Warum bin ich noch so kindisch, wie kann ich endlich erwachsen werden?


10.06.2022, 01:45

Die "Erwachsenen" sitzen dann oft im Anzug da und erzählen mir, wie ich mich in unserer Gesellschaft einbringen soll und ich sitz da und denk mir: "Ich bin müde, ich will ins warme Bett."

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Erstmal, ich denke es ist zu einem gewissen Grad noch ganz normal sich mit 21 immernoch kindlich oder unreif zu fühlen. Ich finde direkt während- oder nach der Pubertät bekommt man durch den erweiterten Horizont kurz einen extremen boost im Selbstvertrauen und glaubt nun reif und erwachsen zu sein, nur um dann ein paar Jahre später in die harte Arbeitswelt (oder das Studium) einzutauchen und zu realisieren, dass man nur eine Kaulquappe war die zum kleinen Baby-Frosch geworden ist, jetzt allerdings noch viele weitere Stufen vor sich hat um körperlich und mental zu reifen und man irgendwie eine Art "Baby-Erwachsener" ist, nun nicht mehr die 7. oder 10. Klässler unter sich hat sondern am unteren Ende des Studiums oder des Jobs steht.

--

Davon abgesehen finde ich es sehr interessant Einblick in deine Gefühls- und Gedankenwelt zu bekommen während du gleichzeitig deine Handlungsreaktionen auf diese Umstände äußerst: "Bürokratische Probleme wegen dem Studium", "kalte, ungemütliche Welt", "Angst, Menschen um Hilfe zu bitten", "fühle mich aufgeschmissen und allein", und "Bewerbungen geschrieben habe und stets abgelehnt wurde, was mein Selbstvertrauen zerstört hat", woraufhin deine Reaktionen sind: "Muss oft an mein Bett denken", "altes Kuscheltier (zum kuscheln im Bett)", "manchmal will ich am liebsten, dass meine Mutter alles für mich regelt" und vorallem "am aller glücklichsten bin ich einfach, wenn ich abends im warmem Bett liege und kurz vergesse, dass morgen früh wieder alle Sorgen in meinen Magen schlagen".

Aus dieser direkten Reaktion von ungewohnten oder unangenehmen Reizen und Fluchtreaktion würde ich schlussfolgern dass dir einfach noch gewisse Routinen und Handlungsweisen fehlen, du dich aber gleichzeitig mental in einen Zustand begibst in welchem du nicht das Gefühl hast irgendetwas daran ändern zu können.

--

Sind wir einem herausfordernden Reiz ausgesetzt und glauben ihn bewältigen zu können, so reagiert unser Körper mit einem aufgeschlossenen Geist, arbeitet unbewusst an Lösungsstrategien und läuft auf einem hohen energetischen Level, während er, wenn wir glauben einem unüberwindbaren Hindernis ausgesetzt zu sein, mit Lethargie, Depressivität, Resignation oder vorallem in deinem Fall, Flucht reagiert.

--

So reflektiert wie du wirkst und gleichzeitig sogar ein Studium machst, so spricht für mich alles dafür dass es dir mindestens nicht an den intellektuellen Kapazitäten fehlen sollte deine Probleme (oder unreife) in den Griff zu bekommen.

Wie wäre es denn wenn du dir erst einmal erlaubst, aufgeschmissen und unreif zu sein? Du bist ein frischer Erwachsener, hast Ablehnung bei Bewerbungen erfahren(was natürlich auf den Selbstwert schlagen kann), Schwierigkeiten um Hilfe zu bitten (wodurch vieles natürlich schwieriger wird), und hast dazu noch bürokratische Probleme und dein Studium zu regeln, in welchen du bei beiden niemals irgendwelche Infos an die Hand bekommen hast sondern alles selbst erlernen musst. Natürlich fühlt man sich da unreif und das ist in diesem Alter und dieser Situation vollkommen normal.

Nun ginge es aber darum nach und nach eine konstruktivere, optimistischere und lösungsorientiertere Sichtweise auf deine Lebensumstände zu bekommen, dein Gehirn in seinen gewohnten Denkmustern umzustrukturieren aber vorallem, deine Gedankengänge zu hinterfragen, zu reflektieren und konstruktive Lösungsmöglichkeiten zu erschließen.

