Taktsystem und Bahnausbau der Schweiz?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Grundsatz: Die Bahn hat, von der gleichen verschissenen Ausgangslage in den 70ern, wie Deutschland, einiges richtiger gemacht.

Wunderbar aufgearbeitet von Gisela Hürlimann:

Microsoft Word - 20Preprint_vorne.doc (ethz.ch)

Mit der Einführung des Taktfahrplans 1982, und den geschickten Agieren im Waldsterben, konnte sich die SBB als umweltfreudliche Alternative zum Auto platzieren und die Politik zog mit. Zum Beispiel mit dem Halbtax Abo für 100 Franken und der verknüpfung mit allen Verkehrsträgern.

Der Erfolg gibt Recht.

Immerhin fahren heute auf den SBB (und nur auf den SBB), die lediglich 60% des Netzes besitzt, innerhalb einer Woche nehr Leute, als die Schweiz Einwohner hat!

Und: im Gegensatz zu Deutschland wurde das versprechen gehalten und die Takte verdichtet, die Fahrpläne aufeinander abgestimmt, die Pünktlichkeit und Verlässlichkeit gewährleistet, und die Billette vereinheitlicht: So kann ich heute in Obergösgen Schulhaus im Bus problemlos eine Fahrkarte nach Zuckenriet Dorf lösen. Und ich kann jedes Fahrzeug benützen, dass mich meinem Ziel näherbringt, egal ob Bus,IC, RB, S Bahn, Postauto.
Eine depperte Unterscheidung in FV und NV gibt es nicht.

Und ich kann auch abends mit den OeV zurück, wenn ich mit meinen Kollegen noch in einer Wirtschaft sitze. So sassen wir letzten Freitag bis um 23 Uhr im Minigolf in Frauenfeld und konnten noch gut nach Hause fahren, nach Obergösgen.

Oder ein krasses Beispiel: Vom Kleindorf im Mittelland zur kleinsten und höchstgelegenen Gemeinde im Alpenraum, die dauernd bewohnt ist, mit 23 Einwohnern:

Bild zum Beitrag

Natürlich kann man nicht jedes Bedürfnis abdecken und ist ist der OeV langsamer. Aber wenn ich die Staumeldungen sehe, dann reise ich einfach bequemer im OeV: Von Bern nach Olten schlafe ich gerne im Zug abends, und am Morgen sitze ich im Speisewagen und trinke meinen Kaffee. Früher von Zürich nach Weinfelden waren wir abends eine verschworene Gesellschaft im Speisewagen und man kannte sich. Wir machen heute, 15 Jahre später noch jährlich einen Pendlerstamm, wo wir uns treffen.

 - (Bahn, Zug, Schweiz)

Alles ist relativ - was nutzen die besten Taktsysteme, wenn sie nicht zum Verkehrsbedüfnis passen ...

Letztlich der Klassiker: Wenn ich in den Nachbarstadtteil will, aber immer erst durch die Innenstadt muss, ist es zwar schön, wenn ich dort sofort Anschluss habe, die Fahrzeit ist per saldo aber immer noch unattraktiv lang; der Takt ist also nur ein Baustein, aber nicht die universelle Lösung, ein attraktives Netz mit Tangential- und Ringlinien gehört dazu.

Und dann wäre da noch das leidige Preis-/Tarifproblem - da könnte es in Deutschland mit dem 49 €-Ticket ein Stück vorangehen, keine Ahnung, wie weit die Schweiz diesbezüglich ist.

Unser Taktsystem ist wirklich super. Die Schweiz ist ja klein, aber viele Reisen von Stadt zu Stadt dauern dennoch deutlich deutlich länger, für das,Dreieck Bern - Basel - Zürich trifft das zu. Unsere Züge sind recht pünktlich, auch dadurch dass bei Verspätungen kaum Anschlüsse abgewartet werden. In 30 Minuten fährt jader nächste Zug.

Dominik3432568 
Fragesteller
 21.12.2022, 10:39

Was macht eure Regierung eigentlich, dass eure öffentliche Verkehrsmittel so erfolgreich sind? Sie sind erfolgreicher als bei uns in Deutschland.

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Giovanni47  21.12.2022, 13:03
@Dominik3432568

In der Schweiz hat der ÖV seit jeher einen hohen Stellenwert. Sämtliche grossen Projekte wie Bahn 2000 und der Bau der neuen Alpentunnels sind durch Volksabstimmungen legitimiert.

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Das ÖV System der Schweiz ist schon super an den meisten Stellen. Nutze es jedoch fast nie da ich Beruflich aufs Auto angewiesen bin (fahre damit in die Stadt von der Aglo).

Fakt ist aber auch das man mit dem Auto oft Schneller ist wenn Punkt A und B nicht direkt im Zentrum liegen. Vorallem in Ländlichen gegenden gibts meisten zwar ÖV aber es ist halt umstänlicher. Vorallem wenn man zwischen 2 Kantonen unterwegs ist. Darum würde ich sagen das Auto ist die bequemere wahl.

Ich finde den ÖV in der Schweiz super, man erreicht innert kurzer zeit von Praktisch überall einen Hauptknotenpunkt in einer Stadt, von der aus man praktisch nach überall eine direkte Verbindung hat.

ich bin jedoch nicht vom Auto auf den Zug umgestiegen, zumindest nie vollständig. nach Möglichkeit nehme ich gerne Bus oder Bahn, aber besonders unter der Woche erreicht man später am Abend kleinere Dörfer nur noch sehr schwierig und mit viel Wartezeit (zum Teil fahren die letzten Busverbindungen um 21:00)