Warum hat der Ritter Delorges den Handschuh ins Gesicht von Kunigunde geschmissen?

2 Antworten

Die Dame hat sich einfach ein Spiel erlaubt mit dem Ritter. Das war irgendeine Art von Übermut, auf jeden Fall keine echte Liebe, denn dann hätte sie ihn nicht in Gefahr gebracht. Der Ritter ist deine Rolle gerecht geworden und hat seine Tapferkeit gewesen, aber er hat das für sich getan und nicht für eine solche Dame mit ihrer falschen Liebe. Eigentlich hatte diese Dame ihre Ehre schon durch ihr Verhalten verloren. Jetzt hat der Ritter es auch noch offen gezeigt, indem er ihr den Handschuh ins Gesicht warf.

Die hat den Handschuh nicht zwangsweise absichtlich in den Löwenzwinger geworfen, er ist eben einfach reingefallen... von einem Grund steht in der Ballade nichts.

Ritter Delorges muss allerdings den Handschuh aus der Arena zurückholen... schlicht und einfach weil es sich für einen Ritter gehört das Liebespfand seiner Dame entsprechend zurückzuholen (das in dem Moment vermutlich auch kein solches mehr ist, denn sie gibt ihn in der ganzen Szene ja komplett der Lächerlichkeit preis bzw. setzt ihn unter Zugzwang sich in eine komplett idiotische und gefährliche Situation zu begeben.

TUt er es, dann riskiert er sein Leben und macht sich ggf. vor den Augen des gesamten Hofes lächerlich. Tut er es nicht, dann droht ihm das gleiche und er ist ggf. seine komplette Existenz los, denn als Ritter hat man nunmal ehrenhaft zu handeln (auch wenn ehrenaftes Handeln natürlich teilweise illusion und komplett lächerlich ist und es im Endeffekt eher auf moralisch richtiges Handeln ankommt ('Wir töten den König, den wir geschworen haben zu beschützen, damit er nicht die ganze Stadt abfackelt') als auf das schlichte und SAUDUMME Befolgen von Befehlen ('Ich habe einen Eid geschworen').

Sie sieht die ganze Sache als ein Spiel, ohne den Ernst der Lage für ihn zu begreifen und dreht die Ganze Sache in eine Richtung von wegen 'wenn du mich lieb hast, dann bringst du mir den Handschuh zurück' und dies tatsächlich eher 'spottenderweis', also tatsächlich weil sie nicht begreift, dass diese Aktion ihn seine ganze Reputation kosten kann.

Unser Ritter hat also keine andere Wahl mehr, als in den Ring zu steigen und den Handschuh, um seiner Ehre willen, zu holen, hat aber im Endeffekt auch tatsächlich genug von ehrenhaftem Handeln gegenüber der Frau, die ihn komplett der Lächelichkeit preisgegeben hat und die sich jetzt an ihn schmiegt. Entsprechend handelt er unritterlich, wirft ihr den Handschuh, dieses unheimliche Liebespfand, ins Gesicht und lässt sie stehen.

Wären wir hier bei Jaime Lannister, dann würde die ganze Welt vermutlich irgendwas kreischen von wegen 'Charakter Arc ruiniert'. Und es stimmt ein Stück weit, denn einerseits will er seine Reputation bewahren und ehrenhaft sein, was er am Ende durch den Handschuhwurf auch wieder ruiniert.
Andererseits kann man das so interpretieren, dass Delorges diesem ganzen Ehrendenken, diesem komplett absurden Schwachsinn, der ohnehin nur eine Farce ist, die zum Amusement der herrschenden Klasse dient und eben KEIN hochgehaltenes, großes Ideal mehr (denn über sowas würde man keine Witze und Späße treiben) ist, hiermit eine Absage erteilt.
Er hat das getan, was von ihm verlangt wurde...er hat durchaus ehrenhaft gehandelt... aber er hat mit diesem System und auch mit Fräulein Kunigunde, schlicht und einfach nichts mehr am Hut und erteilt somit sowohl ihr, als auch diesem geheuchelten Ehrendenken eine klare Absage.

In einer älteren Fassung hatte Schiller die Zeile im Übrigen auf Druck von Außen geändert, sodass der Ritter eben NICHT den Handschuh in ihr Gesicht wirft, sondern sich tief verneigt und dann die entsprechenden Worte spricht.
Ich persönlich finde die aktuelle Version des Gedichtes um einiges interessanter