Unterschied Arche und apeiron?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Im philosophischen Sprachgebrauch der Vorsokratiker haben die Wörter folgende Bedeutungen:

ἡ ἀρχή (he arche) = der Anfang, der Beginn, der Ursprung, der Grund, die Grundlage, das Prinzip

τὸ ἄπειρον (to apeiron) = das Unbegrenzte

Die Arche (ἀρχή) ist in der griechischen Sprache ein Substantiv zu dem Verb ἄρχειν (archein; 1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv: ἄρχω [archo]), dessen Grundbedeutung „Erster sein“ ist (was sowohl zu „anfangen“, „beginnen“ als auch zu „herrschen“ führt).

Das Apeiron ist in der griechischen Sprache ein Wort, das aus einer Verneinung - α - und πέρας (peras) = Grenze gebildet ist (eine andere Theorie nimmt eine Bildung aus einer Verneinung - α - und dem Verb περᾶν [peran; 1. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv: περάω (perao)], das „durchdringen“, „durchschreiten“ bedeutet, an, τὸ ἄπειρον [to apeiron] wäre dann das Undurchdringbare, das Undurchschreitbare). τὸ ἄπειρον (to apeiron) bedeutet „das Unbegrenzte“, in späterer Ontologie auch „das Unbestimmte“.

Die Fragmente der Vorsokratiker (FVS bzw. VS) werden gewöhnlich nach der Zählung in der Standardausgabe von Hermann Diels und Walther Kranz angegeben (DK = Diels/Kranz).

Eine genaue Deutung der Gedanken kann nicht für alle Vorsokratiker allgemein vorgenommen, sondern muß sich auf einen einzelnen Philosophen und eine Aussage in einem Satzzusammenhang beziehen.

Bei Xenophanes FVS DK 21 B 28 bedeutet ἐς ἄπειρον (es apeiron) „ins Unbegrenzte“, „ins Unendliche“, „ins Unermeßliche“.

Bei der Fragestellung geht es in der Hauptsache um Aussagen des Philosophen Anaximandros (griechisch: Ἀναξίμανδρος; lateinisch: Anaximander) im 6. Jahrhundert v. Chr., der die Arche (ἡ ἀρχή) als das Apeiron (τὸ ἄπειρον) bezeichnet hat (FVS DK 12 A 9).

begriffliche Unterscheidung:

Die Arche (ἡ ἀρχή) hat Anfang, Ursprung, Grund und Grundlage des Seins als Gesichtspunkt, es geht um die Frage: Woher und woraus ist alles?

Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) hat Unbegrenztheit (zumindest keine erreichbare und ermeßbare Grenze) und damit die Eigenschaft, alles zu umfassen, als Gesichtspunkt. Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) ist in der Welterklärung des Philosophen Anaximandros eine Antwort darauf, welche Beschaffenheit die Arche (ἡ ἀρχή) hat bzw. anders ausgedrückt, worin die Arche (ἡ ἀρχή) besteht.

Andere Vorsokratiker haben dazu eine andere Antwort gegeben. So hat Thales Wasser als ἀρχή angegeben, Anaximenes Luft. In diesen Fällen gibt es einen Urstoff mit bestimmter Stofflichkeit. Anaximandros dagegen nimmt keinen bestimmten Stoff als Grundlage an. Die Grundlage ist allgemeiner etwas, aus dem alle Dinge hervorgehen. Er setzt das Apeiron (τὸ ἄπειρον) mit keinem der sogenannten Elemente gleich.

Von Anaximandros ist in erhaltenen Texten nur ein einziger Satz zitiert (FVS DK 12 B1). Die Überlieferung zum Inhalt seiner Philosophie ist von der Deutung durch den Philosophen Aristoteles beeinflußt.

Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) ist nach dieser Überlieferung unentstanden/ungeworden, unvergänglich, nie alternd, unsterblich. Es wird als das Göttliche verstanden. Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) ist Ursprung und Element des Seienden/der seienden Dinge. Es ist weder Wasser noch sonst eines der sogenannten Elemente, sondern eine bestimmte andere Natur (φύσις [physis]), aus der alle Himmel und die Welten/Ordnungen entstehen. Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) umfaßt alles und steuert/lenkt alles.

Alles entsteht aus dem Apeiron und vergeht in es. Das Apeiron (τὸ ἄπειρον) hat die Fähigkeit, das Warme, das Kalte, das Trockene, das Feuchte und die anderen Gegensätze hervorzubringen.

Aus dem Unbegrenzten gehen durch Absonderung und Aussonderung begrenzte Welten hervor. Vielfältige Erscheinungen werden so auf einen einzigen und einheitlichen Ursprung zurückgeführt.

Es gibt eine Reihe von (einander nicht unbedingt ausschließenden) Auffassungen zum Apeiron bei Anaximandros:

  • unbegrenztes kosmisches Prinzip
  • Urstoff (stofflich, aber von keiner bestimmten Stofflichkeit), stoffliche Ursache allen Seins
  • unerschöpfliche Fülle, Quelle aller Dinge
  • zeitliche Unbegrenztheit
  • räumliche Unbegrenztheit bzw. unbegrenzte Ausdehnung
  • qualitative Unbestimmtheit (der Möglichkeit nach stecken alle Dinge in ihm)
NovemberAbend 
Fragesteller
 18.07.2019, 09:49

Puh... wann hast Du das geschrieben?

0
NovemberAbend 
Fragesteller
 19.07.2019, 13:35
@Albrecht

Darf ich fragen wie es kommt dass du so viel Zeit hast eine so ausführliche Antwort zu schreiben?

0
Albrecht  19.07.2019, 21:19
@NovemberAbend

Ich habe in der Zeit eine Frage beanwortet und nicht weitere Antworten geschrieben. Es war also sozusagen eine Konzentration der Kräfte.

0
NovemberAbend 
Fragesteller
 20.07.2019, 01:32
@Albrecht

Ja aber machst du das als Hobby oder hast du keine Arbeit? Verstehe mich nicht falsch weil ich habe mich über die Antwort gefreut.

0

"Das Apeiron (griech. άπειρον, das Unendlichedas Unbegrenzte) ist ein philosophischer Begriff, den der Vorsokratiker Anaximander (um 610–546 v. Chr) prägte. Das Apeiron, später von Nietzsche und anderen als das Grenzenlos-Unbestimmbare interpretiert, ist für ihn die Arché, der Ursprung, aus dem die Welt entstand: Anfang und Ursprung der seienden Dinge ist das Apeiron." (https://anthrowiki.at/Apeiron)

Arche, der Ursprung und die Grundlage unseres Seins entsteht auf die Frage, wo kommt das alles her, was ist die Ur-Beschaffenheit. Während viele eine Zuordnung in den Elementen beschreiben, so z.B. Thales, der das Wasser, das Flüssige (auch das Blut) als erstes Prinzip benannte,  Anaximenes die Luft, den Hauch (siehe Bibel: Gott HAUCHT dem Menschen Leben ein) weicht Anaximenes davon ab und wird sehr abstrakt, indem er das Apeiron, die Unendlichkeit als Fülle der Möglichkeiten, ins Sein zu treten als Voraussetzung allen Seins benennt.