Utilitarismus Jeremy Bentham?

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Wieviel Grundsätze gezählt werden, hängt auch davon ab, wie fein die Gedanken unterteilt werden.

Der von Jeremy Bentham begründete »klassische« Utilitarismus enthält eine Anzahl von Grundsätzen.

a) Folgenprinzip (Konsequentialismus): Die Beurteilung (gut oder schlecht) einer Handlung hängt von den Folgen (Konsequenzen) einer Handlung ab.

b) Nützlichkeitsprinzip: Die Folgen einer Handlungen werden nach ihrer Nützlichkeit beurteilt. Gut ist, was nützlich ist. Das Nützliche ist eine Zweck-Mittel-Beziehung (etwas ist für etwas nützlich) und bedarf zu einer inhaltlichen Bestimmung eines Kriteriums/eines Maßstabes. Inhaltlich aufgefüllt wird das Nützlichkeitsprinzip mit einer Theorie des Guten: Eine Handlung ist gut/richtig, wenn sie in der Gesamtbilanz das Glück fördert/vermehrt (die Tendenz dazu hat, also in diese Richtung geht) und schlecht/falsch, wenn sie in der Summe ihrer Folgen überwiegend Unglück hervorruft.

c) Eudaimonismus: Glück (griechisch: εὐδαιμονία [eudaimonia] = Glückseligkeit) ist das letztlich angestrebte Lebensziel. Bei Glück stellt sich die Frage, was unter Glück verstanden wird (Gücksbegriff). Ein bestimmtes Verständnis von Glück bietet das hedonistische Prinzip: Glück besteht in Empfindungen von Lust/Freude.

d) Hedonismus: Hedonismus (griechisch: ἡδονή [hedone] = Lust, Freude, Vergnügen, Genuß) bezeichnet in einer weiten Bedeutung jede Lehre und innere Einstellung, die Lust (bzw. Freude, Vergnügen, Angenehmes) als höchstes Ziel betrachtet. Lust (bzw. Freude, Vergnügen, Angenehmes) gilt als um ihrer selbst willen erstrebenswert. Bei Handlungen kommt es somit darauf an, welches Ausmaß an Lust/Freude oder Leid/Schmerz sie herbeifühen.

e) Universalismus/Universalität (ein Prinzip der Allgemeinheit): Alle Betroffenen sind zu berücksichtigen, das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl ist anzustreben. Es wird also ein Sozialprinzip vertreten, nicht nur eigensüchtig sich selbst zu berücksichtigen, sondern auch die Interessen anderer. Die Menschen sind grundsätzlich gleichberechtigt (ein Egalitätsprinzip; „Jeder zählt für einen und keiner mehr als für einen.").

Das hedonistische Kalkül besteht darin, für Handlungen eine quantitative Bilanz ihrer Folgen. unter den Gesichtspunkten von Lust/Freude und Leid/Schmerz zu berechnen. Dabei werden im »klassischen« Utilitarismus alle Betroffenen einbezogen und Lust/Freude positiv gerechnet (bei der Summe hinzugefügt/addiert) und Leid/Schmerz negativ gerechnet (bei der Summe abgezogen/subtrahiert). Von den Handlungsmöglichkeiten ist die Handlung richtig und damit gut, die beim Vergleich in der Summe ihrer Folgen den höchsten Wert ergibt. Das hedonistische Kalkül ist also eine Umsetzung der Grundsätze »klassischen« Utilitarismus in eine Beurteilung von Handlungsmöglichkeiten.

Als Kriterien/relevante Faktoren/Gesichtspunkte nennt Bentham bestimmte Umstände (circumstances) bzw. Elemente/Bestandteile (elements).

1) Intensität (intensity): Stärke/Grad/Eindringlichkeit der Empfindung von Lust/Freude oder Schmerz/Leid

2) Dauer (duration): zeitliche Erstreckung, in der die Empfindung besteht

3) Gewißheit/Ungewißheit (certainty/incertainty): Wahrscheinlichkeit/Unwahrscheinlichkeit des Eintretens der Folge

4) (zeitliche) Nähe/Ferne (propinquity/remoteness): Es geht darum, ob das Eintreten einer bestimmten Folge einer Handlung sofort, bald oder erst deutlich später erwartet wird.

5) Fruchtbarkeit/Erfolgsträchtigkeit/Folgenträchtigkeit (fecundity): Aussicht/Wahrscheinlichkeit, daß einer Handlung weitere Empfindungen der gleichen Art folgen, eine Handlung also über die direkten Folgen hinaus noch neue Lust/Freude bzw. Schmerz/Leid nach sich zieht

6) Reinheit (purity): Aussicht/Wahrscheinlichkeit, daß einer Handlung Empfindungen der entgegengesetzten Art folgen, ob also Lust/Freude durch Schmerz/Leid getrübt wird, die der Handlung - als mit ihr der Tendenz nach verbunden - nachfolgen

7) Ausmaß/Verbreitung/Wirkungsradius (extent): Anzahl der Betroffenen, auf die sich die Handlung erstreckt/die von ihr betroffen sind

Ein Beispiel könnte eine Entscheidung eine Gruppe über eine gemeinsame Freizeitunternehmung (z. B. ein Konzert oder eine Sportveranstaltung besuchen) sein. Zu den Alternativen wird für alle ein Zahlenwert angegeben, wieviel an Lust/Freude bzw. Schmerz/Leid dies für sie voraussichtlich ergibt, wobei außer den Leuten aus der Gruppe auch andere in Bezug darauf berücksichtigt werden, was die Entscheidung für wirtschaftliche, soziale, ökologische oder sonstige Auswirkungen haben könnte. Die Handlungsmöglichkeit, die in der Summe am besten abschneidet, wird gewählt.