Wieso kommt man überhaupt auf die Idee, sich „entscheiden“ zu müssen? Die Natur hat doch einen Weg vorgegeben.
Die Operation selbst ist beim Kaiserschnitt zwar schmerzlos bzw. schmerzarm - schließlich erfolgt der Eingriff ja in Voll- oder Teilnarkose. Das „böse Erwachen“ kommt hinterher.
Der Kaiserschnitt ist weltweit, nach Kataraktoperationen, der häufigste chirurgische Eingriff und gehört zu den schmerzintensivsten Operationen überhaupt.
Seit der Auswertung der QUIPS-Daten (Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie) ist bekannt, dass die Kaiserschnittentbindung als ausgesprochen schmerzhaft erlebt wird; so rangiert die Sectio caesarea auf Platz 9 von 179 chirurgischen Standardeingriffen mit einem medianen Schmerzscore (NRS) von 6,14 von 10 am ersten postoperativen Tag, unabhängig vom intraoperativen Anästhesieverfahren.
Eine postoperative Schmerzlinderung ist nur eingeschränkt möglich und nur mäßig effektiv.
https://www.ai-online.info/images/ai-ausgabe/2019/0708-2019/AI_07-08-2019_CME_Bremerich.pdf
Bei einer Spontangeburt hast du ein paar Stunden Schmerzen mit Pausen und sehr guten Möglichkeiten der Schmerzlinderung. Zudem bist du fit, wenn dein Kind dich braucht.
Beim Kaiserschnitt hast du über Tage bis hin zu Wochen ohne Pause Schmerzen und liegst zunächst platt und bist auf Hilfe angewiesen, wenn dein Kind dich braucht.
Auch wenn die modernen Techniken und der hohe Hygienestandard den Kaiserschnitt zu einem relativ problemlosen Routineeingriff hat werden lassen, gibt es Nachteile und Risiken gegenüber einer Spontangeburt:
Das Kind wählt seinen Geburtstag nicht selbst, kein Geburtserlebnis, Wund- und Narbenschmerzen nach der Operation (bis zur vollständigen Heilung vergehen rund sechs Wochen), rund einen Tag lang nicht aufstehen können, auf Hilfe angewiesen sein bei der Versorgung des Babys, Urin-Katheter und eventuell eine Drainage für die Narbe, längerer Klinikaufenthalt.
Es besteht ein höheres Risiko für eine Thrombose oder Embolien. Das häufigste Problem nach der Operation ist eine milde Darmträgheit, gelegentlich gibt es Probleme bei der Entleerung der Blase, eventuelle Blasenentzündungen müssen behandelt werden, nach einer Operation kann es zu Wundinfektionen kommen.
Eine weitere, seltene Gefahr ist ein möglicher hoher Blutverlust bis hin zur Gebärmutterentfernung, in seltenen Fällen werden während der Operation andere Organe wie die Blase oder der Darm verletzt, was eine weitere Operation nach sich ziehen würde.
Als mögliche Spätfolgen nach einem Kaiserschnitt sind wie nach jeder Operation die Risiken von Wucherungen und Verwachsungen gegeben, die zu ständigen Unterbauchschmerzen führen können.
Die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Kaiserschnittes, einer Plazenta praevia oder einer manuellen Plazentalösung in der nächsten Schwangerschaft ist höher.
Gelegentlich wird das Kind beim Kaiserschnitt verletzt und hat häufiger Atem- und Anpassungsstörungen. Kaiserschnitt-Kinder von Müttern mit bekannten Allergien haben ein siebenfach erhöhtes Risiko, ebenfalls eine Allergie zu haben.
Außerdem stärkt die natürliche Geburt das Immunsystem des Kindes, da der Darm des Babys, der bis zur Geburt keimfrei ist, dabei (im Gegensatz zum Kaiserschnitt) mit immunologisch wichtigen Bifidus- und Lactobazillen aus dem Geburtskanal der Mutter besiedelt wird.
Neue Studien belegen, dass Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt kamen, ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Typ 1 Diabetes haben als Kinder, die spontan entbunden wurden.
Aus ganzheitlicher Sicht wird vom Kaiserschnitt abgeraten, da man die Wehen als Vorbereitungsphase für den Eintritt ins Leben sieht.
Auch der psychologische Faktor einer natürlichen Geburt ist für eine Frau nicht zu unterschätzen. Seine eigenen Kräfte zu erkennen und sagen zu können "Das habe ich geschafft" ist unglaublich bereichernd.
Der Kaiserschnitt ist eine sehr gute Alternative für Notfälle unter der Geburt, wenn Gefahr für Mutter oder Kind besteht. Die WHO schätzt, dass dies in etwa 10 bis 15 Prozent der Schwangerschaften zutrifft und hält deshalb eine Kaiserschnittrate in dieser Höhe für vertretbar.
Anscheinend muss man Frauen nur lang genug einreden, dass sie nicht gebären können, denn in Deutschland schwankt die Kaiserschnittrate der einzelnen Kreise zwischen 17 und 51 Prozent (im Schnitt kommt also fast jedes dritte Kind per Kaiserschnitt auf die Welt).
Auch ist ein Wunschkaiserschnitt keine Kassenleistung und muss von der Frau privat bezahlt werden. In der Praxis "findet" aber fast jede Klinik eine "medizinische" Notwendigkeit (und damit die Abrechnungsmöglichkeit mit der Kasse), allein um die Patientin als Kundin zu binden, in dem Wissen: "Wenn wir es nicht machen, macht es die nächste Klinik".
Als Frau, Mutter und Hebamme kann ich nur nicht verstehen, warum Frauen sich freiwillig eine schmerzhafte, große Bauch-OP wünschen.
Ein Kaiserschnitt ist der Rettungsanker für den Notfall. Da er aber mit Risiken und negativen Folgen für Mutter, Kind und folgende Schwangerschaften einhergeht, ist unter normalen Umständen immer eine vaginale Geburt vorzuziehen.
Hätte ich nach (gemessen ab 3 cm Muttermundseröffnung) 19 Stunden Wehen (davon die letzten 5 Stunden Mm bis auf Saum vollständig), nicht tiefertretendem Kopf und diversen Tricks gemeinsam mit meiner Hebamme noch irgendeine Chance gesehen, diesen Geburtsstillstand noch umzubiegen und mein Kind auf natürlichem Wege zu gebären, hätte ich gerne auf den Kaiserschnitt verzichtet.
Alles Gute für dich!