Stockholmsyndrom bei Tieren?

Das Ergebnis basiert auf 9 Abstimmungen

Nein 44%
Ja 33%
Ich bin mir nicht sicher 11%
Andere Antwort 11%

4 Antworten

Ja

Bestimmt. Denn so eine Täter-Opfer-Bindung gibt es auch innerhalb von Familien (Rudeln).

"Kinder, die misshandelt werden, entwickeln Strategien um die Eltern zu beruhigen. Sie versorgen, kümmern sich, bringen ein Glas Wasser, die Kopfschmerztabletten, das Bier. Sie versuchen, so der Gewalt zu entgehen. Die Rollenumkehr, in deren Rahmen das Kind die unbewussten Versorgungswünsche des Täters befriedigt, kann sich zu einem stabilen inneren Bindungsmuster organisieren."

"Die natürliche Schutzbedürftigkeit des Kindes kollidiert mit der Wahrnehmung, dass derselbe Erwachsene, von dem diese Schutzfunktion erwartet wird, zugleich die Quelle der Bedrohung und der Angst ist. Das führt zu dem scheinbar widersprüchlichen Verhalten, dass in einer für das Kind ausweglosen Situation, etwa der Misshandlung durch ein Elternteil, bei demjenigen Zuflucht und Schutz gesucht wird, der zugleich die misshandelnde und bedrohende Person ist."

"Kinder verhalten sich auch widersprüchlich-anhänglich, wenn der ständige Wechsel von feinfühligem und abweisendem Verhalten dazu führt, dass das Bindungssystem des Kindes ständig aktiviert sein muss. Es kann schwer einschätzen, wie die Bindungsperson in einer bestimmten Situation handeln oder reagieren wird. Das Kind ist somit permanent damit beschäftigt, herauszufinden, in welcher Stimmung sich die Bindungsperson gerade befindet, was sie will und was sie braucht, damit es sich entsprechend anpassen kann. Dies führt zu einer Einschränkung des Neugier- und Erkundungsverhaltens des Kindes. Die Kinder können keine positive Erwartungshaltung aufbauen, weil die Bindungsperson häufig nicht verfügbar ist – meist auch dann nicht, wenn sie in der Nähe ist."

"Kinder, die massiver Gewalt ausgesetzt waren, entwickeln oft eine intensive Bindung zu ihren Misshandlern. Die traumatische Bindung beschreibt die enge Beziehung zwischen zwei Menschen in unterschiedlichen Machtpositionen, wobei die eine Person die andere Person immer wieder belästigt, schlägt, bedroht oder missbraucht. Diese Bindung erweist sich als besonders stabil. … Die Bindung entsteht in dem Moment, in dem die Gewalt nachlässt."

"Traumatische Erfahrungen in der Kindheit – wie in einer repressiven und autoritären Erziehungsstruktur oder einem seelisch manipulativen, durch Liebesentzug geprägten erzieherischem Missbrauch – führen zur Identifikation mit dem Aggressor als Abwehrmechanismus zur Verleugnung der unerträglichen Realität. Ohne bewusstes Wissen und oft gegen den bewussten Willen werden Persönlichkeitseigenschaften, Werte und Verhaltensweisen des Aggressors übernommen."

Woher ich das weiß:Recherche
Ja

Das hast du absolut richtig erkannt. Natürlich wollen die meisten Tierhalter hier das nicht eingestehen. Die möchten an der Illusion festhalten, ein Tier das von einem dominiert und eingesperrt wird, würde einen tatsächlich aufrichtig dafür lieben. Das ist eine absolut psychotische Vorstellung. Kein Tier würde sich jemals freiwillig und aus eigenen Stücken von einem Menschen einsperren und dominieren lassen. Das geht nur, wenn sie unter Zwang dazu manipuliert werden. Manche entwickeln ein Stockholmsyndrom und machen irgendwann mit, andere rebellieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein Leben lang gegen ihre Gefängniswerter. Die wundern sich dann, warum das Tier von dem sie erwarten, dass es sie gefälligst liebhaben soll, dauert kratzt und beißt.

da zum Beispiel Hunde ihr Herrchen ja als Rudelmitglied und nicht als Besitzer sehen 

Hunde wissen ganz genau, dass wir als Menschen keine Artgenossen sind, dementsprechend bilden sie mit uns auch kein Rudel.

Hunde sind allerdings grundsätzlich soziale Tiere. So wird der ein oder andere durchaus eine positive emotionale Bindung zu seinem Halter aufbauen, auch wenn dieser z.B. Gewalt gegen ihn ausübt, und Beschwichtigungsverhalten zeigen, anhänglicher werden und bei diesem „Trost“ suchen.

Das kann man durchaus mit dem Stockholm-Syndrom vergleichen.

Wichtig bei deiner Frage wäre, was du unter „Gefangenschaft“ verstehst?

Wird ein Hund im Zwinger gehalten und von jeglicher sozialen Gesellschaft ausgeschlossen, so wird auch dieser sich höchstwahrscheinlich tierisch freuen, wenn der Halter dann mal vorbeikommt und ihm Zuneigung schenkt.

Bei weniger sozialen Tieren würde das alles aber wieder anders aussehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Hundehalterin
Andere Antwort

Grundsätzlich wäre das Definitionssache, allerdings sicher nicht in dem von dir beschriebenen Beispiel.

Ein Tier kann seinen Halter aus sehr vielen Gründen mögen. Wenn es jedoch (schwer) misshandelt wird und trotzdem freiwillig bei ihm bleibt sind wir jedoch durchaus bei ähnlichen Verhaltensmustern.

Stockholm-Syndrom ist ja keine psychische Krankheit, es ist eine Überlebensstrategie. Und eine relativ erfolgreiche noch dazu wenn man sich unsere Geschichte mal so anschaut.