War der Versailer Vetrag an Deutschland wirklich, zu brutal und ungerecht oder ist das nur ein Mythos?

4 Antworten

War der Versailer Vetrag an Deutschland wirklich, zu brutal und ungerecht oder ist das nur ein Mythos?

Das ist ein Mythos, den schon damalige Republikgegner als Propaganda nutzten und der bis heute nicht aus der Welt zu schaffen ist. Die zeitgenössischen Beurteilungen als "Diktatfrieden" oder als "Straffrieden" entsprangen der damaligen deutschen Empfindung und Befindlichkeit.

Die Oberste Heeresleitung, Hindenburg und Ludendorff, hatten nicht nur den Krieg militärisch verloren, sondern auch diese Niederlage in der deutschen Öffentlichkeit u. a. mit der sog. Dolchstoßlüge verschleiert. Daher glaubten viele Deutsche fälschlicherweise, dass sie den Krieg militärisch überhaupt nicht verloren hätten.

Es kommt noch etwas hinzu: Die deutsche Propaganda hatte schon 1914 dem deutschen Volk vorgelogen, dass Deutschland angegriffen worden wäre und einen Verteidigungskrieg zu führen hätte. Auf diese Weise wurde die besondere Verantwortung, die Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich für den Kriegsausbruch trugen, verschleiert.

Vor diesem Hintergrund musste der Versailler Friede den uninformierten, unwissenden Deutschen zweifellos als große Ungerechtigkeit erscheinen.

War er ein "Diktatfrieden"? Das kann man oberflächlich so sehen, weil die Deutschen nicht zu den Friedensverhandlungen geladen worden waren und sie über nichts verhandeln konnten. Aber sie hatten eine freie Entscheidung: sie konnten den Friedensvertrag annehmen oder ablehnen. Insofern wurde der Friedensvertrag nicht "diktiert", sondern von der deutschen Regierung akzeptiert und als Völkerrechtsvertrag abgeschlossen. Die Regierung tat das in kluger Erkenntnis, dass bei der Annahme des Vertrages die Vorteile für Deutschland bei weitem die Nachteile überwogen.

Gewiss enthielt der Vertrag für Deutschland Nachteile, aber diese waren nicht schlimmer als die Bedingungen, die das Reich 1918 in Brest-Litowsk Russland auferlegt hatte. Besonders die Festlegung, dass Deutschland und seine Verbündeten die Alleinschuld am Ausbruch des Krieges gehabt hätten, kam den Deutschen vor dem Hintergrund ihrer eigenen Propaganda sauer an. Aber grundfalsch war der Vorwurf nicht. Frankreich, das die Hauptlast des Krieges getragen hatte, wollte Vergeltung und materielle Wiedergutmachung - seine Verbündeten konnten maßvolle Bedingungen nicht durchsetzen, sodass die USA es schließlich sogar ablehnten, den Vertrag zu ratifizieren. Was Frankreich betrifft, so kann man in der Tat von einem "Straffrieden" sprechen. Gewöhnlich muss ein Staat, der einen Krieg ausgelöst - Deutschland hatte Belgien und Frankreich angegriffen - und verloren hat, mit der Vergeltung der Sieger rechnen. Die Deutschen empfanden die Strafe aber umso schlimmer, als sie auf die deutsche Regierungspropaganda sowohl zu Beginn (angeblicher Verteidigungskrieg) als auch am Ende des Krieges (Dolchstoßlüge) hereingefallen waren.

Wäre man 1914 wie 1918 ehrlich zum deutschen Volk gewesen, so wäre der Versailler Vertrag vermutlich nicht so hart empfunden worden, weder als unzumutbares Diktat noch als ungerechte Strafe. Vielmehr hätte auch das deutsche Volk in der Folgezeit die weitsichtige Politik der Weimarer Demokraten unterstützt, die sogleich nach der Konstituierung der Republik darangingen, die härtesten Bedingungen des Versailler Vertrages zu revidieren. Diese Revision des Vertrages auf dem Weg einvernehmlichen Konsenses war bis zum Beginn der 1930er Jahre in bedeutendem Umfange gelungen, als die Nazis die Regierungsgewalt erhielten und vollkommen unnötig den Konsens durch Konfrontation ersetzten.

Kurz: bei unvoreingenommenem Urteil war der Versailler Vertrag weder ein reiner "Diktatfrieden" noch ein ungerechter "Straffrieden", wenn auch ein Frieden mit harten Bedingungen, die aber nach und nach revidiert werden konnten. Dieser Friedensvertrag bot genügend Alternativen zu friedlichem Ausgleich und führte keinesfalls zwangsläufig zu einem neuen Krieg! Die Chancen, die der Versailler Vertrag bot, haben die Nazis gründlich vertan!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich arbeite als Historiker.
tanztrainer1  18.03.2024, 14:05

Damals wusste wahrscheinlich keiner, dass der Vertrag von Sèvres gegen das Osmanische Reich noch wesentlich härter war.

Es wissen leider bis heute nur wenige, dass es insgesamt fünf Friedensverträge gibt, für jeden der Verbündeten einen.

Außerdem wird im Artikel 231 gern überlesen, dass es dort heißt "und seine Verbündeten", wodurch immer wieder fälschlicherweise behauptet wird, dass man Deutschland die alleinige Schuld gegeben hätte.

2

Der Vertrag von Versailles hatte ja Vorbilder und er wurde durch den Dawes und später durch den Young-Plan abgemildert.

Brest-Litowsk: Frieden an Ostfront im 1. Weltkrieg

sueddeutsche.de/politik/ein-bild-und-seine-geschichte...

Russische Revolution. Deutsche Dichtung, russische Revolutionswahrheit. Die Reichsführung überschätzte ihre Rolle in der Oktoberrevolution 1917 maßlos. Später versuchte Berlin, den Bolschewismus...

Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wird unterzeichnet - WDR

www1.wdr.de/stichtag/stichtag7318.html

Am 3. März 1918 unterzeichnen Russland und die Mittelmächte den Friedensvertrag von Brest-Litowsk. Finnland, die baltischen Staaten, Polen und die Ukraine werden unabhängig, später auch...

Raubfrieden : DIE LINKE.

die-linke.de/start/detail/raubfrieden/

Die sowjetrussische Regierung wollte den Frieden nicht nur, sie brauchte ihn auch. Es galt, die Lage...

Friedensvertrag von Brest-Litowsk : Schandfrieden - Die Zeit

zeit.de/2018/07/friedensvertrag-von-brest-litowsk... Partner

1918 diktierte das Deutsche Reich Russland mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk einen Gewaltfrieden – und setzte seinen Eroberungszug im Osten unvermindert fort.

Nein.

Sie folgten dem eigenen Beispiel des deutschen Diktatfriedens gegen Frankreich. Da würde man sich also nur über Geister beschweren, die man selber gerufen hat und herumnölen, weil die einen selber heimsuchen.

Naja sie waren ja eig für den ersten Weltkrieg schuldig aber nicht allein. Österreich-Ungarn hat da auch mit gemacht aber sie mussten nichts bezahlen bzw. opfern sondern nur allein Deutschland bekam die Schuld. Von daher würde ich sagen sie allein waren nicht schuldig, zwar haben sie sich das verdient aber gegenüber zu Österreich-Ungarn schon unfair.

tanztrainer1  18.03.2024, 14:10

Dass Deutschland die alleinige Schuld gegeben wurde, stimmt eben nicht:

Artikel 231.

Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.

Erzähle also keine solchen Lügen!

0