Du weißt dass du abgesehen von deiner "mentalen unreife" eigentlich alle intellektuellen Kapazitäten besitzt deine Probleme (oder wie du es nennst Unreife) auflösen zu können, auch wenn es Zeit in Anspruch nehmen würde. Sinnvoll wäre es dafür den riesigen Haufen an Problemen in seine Einzelteile zu zerlegen und sich separate Lösungen einfallen zu lassen. Auf diese Weise baust du dein Gehirn nach und nach um von "Eine Situation in welcher ich Eigeninitiative ergreifen soll? Sowas hab ich nie gelernt! - ich will ins Bett und Mama soll das machen" zu "Eine Situation in der ich Eigeninitiative ergreifen soll? Ok, für diese spezifische Situation habe ich noch keine Idee in meinem Kopf aber wie könnte ich sie lösen? Was genau müsste ich dafür machen? Wo bekäme ich die Informationen dafür her?" - Hier hast du vielleicht immernoch einen leichten Drang dich ins Bett zu verkriechen aber gehst immerhin schon etwas in die Offensive und lässt dein Gehirn für dich arbeiten. Solltest du diese eine Situation gemeistert haben kannst du dir zurecht sagen "Ok! Erwachsen (oder Reif) zu sein ist doch garnicht so schwer wenn man erstmal weiß wie man sich in den jeweiligen Situationen genau verhält!".

--

Beispiel: Bürokratische Probleme im Studium. Um was für Probleme handelt es sich da genau? Wie kann ich diese lösen? Was brauche ich dafür? Wenn ich keine Lösung finde aber glaube jemanden um Hilfe bitten zu können der weiß wie das geht, dann wäre das Problem wohl recht leicht gelöst.

Nun fühlst du aber mit einem mal wieder den Drang nur ins Bett zu wollen. Denke nun konstruktiv und reflektiere deine Gedankengänge! Was genau ist gerade in meinem Kopf passiert? Ich brauche Hilfe um da weiter zu kommen und fühle mich unwohl dabei jemanden zu fragen. Doch warum?

(hinterfragen): "In einer Zeitung gibt es eine Rubrik in welcher sich Menschen darüber beschweren dass sie immer um Hilfe gefragt werden, deshalb fühle ich mich unwohl um Hilfe zu bitten". "Ist diese Zeitung repräsentativ für alle Menschen?" Natürlich nicht, diese Rubrik handelt womöglich sowieso von Menschen die kein Bock auf ihre Arbeit haben oder vllt auch Zuhause Stress haben und lassen sich schön mal bei einem Interview aus. "Würde ich als seit 10 Jahren Erwachsener Angestellter oder als Tutor im Studium genervt sein wenn mich eine etwas unsichere Person um Hilfe bittet?" Absolut nicht! Ich weiß ganz genau wie scheiße das ist nicht klar zu kommen und würde selbst den ganzen Arm reichen wenn jemand junges und unsicheres selbst nur um meinen kleinen Finger bittet! "Selbst wenn jemand dann immernoch genervt sein könnte, hat es direkt etwas mit mir zutun?" Erstmal könnte man die Schuld auf den Staat schieben, dass im Unterricht binomische Formeln statt Bürokratie und Recht gelehrt wurde. Zum anderen sind Menschen zu 99% aufrichtig freundlich wenn man nett um Hilfe bittet. Wenn sie genervt reagieren dann liegt das daran dass sie entweder selbst Stress haben oder unzufrieden mit ihrem leben sind, was letztendlich beides nichts mit mir zutun hat. Außerdem kann eine Person immer selbst entscheiden ob sie mir hilft, oder sagt "Ne du dafür hab ich gerade einfach keinen Nerv, frag jemand anderen!". Daher kannst du Leute fragen was das Zeug hält!

Auf diese Weise kannst du dein eigenes denken hinterfragen. Konstruktiv und Lösungsorientiert nach Lösungen suchen und somit nach und nach erwachsener und reifer werden.

