Verdienen Hebammen wenig?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine angestellte Hebamme wird nach P8 bezahlt und steigt laut Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst direkt in Stufe 2 mit einem Grundgehalt von 3003,48 € + Zulagen für Arbeit an Sonn- und Feiertagen und Nachtdienst ein.

Da können Friseurin, Zahnarzthelferin, Restaurantfachfrau, Reisefachangestellte, Köchin, Rechtsanwaltsfachangestellte oder Verkäuferin nur von träumen.

In der Freiberuflichkeit lässt sich mit gutem Zeitmanagement deutlich mehr verdienen, man trägt aber das unternehmerische Risiko selbst.

Ob dies allerdings ein gerechtfertigtes Gehalt für die Verantwortung für Leben und Gesundheit von gleich zwei Menschenleben ist?

Alles Gute für dich!

EliteHighSchool 
Fragesteller
 03.04.2020, 00:38
Ob dies allerdings ein gerechtfertigtes Gehalt für die Verantwortung für Leben und Gesundheit von gleich zwei Menschenleben ist?

Was meinst du?

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isebise50  03.04.2020, 19:51
@EliteHighSchool

Das Einstiegsgehalt hört sich für so manche Ohren recht großzügig an - aber ob es der Verantwortung einer Hebamme wirklich gerecht wird?

Für einen Bruttostundenlohn von unter 20 € steht so mancher Handwerker erst gar nicht auf. Wenn der unaufmerksam ist oder etwas falsch macht, kommt in der Regel aber kein Mensch zu Schaden oder verliert gar sein Leben.

Nicht umsonst hören Hebammenschülerinnen schon in der Ausbildung seit Jahrzehnten den Satz: "Als Hebamme stehst du mit einem Bein im Gefängnis.".

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Das kommt mal wieder drauf an, auf dem Papier dieht die Sache anders aus als in der Realität. Viele Schwangere haben ernsthaft ein Problem eine Hebamme zu finden, man muss sich quasi darum kümmern sobald man weiß, dass man schwanger ist (also so im zweiten Monat, noch vor der ersten großen Untersuchung) sonst bekommt man in vielen Regionen keine mehr. Das wäre wohl anders ließe sich mit dem Beruf viel Geld verdienen.

Hebammen können entweder an Kliniken angestellt oder selbstständig sein.

Für freiberufliche Hebammen besteht das Problem, dass sie sich selbst versichern müssen. Bei einer Geburt kann einiges schiefgehen und die Hebamme muss unter Umständen für schwere Geburtsschäden haften. Daher stieg die Haftpflichtversicherung in den letzten Jahren rapide an und liegt jetzt bei über 8.000 Euro. Wer kann sich das schon leisten? Also haben viele Hebammen aufgehört Geburtshilfe zu leisten und bieten nur noch Kurse und Nachsorge an. Für einen Besuch bei einer frisch entbundenen Frau mit Kind bekommt die Hebamme den Pauschalbetrag von ich meine 38 Euro. Keine so berauschend geniale Bezahlung, wenn man ja noch Anfahrt und unklare Dauer des Aufenthaltes rechnen muss.

In den Krankenhäusern ist das Problem, dass Geburten sich nicht rechnen für die Betreiber. Daher werden viele Geburtskliniken bzw. -abteilungen geschlossen. Irgendwo muss man aber halt sein Kind zur Welt bringen, also kommen mehr Schwangere zu den verbleibenden Kliniken. Diese bauen aber deshalb nicht unbedingt Personal auf, ist teuer und rechnet sich wie gesagt nicht. Das heißt auf die vorhanden Hebammen kommen mehr Geburten, das bedeutet Überstunden und Belastung. Viele reduzieren dann auf Teilzeit was die Gesamtsituation natürlich nicht besser macht.

Insgesamt gibt es sicher schlechter bezahlte Jobs, aber reich wird man nicht als Hebamme.

isebise50  03.04.2020, 20:11
Das wäre wohl anders ließe sich mit dem Beruf viel Geld verdienen.

Die durchschnittliche Verweildauer einer Hebamme im Beruf beträgt weniger als 4 Jahre. Nicht aber wegen des Verdienstes (das weiß man ja vorher), sondern weil sie ausgebrannt sind.

Wer kann sich das schon leisten?

Die explodierenen Kosten der Berufshaftpflichtversicherung werden schon seit 2016 durch den sogenannten Sicherstellungszuschlag kompensiert.

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Nur ein kleiner Teil der Hebammen arbeitet überhaupt fest angestellt. Der weit größere Teil arbeitet freiberuflich und wohl am Existenzminimum. Schuld sind nach Angaben der Interessenvertretung die übermässigen Versicherungskosten.

isebise50  03.04.2020, 19:31

Die explodierenen Kosten der Berufshaftpflichtversicherung werden schon seit 2016 durch den sogenannten Sicherstellungszuschlag kompensiert.

Bei gutem Zeitmanagement verdient eine freiberufliche oder im Belegsystem tätige Hebamme deutlich mehr als das Existenzminimum. Nach Abzug aller Kosten auf jeden Fall besser, als eine angestellte Hebamme, trägt aber das unternehmerische Risiko selbst.

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Viele Hebammen arbeiten freiberuflich und werden pro Geburt bezahlt. Das Problem ist, dass sie sich selbst versichern müssen und diese Versicherung in den letzten Jahren sehr teuer geworden ist. Dadurch wird der Verdienst stark reduziert.

Eine freiberufliche Hebamme hat den riesigen Vorteil, dass Du sie schon vor der Geburt kennenlernst, sie beraten kann, zur Geburt mit ins Krankenhaus, ins Geburtshaus oder auch zur Hausgeburt kommt und sie auch noch die Nachsorge übernimmt. Während der Geburt ist sie dann wirklich nur für diese eine Geburt zuständig und tatsächlich da. Im Krankenhaus angestellte Hebammen müssen alle Geburten betreuen, die gerade laufen, was dazu führen kann, dass zwei Hebammen zwischen 6 Geburten permanent pendeln.

Für eine freiberufliche Hebamme muß man einen Anteil selbst zuzahlen, da das logischerweise teurer ist als das System der Klinik. Ich kann aber aus unseren Erfahrungen nur jedem, der das Geld aufbringen kann, dazu raten. Leider gibt es aufgrund der Versicherungsproblematik immer weniger freie Hebammen, die tatsächlich Geburten betreuen, weil man davon eben kaum noch leben kann.

isebise50  03.04.2020, 20:17

Die explodierenen Kosten der Berufshaftpflichtversicherung werden schon seit 2016 durch den sogenannten Sicherstellungszuschlag kompensiert.

Für eine freiberufliche Hebamme muß man einen Anteil selbst zuzahlen

In der Regel werden alle Hebammenleistungen von der Krankenkasse übernommen.

Allerdings müssen die werdenden Eltern die Kosten für eine Hebammenrufbereitschaft selbst tragen (wobei viele Krankenkassen einen Anteil übernehmen).

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spelman  03.04.2020, 21:10
@isebise50

Also wir mußten etwas zuzahlen, wobei ich nicht mehr aus dem Kopf weiß, wie viel das war. Und es war auch vor 2016.

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isebise50  03.04.2020, 21:20
@spelman

Wie gesagt; entweder Rufbereitschaft oder vielleicht „individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGel)?

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