Sind bei Widerruf Stornokosten erlaubt?

5 Antworten

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Für online erstandene Gutscheine gilt grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Das gilt auch dann, wenn der Gutschein digital zur Verfügung gestellt wurde, also per E-Mail zugeschickt. Manche Verkäufer reden sich da heraus, dass es für digitale Produkte andere Regeln gibt. Aber der EGH hat klar festgelegt, dass auch digital hergestellte Gutscheine Waren im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie sind und daher im Rahmen des Widerrufsrechts als solche behandelt werden müssen. Grundlage dafür sind die §§312b fff BGB.

Wichtig: Es kommt darauf an, was in Deinem Einschreiben steht. Wenn Du da geschrieben hast, dass Du den Auftrag stornierst, dann ist das kein Widerruf. Also noch einmal schauen, was da steht.

Wenn Du ordnungsgemäß widerrufen hast, hast Du zwei Möglichkeiten: Entweder erst einmal ignorieren und warten, ob noch was passiert. Oder mit Hinweis auf die og. Paragrafen dem Menschen sagen, dass die Ware ordnungsgemäß widerrufen wurde und Du nichts zahlst – und dann alles weiter ignorieren. Außer natürlich, es kommt ein Mahnbescheid, diesem dann widersprechen.

"Bitte überweisen Sie 50 % der Stornokosten in Höhe von EUR 137,23 auf das Ihnen bekannte Konto bis zum 04.09.2019. "

Einmal abgesehen davon das die Ausdrucksweise insgesamt unüblich ist, ist für mich auch nicht nachvollziehbar, was sie ausdrücken soll.

Bitte überweisen Sie 50 % der Stornokosten in Höhe von EUR 137,23.......
  • Sind 137,23 EUR 50% von insgesamt 274,46 EUR (100%) Storno-Kosten?
  • Sollst du von 137,23 EUR Storno-Kosten die Hälfte (50%) bezahlen?

Wie viel Zeit liegt zwischen der Stornierung und dem gebuchten Foto-Shooting?

Bezahlt wurde bis jetzt noch nichts?

Was steht zum Thema Stornierung in den AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) des Anbieters.

Muss ich die Stornokosten bezahlen?

Kannst du bitte mal den Link zum Onlineangebot nennen?

Wenn nicht, muss ich überhaupt auf diese Mail reagieren?

Wenn die Forderung unzulässig ist, solltest du widersprechen.

Fakt ist:

Der Anbieter kann nur etwas in Rechnung stellen, wofür er entweder eine Gegenleistung erbracht hat, bzw. wenn er einen finanziellen Schaden erlitten hat, z.B. weil die Stornierung zu kurz war um eventuell einen anderen Kunden finden zu können.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
enhobeid 
Fragesteller
 02.09.2019, 23:02

137,23 € sind 50% des Gutscheinpreis. Der Gutschein kostet 274,45 €.

Wir haben kein Fotoshooting gebucht. Wir haben nur den Gutschein bestellt. Einen Termin für ein Shooting muss man separat machen. Den Gutschein kann man dann irgendwo in Deutschland einlösen. Somit ist der Gutschein nicht an ein Termin gebunden, Man muss ihn anscheinend innerhalb von 3 Monaten einlösen, dann verfällt er.

Zwischen Bestellung (25.) und Widerruf (28.) liegen 3 Tage.

Es wurde noch nix bezahlt.

Unter https://www.irisshot.de/j/shop/terms steht:

"§18 Widerrufsbelehrung

Nach dem Zustandekommen des Vertragsabschlusses ist eine Stornierung innerhalb von 14 Tagen - mit einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 50 % - möglich. 

Es handelt sich hier um einen Aktionsgutschein. 

Nach Eingang der Bestellung ist eine Stornierung nicht mehr möglich, da automatisch der Fotograf gebucht wird. 

Es handelt sich um Kundenspezifikationen und persönliche Bedürfnisse des Kunden, sodass ein Widerruf / eine Stornierung mit Vertragsausführung automatisch erlischt. Ferner handelt es sich um Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dies gilt auch für digitale Bilddatei. Sobald die digitale Bilddatei abgesendet wurde, ist ein Widerruf / Rücktritt nicht mehr möglich. 

Dies gilt auch um einen Kauf während einer Aktion."

Da wir aber keinen Termin bekommen haben oder gebucht haben verstehe ich diesen Teil der AGB nicht.

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heurekaforyou  03.09.2019, 01:44
@enhobeid

Für einen Vertragsschluss ist unerheblich, ob die Willenserklärungen wirksam sind. Ein Vertragsschluss kann auch durch unwirksame Willenserklärungen herbeigeführt werden. Ein Vertrag ist geschlossen, wenn alle Merkmale des Vertrags vorliegen. Dies sind die übereinstimmenden Willenserklärungen

(Angebot und Annahme).

