Warum ist Kernfusion nicht so gefährlich wie Kernspaltung?

9 Antworten

Hallo sophie,

Daß die Fusion der gleiche Vorgang ist, der auch im Inneren der Sonne abläuft wurde dir ja schon erklärt. Es gibt aber ein paar entscheidende Unterschiede zur technischen Realisierung:

Im Kern der Sonne herrscht enormer Druck, während die Temperatur mit etwas über 10 Mio Grad eher moderat ist. Bei diesen Verhältnissen findet eine Fusion zwar statt, aber nur für eines von Billionen Atomen - zum Glück, denn sonst würde die Sonne einfach explodieren (siehe themonukleare Supernova).

Technisch benötigt man eine deutlich höhere Fusionsrate und den Druck kann man künstlich auch nicht erzeugen. Also heizt man das Plasma weiter auf, nämlich bis über 100 Mio Grad. Und an Stelle von normalem Wasserstoff benutzt man die Isotope Deuterium und Tritium, die früher fusionieren.

Das funktioniert schon seit längerem, nur erstens nicht im Dauerbetrieb und zweitens benötigt man noch immer mehr Heizleistung als die Fusion an Energie abgibt - das sind noch keine Kraftwerksbedingungen.

Der am weitesten fortgeschrittenen Typ ist ein Tokamak. Dabei wird eine relativ geringe Menge Deuterium/Tritium durch magnetischen Einschluß komprimiert und aufgeheizt bis eine Fusion stattfindet. Stell dir das als dünnen Plasmaschlauch in einer vergleichsweise riesigen, evakuierten Röhre vor.

Jetzt zu einer Fehlerbedingung, dem völligen Ausfall des einschließenden Magnetfeldes. Dann bleibt das heiße Plasma nicht länger in seinem dichten Zustand, sondern expandiert schlagartig, wobei es sich drastisch verdünnt und stark abkühlt. Die Wandung des Reaktors wird nur von vergleichsweise wenigen Teilchen getroffen, die sogar immer noch ein Vakuum sind. In so einem Fall wäre nichtmal mit Schäden am Reaktor zu rechnen. Einen Gau kann es somit nicht geben.

Was die Radioaktivität betrifft hat PWolff das recht gut beschrieben. Im Vergleich zu einem Fissionsreaktor ist das wenig und vor allem kurzlebig, womit das Problem ewiger Endlagerung entfällt.

Zum GAU: Beim Fissionsreaktor, wie er in KKWs Verwendung findet, befindet sich das gesamte Brennmaterial eines oder sogar mehrerer Jahre im Kern des Reaktors (mehrere Tonnen). Es ist leicht einsichtig, daß im Falle daß er "durchgeht", eine enorme Menge Energie frei wird, wenn auch nicht schlagartig, wie bei einer Bombe. Demgegenüber befindet sich im Fusionsreaktor nur das Material für einige Minuten Betrieb (wenige Gramm).

Ich will damit nicht andeuten, daß das das gleiche ist, aber stell dir einen Fusionsreaktor mal wie einen der Beschleunigerringe am CERN vor. Dort werden sogar noch viel höhere Temperaturen generiert, aber eine Gefahr geht davon nicht aus.

Schöne Grüße

https://de.wikipedia.org/wiki/Tokamak

https://de.wikipedia.org/wiki/Stellarator

Der Grund für die geringere Gefährlichkeit der Kernfusion ist das sie nur Abläuft wenn alle dafür notwendigen Bedingungen erfüllt sind. Tritt an ein Defekt ein und sind nicht mehr alle Bedingungen erfüllt stoppt die Reaktion sofort. Auch die Ausgangs und Endprodukte sind recht harmlos. Einzig die Wände des Reaktorgefäßes werden durch die Neutronenstrahlung radioaktiv, aber auch diese Radioaktivität klingt verhältnismäßig schnell ab.

Die Kernspaltung hingegen läuft automatisch ab solange die kritische Masse und die nötige Dichte an spaltfähigem Material gegeben ist. Auch kann die Reaktion nur langsam herunterfahren wenn sie erst einmal in Gang gekommen ist. Zudem sind die meisten Kernbrennstoffe und die Endprodukte nicht nur durch ihre Radioaktivität gefährlich, sie sind meist auch noch daneben sehr giftig.

Bei der Kernspaltung entstehen radioaktive Produkte mit Neutronenüberschuss, die zum großen Teil noch mehrere Jahrmillionen gefährlich sind.

Bei der Kernverschmelzung entstehen leichte Produkte mit Protonenüberschuss, die in aller Regel vergleichsweise kurze Halbwertszeiten haben und damit entweder überhaupt nicht radioaktiv sind oder nur ein paar Jahrhunderte lang überwacht werden müssen.

Woher ich das weiß:Hobby – seit meiner Schulzeit; leider haupts. theoretisch
prohaska2  29.09.2017, 07:03

Wir wollen aber nicht vergessen, dass bei den irdischen Fusionsreaktionen Neutronen frei werden, die aus den Reaktormaterialien Betastrahler machen können. Energie genug haben sie dafür.

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PWolff  29.09.2017, 17:04
@prohaska2

Eher Protonen - Bei Fusion entstehen ja tendenziell Kerne mit Protonenüberschuss / Neutronenmangel

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prohaska2  29.09.2017, 18:12
@PWolff

Im Reaktor eher nicht.

Deuterium und Tritium fusionieren zu Helium-4. Bleibt'n Neutron.

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prohaska2  29.09.2017, 18:14
@PWolff

Es gibt übrigens eine Reaktion, in deren Verlauf keine Radioaktivität entsteht: die Fusion von Lithium und Deuterium. Ist 'ne Bombensache.

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Die Sonne ist so ziemlich das tödlichste Objekt in unserem Sonnensystem. Sie setzt unglaubliche Mengen an Energie frei, vor allem in Form von Strahlung. Darunter ist auch die hochenergetische UV- und Gammastrahlung. Nur weil sie so weit weg ist und die Atmosphäre und das Magnetfeld unserer Erde uns schützt, tötet sie uns nicht.

Und diese unglaubliche Energie wird bei der Sonne durch Kernfusion erzeugt. Wenn wir es schaffen, diese Reaktion und Technologie zu beherrschen, dann haben wir recht sicher unsere Energieprobleme erstmal gelöst. Aber das Erschaffen einer "künstlichen Sonne" ist nicht einfach. Auf Grund des Potentials dieser Technologie werden Milliarden in die Forschung gesteckt.

Die Kernfusion läuft nur unter speziellen Bedingungen ab. Sobald diese nicht mehr erfüllt, beispielsweise bei einer Störung, kommt die Reaktion einfach zum Erliegen und der Reaktor ist abgeschaltet. Durch die Neutronenstrahlung, die bei der Kernfusion entsteht, wird der Reaktor leicht radioaktiv. Dies ist aber lange noch nicht so schlimm wie bei der Kernspaltung.

Die Kernspaltung kannst du dir wie ein Feuer vorstellen. Wenn sie einmal läuft, dann ist sie sehr schwer zu unterbrechen und zu kontrollieren. Und dabei entstehen große Mengen an radioaktiven Material, das zudem noch hochgiftig ist.

weil der prozess der kernfusion unweigerlich stoppt, wenn das plasma den reaktor verlässt. in unmittelbarer nähe wollte ich natürlich auch nicht sein, wenn son ding hoch geht. aber es entstehen keine strahlenden abfallrpodukte. die schadenszone ist also sehr klein. jedenfalls im vergleich zu einer Atomkraftwerkshavarie.

lg, Anna