Sterbehilfe pro oder contra?

4 Antworten

Also ich spreche jetzt für meine Familie:

Meine Schwiegermutter erkrankte vor einigen Jahren. Die Krankheit kam schleichend aber sehr bestimmt. Zuerst hatte sie Schwindelanfälle, danach Gedächtnisschwund. Es stellte sich heraus, dass sie unter dem Sjörgen Syndrom leidet. Eine Krankheit die nicht sehr verbreitet und wenig erforscht ist.

Es ist wie Demenz gepaart mit körperlicher Einschränkung. Und genau das war das Schlimme. Manche Menschen sind dement aber körperlich aktiv andere sind körperlich nicht aktiv aber geistig voll da. Bei meiner Schwiegermutter hat beides zugeschlagen. Sie war binnen weniger Monate eine 'lebendige Leiche'.

Das war extrem schlimm anzusehen und auch mitzuerleben.

'Jeder Hund wird erschossen, wenn es ihm so schlecht geht!'

Aber sie musste volle 4 Jahre unter dieser Krankheit leiden. Ans Bett gefesselt, in Windeln gepackt, gefüttert werden, nicht sprechen können...

Mein Mann und ich haben in dieser Zeit beschlossen, falls es einen von uns später trifft, dann wird der eine den anderen in die Schweiz bringen, wo aktive Sterbehilfe möglich und erlaubt ist um diesem Leiden ein Ende zu setzen!

Contra: der sterbende könnte es bereuen die Entscheidung getroffen zu haben oder nicht klar im Kopf in dem Moment gewesen sein und sich für so etwas großes zu entscheiden sollte nicht legalisiert werden.

Weil kranke Menschen eben nicht gesund Entscheiden können

pro: gibt es meiner Meinung nach keine.



MrMaxgo  11.02.2020, 01:16

Rezitierst du gerade Jens Spahn? 😂

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MrMaxgo  11.02.2020, 01:23
@Ertabet

Jens Spahn ist der Gesundheitsminister und der entscheidet das. Das wäre wahrscheinlich seine Argumentation gewesen.

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caged  11.02.2020, 16:54
der sterbende könnte es bereuen die Entscheidung getroffen zu haben

genau dafür brauchen wir Sterbehilfe. Humanere Methoden = weniger Überlebensrisko = weniger Reue.

nicht klar im Kopf in dem Moment gewesen sein 

was wenn es andersrum ist? Was wenn völlig zurecht abgewägt wird, ob bis zum Tod gelitten werden soll oder man in Würde abtritt? Was wenn es viel kranker ist, Menschen die einen Todeswunsch äußern in ihr leidvolles Dasein zu zwingen? Das Risiko, jemanden ins eigene Leid zu sperren, muss doch viel dringender vermieden werden, weil dieses Leid erlebt wird im Gegensatz zum Leid eines womöglich zu früh Erlösten.

sich für so etwas großes zu entscheiden sollte nicht legalisiert werden.

warum soll es dann legal sein, nicht bloß für sich selbst, sondern sogar für andere entscheiden zu dürfen, ob deren Leben beginnt? Das ist doch eine noch viel größere Entscheidung und letztlich bestimmt sie auch, dass dieser Mensch eines Tages sterben wird. Warum findest du es fair, dass deine Eltern entscheiden dürfen, dass du stirbst, während du nichtmal entscheiden darfst wann?

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randomhuman  11.02.2020, 22:31

Wie kann ein Sterbender diese Entscheidung bereuen? Die Person ist danach tot. Dann spürst du nichts mehr.

Und im Falle einer kontrollierten Sterbehilfe braucht es auch einige Gutachten und psychologische Hilfe.

Es werden ja keine ad hoc Entscheidungen getroffen und das Sterbemittel wird auch nicht frei verfügbar in der Apotheke rumliegen. Das ist ein kontrollierter Prozess.

Pro: bspw. ein Mensch der nach einem Schlaganfall nichts mehr bewegen kann außer den Kopf hat die Möglichkeit selbstbestimmt ein humanes Ende zu finden ohne noch jahrelang irgendwie vor sich hin zu siechen. Die Person entscheidet es von alleine und ich finde bei trifftigen Gründen hat der Mensch jedes Recht dazu in Würde zu gehen.

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"Ein aussichtslos schwerstkranker Mensch, der frei verantwortlich zu entscheiden und zu handeln in der Lage ist, der maximale Zuwendung sowie ärztliche und pflegerische Versorgung erfährt, der über alle palliativmedizinischen Möglichkeiten informiert ist – und dennoch weiter leidet, sollte die Möglichkeit haben, auf seinen klar und nachhaltig geäußerten Wunsch hin mit ärztlicher Hilfe aus dem Leben zu scheiden. Denn wem, bitte, steht das Recht zu, darüber zu befinden, was ein Mensch ertragen muss, wenn nicht dem betreffenden Menschen selbst?"

(Dr. Michael De Ridder - 15 Jahre Notarzt, 30 Jahre Internist, 6 Jahre davon Intensivstation, gründete das erste Vivantes-Hospiz)).

