Warum gelten Ganymed und Prometheus von Goethe als zusammengehörig?

2 Antworten

Es ist tatsächlich nicht ganz leicht, denn bei der ersten Lektüre scheinen Gegensätze zu dominieren:

Prometheus ist streng, ausgesprochen rational-argumentierend aufgebaut, während Ganymed eher eine "zerstreute", ekstatische Struktur aufweist.

Prometheus zieht eine scharfe Grenze zwischen sich und Zeus, Ganymed ist auf Vereinigung aus usw.

Aber: der "Vater", der in Ganymed gemeint ist, ist nicht der Zeus der Mythologie oder der christlichen Religion (auf den in Prometheus klar angespielt wird): er ist eben "allliebend", und nicht allmächtig, geht also in Richtung Pantheismus.

Da Ganymed hier selbst die Kraft hat (es ist die Kraft der "sehenden Liebe", die auch in der Natur waltet: "Frühling, Geliebter"), die Wolken an sich zu ziehen (sie "neigen sich..."), muss davon ausgegangen werden, dass sein "Herz" wie bei Prometheus "glühend" ist, d.h. auch schöpferisch. Damit hat er teil am Ganzen der Natur, und die Voraussetzung dafür ist, auf die gewohnte, passiv hingenommene Machtvorstellung eines allmächtigen, transzendenten Gottes zu verzichten - und das ist eben die Leistung von Prometheus gewesen.