus  14.01.2021, 09:18
@Anastasia65

Selbst wenn man den Buddhismus für sich ablehnt, kann man das ohne abwertendes Vokabular tun und muss nicht für sich die alleinige objektive Wahrheit beanspruchen.

Und was geht es Dich an, wenn andere Leute aus dem Kreislauf der Wiedergeburten aussteigen wollen. Lass sie doch...

Dass das "pessimistisch" ist, ist eine westliche Interpretation.

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OhNobody  14.01.2021, 10:14
@FraterJosephus

Man „ muss nicht für sich die alleinige objektive Wahrheit beanspruchen“.

Wenn Du für Dich zu dem Schluss gekommen bist, die absolute Wahrheit noch nicht gefunden zu haben, dann suche weiter. Aber gönne denen, die diese Wahrheit gefunden haben, diese Wahrheit.

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Das sog. Nirwana bezeichnet einen Geisteszustand, der nicht erst nach dem Tod erfolgen muss. Es gilt als Erlösung aus dem endlosen Rad der Wiedergeburten. Buddhisten sehen die ständige Wiedergeburt als eine leidvolle Erfahrung. Denn das Leben wird begleitet von den drei Wurzeln des Unheilsamen: Gier, Hass und Wahn. Dieses Leiden kann nur überwunden werden, wenn der Buddhist nach vielen Leben irgendwann das Nirwana, den Zustand des höchsten Glücks, erreicht. Das Nirwana ist kein Ort, sondern ein Zustand. Der Geist geht eine Existenzweise des Friedens ein, das Nichts ist also Selbsterlösung von allen quälenden Reinkarnationen. Wie dieses "Nichts" nun nach dem Tod - ohne einen persönlichen Gott - genau gedacht wird, habe ich noch nicht herausfinden können.

Manche sehen es als "nichts" andere als Paradies andere als Geisteszustand ohne Leid andere als ewiges Leben... Im Grunde liegt das Ziel darin, vom Leiden (im Sinne vom Samsara) zu entkommen. Ich will als Buddhist nicht in eine kahle schwarze leere hinein, sondern eher in einen Geisteszustand ohne Leid :-)

Aber wieso man grob gesagt einfach verschwinden will, das ist mir auch ein Rätsel.

Woher ich das weiß:Hobby – Bin Theravada-Buddhist
Fragenhilfe33 
Fragesteller
 12.01.2021, 07:18

Dachte schon bin der einzige der sich fragt warum man verschwinden will 😅

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DieStockEnte  12.01.2021, 07:25
@Fragenhilfe33

Selbst im Pali Kanon steht kaum was dazu. Hier ein Auszug aus dem Udāna(Pataligama):

Es gibt ein Reich, wo die vier Elemente,

Aus denen sich die Welt aufbaut, nicht sind.

Es ist nicht das der Raumunendlichkeit,

Nicht das, wo Wahrnehmung unendlich ist,

Nicht das des Nichts und nicht das Grenzgebiet,

Wo Wahrnehmung nicht ist und doch nicht fehlt.

Es ist nicht diese Welt und keine andre.

Dort gibt es keine Sonne, keinen Mond.

Das nenn' ich, Bhikkhus, Kommen nicht noch Gehen

Noch Stehenbleiben, auch nicht UntergehenU

UndNeuerscheinen; es ist ohne Stütze,

Auch ohne Wandlung, ohne Gegenstände,

Und alles Leiden findet dort sein Ende

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