Selbstdarstellung Niklas Luhmann?

3 Antworten

Das würde ich so verstehen: Wir versuchen, vor anderen gut dazustehen. Das tun wir, indem wir etwas nonverbal (Kleidung, Mimik, Gesten, Körperspannung etc.) und verbal kommunizieren. Durch diese Handlungen beeinflussen wir unbewusst unseren tatsächlichen Charakter. Also, wenn ich mich immer selbstischer gebe, das quasi vorspiele, werde ich nach und nach immer selbstsicherer. Alleine geht das nicht, also wenn ich es mir selbst vorspiele, ist immer noch mein Selbstzweifel vorhanden, spiele ich es einem anderen vor, bekomme Feedback von dem (Kommunikation), ändert sich auch bei mir etwas.

Wenn man sich bspw. für jemandem einsetzt, der schwächer oder ängstlicher ist, wird man selbst sicherer und behält diese Sicherheit auch in anderen Situationen, wenn das halt öfter vorkommt.

Man kann als Charakter nur in Kommunikation mit anderen reifen, also durch Feedback, aber auch durch die Herausforderung, auf andere einzugehen. Andere bringen immer einen anderen Blickwinkel ein als man alleine hätte. Ohne dieses Feedback fehlt etwas, man bleibt in seiner eigenen kleinen Blase.

Allerdings würde ich ein kleines bisschen ausweiten und sagen, dass man nicht zwingend einen Gesprächspartner braucht, sondern das auch mit Büchern oder Artikeln möglich ist, wenn man sich mit den Standpunkten dort und dem Unterschied zur eigenen Meinung auseinandersetzt.

Kernaussage: ich allein bin jemand anders als ich in Auseinandersetzung mit anderen. Ein Kind, das nur von Mama und Papa aufgezogen wird, bis es erwachsen ist, viel lernt, viel liest, aber nur Mama und Papa hat, ist weniger gereift als ein Kind, das sich mit Erziehern, Kindergartenkindern, Lehrern, Mitschülern, Freunden, Verwandten auseinandersetzen musste.

verreisterNutzer  10.06.2022, 23:12

Ziemlich interessanter Gedankengang. Vielen Dank!

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  • Würde des Menschen - Luhmann

Luhmann ist etwas schwierig und ich bin auch kein Luhmann-Experte.

Ich versuche das einmal zu interpretieren.

Dem Menschen wird von vielen a priori eine Würde zugesprochen - alleine seine Existenz reicht aus, um die Würde zu besitzen - er muß dafür nichts tun - die Würde ist eine Wertqualität an sich - ohne Vorbedingungen.

Luhmann hält aber nichts davon - er ist der Auffassung, daß es nicht ausreicht, nur passiv (intrinsisch) eine Würde aufgrund des Menschseins zu haben, sondern die Würde muß sich auch in der Welt konstituieren, damit man als Persönlichkeit mit Würde wahrgenommen wird: und zwar durch Kommunikation und soziale Aktion mit anderen - das geschieht durch Selbstdarstellung (sozusagen: Ich bin in der Welt - nehmt mich wahr); wer nicht kommuniziert und sozial agiert, zieht sich auf die innere Würde zurück und ist keine Persönlichkeit; er gibt damit auch die Freiheit auf, die er in der Freiheit des Handelns und Kommunizierens sieht - Würde und Freiheit gehen Hand in Hand.

D. h. nun, daß der Mensch sich nun durch Kommunkation und soziale Aktion selbst darstellt, um als Persönlichkeit mit Würde wahrgenommen zu werden - erst jetzt hat er die Würde in seiner gesamten Wirkung in der Welt konstituiert und nun kann man sie auch schützen, denn sie ist stets in Gefahr.

Würde und Freiheit sind also keine angeborenen Qualitäten an sich, sondern die inneren und äußeren Vorbedingungen zur Selbstdarstellung, um als Mensch mit Würde und Freiheit wahrgenommen zu werden.

Gleichzeitig ist das auch ein selbstreferenzieller Vorgang: durch soziale Aktion und Kommunikation mit anderen, erkennt der Mensch selbst seine Würde und Freiheit, indem ihn die anderen in seiner Würde und Freiheit wahrnehmen.

Wenn ich das richtig verstanden habe: In diesem Satz wird anscheinend behauptet, der Mensch werde erst durch seine Selbstrepräsentation anderen Menschen gegenüber "zum Menschen".

Ich kenne den Kontext nicht, möchte aber leise Zweifel anmelden. Auch Robinson war ein Mensch - bevor Freitag aufkreuzte.

Gruß, earnest