§ 8 Lieferzeiten:

8.1 Alle genannten Liefertermine sind unverbindlich und gelten als nur annähernd vereinbart, soweit sie nicht von uns ausdrücklich als verbindlich bezeichnet worden sind. Bei unverbindlichen Lieferterminen gilt eine Lieferung innerhalb 28 Werktage nach der angegebenen Lieferzeit auf jeden Fall noch als rechtzeitig.

§ 9 Der Versand

9.1 Der Versand erfolgt auf Rechnung des Käufers. Die Gefahr geht mit der Verladung der Ware auf ihn über, auch wenn frachtfreie Lieferung vereinbart ist und/oder der Versand mit unseren eigenen Fahrzeugen erfolgt. Wir sind nicht verpflichtet, für eine Transportversicherung zu sorgen.

§10 Zahlung/ Zahlungsbedingungen

10.1 Rechnungen sind sofort Tagen ab Rechnungsdatum ohne Abzug zu zahlen.

10.2 Der Käufer kommt auch ohne eine Mahnung unsererseits in Verzug, wenn er den Kaufpreis nicht innerhalb von 2 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung zahlt.

§11 Gewährleistung/Haftung

11.3 Wir sind nicht zur Gewährleistung verpflichtet, wenn der Käufer einen offensichtlichen Mangel nicht rechtzeitig schriftlich gerügt hat. Soweit ein von uns zu vertretender Mangel an der Ware vorliegt und von dem Käufer rechtzeitig schriftlich gerügt wurde, sind wir - unter Ausschluss der Rechte des Käufers von dem Vertrag zurückzutreten oder den Kaufpreis herabzusetzen - zur Nacherfüllung verpflichtet, es sei denn, dass wir aufgrund der gesetzlichen Regelung zur Verweigerung der Nacherfüllung berechtigt sind. Der Käufer hat uns für jeden einzelnen Mangel eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu gewähren.

11.11 Der Käufer trägt die Kosten für die Übersendung der defekten Ware an den Händler. Sofern eine Reparatur nur durch Dritte vorgenommen werden können, sind die Kosten ebenfalls vom Käufer zu tragen.

§17 Gerichtsstand und anzuwendendes Recht

17.2 Der Käufer ist nicht berechtigt, Ansprüche aus dem Kaufvertrag ohne Einwilligung des Verkäufers abzutreten.

§18 Widerrufsbelehrung

Nach dem Zustandekommen des Vertragsabschlusses ist eine Stornierung innerhalb von 14 Tagen - mit einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 50 % - möglich.

§19 Gutscheinkauf

19.1 der Gutschein ist grundsätzlich innerhalb der angegebenen Frist gültig und gilt ab dem Tag, in dem der Gutschein ausgestellt wurde (§§195, 199 BGB). Nach Ablauf der Frist verliert der Gutschein den Warenwert und kann nicht mehr eingelöst werden. Es sei denn, es wurde eine anderweitige Vereinbarung getroffen.

Mein persönliche Meinung:

Nach meinem Rechtsverständnis sind hier eine Reihe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig.

Ich denke sogar abmahnfähig.

Ich bin kein Jurist. Glaube aber, dass aufgrund dieser Bestimmungen der gesamte Vertrag nichtig ist.

Gut zu wissen:

Da der Verkäufer die ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, kann er sich im Nachhinein nicht mehr auf die Bestimmungen beim "Aktionsgutschein" berufen.

Da sich das Widerrufsrecht in der Widerrufsbelehrung ebenfalls auf 14 Tage bezieht, kannst du als Verbraucher durchaus davon ausgehen, dass es sich um das gesetzliche Widerrufsrecht handelt.

§ 195 BGB regelt die Gültigkeit von Gutscheinen. Diese beträgt 3 Jahre.

Der Verkäufer macht keine Angaben darüber, wann das Widerrufsrecht beginnt.Nach Vertragsschluss oder nach Erhalt des Gutscheins.

Der Verkäufer klärt nicht über die Folgen des Widerspruchs auf.

Eine pauschale Bearbeitungsgebühr von 50 % des Kaufpreises halte ich ebenfalls für unzulässig.

Ich würde mich zunächst an eine Verbraucherzentrale wenden.

Bin mir aber sicher, dass der Verkäufer auf seine Forderung verzichtet, wenn du du ihn über dein Vorhaben, dich rechtlich beraten zu lassen informierst.

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Klare Aussage: "es kommt darauf an"

Zuerst ist entscheidend, ob überhaupt ein gültiger Vertrag geschlossen wurde und zu welchen Bedingungen.

Dann bleibt zu entscheiden, ob überhaupt ein Widerruf möglich ist und unter welchen Voraussetzungen.

Ohne weitere Details kann diese Frage nicht beantwortet werden.