Ein gutes Buch um das zu lernen wäre "Gefühle verstehen, Probleme bewältigen" von Doris Wolf und Rolf Merkle

---

Übrigens, das mit dem Sex und kuscheln hat nichts kindliches. Es ist eher etwas gefühlvolles, zärtliches und empathisches. Immer nur fïcken ist auch nicht gut, eine Frau will geliebt werden. Ich bin selber eher auf kuscheln und liebevollen Sex ausgerichtet und interessanterweise scheine ich genau deswegen extrem gut auf die Bedürfnisse meiner Partnerinnen eingehen zu können und darf immer wieder erleben dass sie begeistert sind im Gegensatz zu den Bekanntschaften die sie einfach nur bumsen wollen 😆

Viel Glück weiterhin! Ich bin mir sicher dass du es schaffen wirst ein Mindestmaß an "Reife" (oder wie ich sagen würde "konstruktive Lösungsorientiertheit") in den nächsten fünf Jahren entwickeln zu können, und du dann nicht mehr ins Bett oder zu Mama flüchten musst sondern weißt dass du die Kraft hast auf dich selbst aufzupassen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Hessen001 
Fragesteller
 10.06.2022, 12:27

Danke für diese sehr ausführliche Antwort

2
Kaleiope  12.06.2022, 23:16

Ich bin 21 weiblich und habe die Reife einer einer 35 jährigen Frau, so sagen mir das viele Menschen. Es hat meiner Meinung nichts mit einer Reife zu tun was der oder die Betroffene:r berichtet. Es ist psychologisch

0

Hallo Hessen001,

Ich bin m27 und war auch Student. Mir ging es ganz zu Beginn auch ähnlich, als ich in die "freie Welt" entlassen wurde.

In einer neuen Stadt.... alleine wohnen....

und trotzdem den Alltag hinbekommen, neue soziale Kontakte aufbauen, mich um das Studium kümmern etc.

Es ist völlig normal, dass man etwas Zeit braucht, bis man alles mehr oder weniger hinbekommt. Aber mach dir mal keine Illusionen! Den allermeisten Menschen mit 21 geht es recht ähnlich! Natürlich, der eine mag bereits etwas "erwachsener" sein, als der andere. Der einen geht es vielleicht ähnlich, sie kommuniziert es allerdings nicht offen und zeigt ihre kindliche Unsicherheit der Öffentlichkeit nicht. Ja, es gibt sogar viele Menschen, die NIE "erwachsen" werden und ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen, wie man so schön sagt.

Vielen Menschen geht es so wie dir. Jeder muss seinen Platz im Leben finden, aber glaube mir:

Auch du wirst selbstständiger werden! Auch du wirst deinen Weg gehen! Auch du wirst dann mit 27 zurückblicken auf dein 21-jähriges Ich und die Vergangenheit mit einem Lächeln betrachten :)

Das Wichtigste auf deinem weiteren Weg ist rückblickend meines Erachtens so viele soziale Kontakte wie nur möglich aufzubauen und sich mit vielen, vielen anderen jungen Menschen über Gott und die Welt zu unterhalten... Sein eigenes Leben selbst zu reflektieren bei einem nächtlichen Spaziergang... mit anderen über die Herausforderungen sprechen, die diese neue Situation mit sich bringt... und ja: auch einfach mal in den Semesterferien arbeiten gehen (oder neben dem Studium irgendwo aushelfen) wird dich "erwachsener" machen, deinen Alltag strukturieren.

Auch du wirst deinen Platz auf diesem Planeten finden und sobald du dies geschafft hast, dann fühlst du dich auch ganz automatisch erwachsener.

Ich wünsche dir dabei viel Glück! Habe diese Antwort recht spontan geschrieben, bin mir nicht sicher, ob sie sehr hilfreich ist.

MfG Linkslibertaer

Das hat nichts mit reife zu tun. Sorry für meine Direktheit aber du hast ein psychologisches Problem. Suche dir Hilfe. Ich kann mir vorstellen dass du in Richtung Depressionen oder Angststörung gehst

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Klingt eher nach Depression, als nach kindischem Verhalten. Vielleicht mal zum Arzt?