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir mit der Patientenverfügung und der Palliativmwdizin sehr gute Instrumente haben, das Sterben für einen Schwerkranken gut zu gestalten.

Wer aktiv aus dem Leben scheiden möchte, kann das im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte tun.

majaohnewilli  11.02.2020, 01:55

Eine Patientenverfügung besagt aber nur, dass man keine lebensverlängernden Maßnahmen möchte.

Einem dahinsiechenden Menschen der sich nicht bewegen kann, bringt das nichts und der kann sich auch nicht mehr aus eigenen Kräften das Leben nehmen!

Obwohl ich auch so einen Fall kenne! Ich war viele Jahre lang in einem sozialen Verein tätig der Heimbetreuung ermöglichte. Und wir hatten einen Fall wo eine Pflegekraft die Windeln einer schwerst pflegebedürftigen Frau wechselte. Die Frau war körperlich zu 100 Prozent eingeschränkt und so dachte sich die Pflegekraft nichts dabei, die schmutzige Windel abzunehmen und die Frau für wenige Sekunden aus den Augen zu lassen um die Windel wegzuschmeißen bevor sie eine neue Windel anlegte.

Das war fachlich nicht korrekt denn natürlich hätte die Pflegefachkraft das Gitter zum Bett wieder hochziehen müssen bevor sie sich umgewandt hat um die Windel wegzuschmeißen.

Sie hat es nicht gemacht und das war ihr Verhängnis! Die Patientin sah offenbar ihre Chance und stürzte sich in den Tod! Obwohl körperlich völlig unbeweglich schaffte sie es, sich in den wenigen Augenblicken über den Bettrand hinweg zu rollen, aus dem Bett zu stürzen und zu versterben.

Natürlich haben die Verwandten unsere Einrichtung verklagt und die Schuld an der Pflegerin gesucht, die die Windel gewechselt hat .... Sicher hätte die Frau noch das eine oder andere Monat leben könne!

Aber SIE wollte das gar nicht! Meiner Meinung nach hat hier eine völlig todeskranke und lebensunwillige Frau die Flucht nach vorne gewagt und sich absichtlich aus dem Bett gerollt (was ihr niemand mehr zugetraut hätte, rein körperlich). Aber die Pflegekraft, die kurz nicht aufgepasst hat, wird als Schuldige dargestellt und wie eine Mörderin behandelt....

Wäre es nicht besser, wenn wir unsere Alten anhören und es einfach akzeptieren, wenn sie sagen, es ist jetzt für sie so weit dass sie gehen wollen...?

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michi57319  11.02.2020, 09:42
@majaohnewilli

Du hast dich offensichtlich noch nicht mit dem Thema beschäftigt.

Mein Vater erlitt im Mai 2017 eine Hirnblutung und ist dank Patientenverfügung vier Tage später verstorben. Hätte er diese nicht gehabt, hätten die Ärzte ihn am Leben erhalten müssen. Zu Lebzeiten hatte mein Vater festgelegt, welche Maßnahmen ergriffen werden dürfen und welche nicht. Ich bin seinem Beispiel gefolgt und habe seit 1,5 Jahren selbst eine Patientenverfügung.

So gewährt die Verfügung, je nach Ausgestaltung, einen raschen Tod.

Der von dir geschilderte Fall zeigt nur, wie "körperlich stark eingeschränkt" von Ärzten und Pflegepersonal definiert wird und nicht, zu was schwerstkranke Menschen noch in der Lage sind.

Ich kenne auch einen Fall, in dem die 80-jährige Nachbarin nicht mehr leben wollte, die Nahrungsaufnahme eingestellt hat und kurz darauf verstarb.

Der Wille zählt, selbstverständlich. Aber es ist von Nöten, diesen beizeiten auch zu erklären, damit es genau nicht zu solch dramatischen Fällen kommen muss, wie von dir geschildert.

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majaohnewilli  11.02.2020, 21:11
@michi57319

Richtig, in der Patientenverfügung kannst du festlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen und dürfen.

Es gibt aber auch Fälle, in denen der Mensch keine Maßnahmen benötigt um zu überleben. Er aber trotzdem einen langen und qualvollen Lebensabend vor sich hat.

Wie die oben beschriebene pflegebedürftige Frau oder auch meine SchwiMu, die 4 Jahre lang ein schwerer Pflegefall war, nur dahinsiechte. Gefüttert und gewickelt werden musste, nicht mehr am Leben teilnehmen konnte aber keine Lebenserhaltenden Maßnahmen benötigt hat um zu leben.

In diesen Fällen gibt es keine Maßnahmen die man einstellen kann um ein rascheres Ende herbeizuführen! Auf der anderen Seite: Jeder Hund wird erschossen, wenn die Qualen zu groß und kein Ende in Sicht ist. Und DARUM geht es, nicht ob man medizinisch eingreifen soll um das Leben zu verlängern, sondern ob man medizinisch eingreifen darf, um das Leben und das damit verbundene Leiden zu verkürzen!

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