Meine Rechtsauffassung und -erfahrung sagt aber:
Beim Widerruf sind die gezogenen Leistungen zurückzugewähren. Hier sind noch keine Leistungen gezogen, dem Fotografen aber vielleicht Vorbereitungskosten entstanden. Dass diese bei 50% des Auftragswertes liegen wage ich jedoch zu bezweifeln.

Du solltest Dich informieren und mit ihm einigen. Wenn Du nicht reagierst, wird er u.U. Schadensersatz fordern.

enhobeid 
Fragesteller
 02.09.2019, 22:17

Ist nicht schon ein Vertrag zustande gekommen sobald ich die Bestellung abgeschickt habe? Der Verkäufer hat auf seiner Seite auf die AGB hingewiesen. In der Bestellbestätigung habe ich keine Widerrufsbelehrung bekommen.

Wann ist denn ein Widerruf nicht möglich?

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Esskah  02.09.2019, 22:30
@enhobeid

Die Widerrufsbelehrung muss Dir zugehen. Die Frist beginnt erst mit Zusendung der Belehrung. Das bedeutet: keine Belehrung - keine (verstrichene) Frist.

Nur auf die AGB hinzuweisen reicht nicht. Die AGB müssen auch gelten bzw. gültig sein, bzw. unterliegen der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB, hier § 309 Nr. 5 BGB. Es gibt diverse Rechtssprechungen, die ich aus dem Baugewerbe kenne. Da waren 10% als zulässig, 18% jedoch als überhöht angesehen. Daher kommen mir 50% bei einem Shootig utopisch vor.

Es ist hier wirklich schwer zu beantworten, weil es auf den Einzelfall ankommt. Es gilt hier das Widerrufsrecht von der Kündigung zu unterscheiden und vielleicht verwechselt das der Anbieter.

Bei der Kündigung wärt ihr zur Zahlung verpflichtet, wobei der Anbieter sich anrechnen lassen muss, was er wegen des nicht zustandekommenden Auftrags einspart. Beim Widerrufsrecht sieht das wieder anders aus.

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Hi,

du solltest diese Sache einen Anwalt deines Vertrauens übergeben, weil hier durch deine Angaben die Rechtslage nicht geklärt werden kann.

Esskah  02.09.2019, 23:09

Hey herja, die Rechtslage lässt sich (leider) sehr deutlich klären, seit der FS den Link gepostet hat :-|

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"Fotoshooting-Aktionsgutschein online bestellt per Vorkasse. Kurz danach haben wir uns umentschieden"

hier fällt mir noch etwas auf:

Was ist "kurz danach"? Im Fernabsatz gilt ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Du solltest nochmals die Bedingungen auf der Webseite lesen!

enhobeid 
Fragesteller
 02.09.2019, 22:20

Kurz danach = wir haben Sonntag (25.) bestellt und den Mittwoch danach (28.) widerrufen. Wir haben keine Widerrufsbelehrung erhalten.

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Esskah  02.09.2019, 22:32
@enhobeid

dafür dürfen m.E. keine Stornogebühren anfallen. Bitte mal den Link zum Angebot

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Esskah  02.09.2019, 23:08
@enhobeid

kurze Prüfung:

§18 Widerrufsbelehrung
Nach dem Zustandekommen des Vertragsabschlusses ist eine Stornierung innerhalb von 14 Tagen - mit einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 50 % - möglich.

da steht tatsächlich so etwas, aber:

§ 312d BGB besagt:
Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ... ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher ... zu informieren
>> das ist offenbar nicht erfolgt

§ 312e BGB besagt:
Der Unternehmer kann von dem Verbraucher ... sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend den Anforderungen aus § 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat.
>> das ist offenbar nicht erfolgt

§ 312f BGB besagt:
ich spare ein Zitat, der § verlangt das Vertragsdokument in Papierform
>> nach Deinen Angaben offenbar nicht erfolgt

damit braucht man gar nicht weiter zu machen, denn nach meiner Rechtsauffassung ist somit nicht einmal ein Vertrag zustande gekommen und es können folglich keine Kosten verlangt werden. Ich würde mich in diesem Fall über eine Klage freuen

Auch beim Verbraucherschutz ist dieser Anbieter kein unbekannter:
https://verbraucherschutz.de/wer-hat-erfahrung-mit-gutscheinen-von-irisshot-de/

Darüber hinaus ist mir aufgefallen:

  • das Impressum ist nicht rechtssicher und abmahnfähig
  • ich zweifle an, dass die AGB in ihrer Form gültig sind, da sie den Verbraucher zu stark in seinen Rechten einschränken
  • die Datenschutzerklärung strotzt vor Fehlern und ist ebenfalls nicht rechtssicher und damit abmahnfähig
  • für die Cookie-Richtlinie gilt das gleiche

suche Dir einen Rechtsbeistand und gib ihm Saures! Beeile Dich, der wird sicher bald Insolvenz anmelden, dann ist das Geld futsch.

Viel Erfolg!

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