Schlechte Noten in kleinen Scheinen (Jura)/Bewerbung?
Hallo zusammen,
ich studiere nun im dritten Semester Jura und habe die kleinen Scheine soweit bestanden und abgeschlossen.
Meine Noten bewegen sich aber allesamt an der unteren Grenze.
Ich fühle mich deswegen so schlecht, weil es wirklich nicht daran liegt, dass ich faul bin oder sonst etwas.
Ich reiße mich wirklich jeden Tag zusammen und lerne und bereite die Vorlesungen und AG immer schön vor und nach.
Dennoch waren meine Leistungen bisher nicht gut.
Ich habe nun auch ein Bewerbungsgespräch bei einer Anwältin als "rechte Hand".
Sie möchte, dass ich zum Gespräch meine Leistungsübersicht bzgl. der kleinen Scheine mitbringe.
Ich schäme mich so dafür, weil die Noten in gewisser Weise einfach nicht meinem Fleiß und Aufwand entsprechen und ich Angst habe, dass ich wegen meiner Noten verurteilt werde.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin ein richtiger Taugenichts.
Mein Abi habe ich damals auch mit gerade mal 2.5 abgeschlossen und ich weiß einfach nicht, ob ich überhaupt auf irgendeine Weise in irgendeiner Hinsicht talentiert bin.
Das hört sich gerade sehr dramatisch an, aber das Studium lässt mich nochmal umso mehr an mir zweifeln, obwohl es mir eigentlich so viel Spaß macht.
Hat jemand Erfahrungen mit schlechten Noten in den kleinen Scheinen?
Bedeuten schlechte Noten in den kleinen Übungen, dass meine Noten in den großen Scheinen auch schon "festgesetzt" sind?
Oder hat sich jemand von euch in den großen Scheinen nochmal verbessert?
Danke für eure Antworten
3 Antworten
Ich kenne deine fachlichen Probleme im Jurastudium nicht aber als Jurist kann ich sagen, dass es häufig nicht am mangelnden Fleiß liegt sondern an der fehlenden Fähigkeit, das erlernte Wissen auf die zu lösenden Fälle anzuwenden. Deshalb gilt die Maxime: Übungsfälle lösen, immer wieder Fälle lösen. Da das alleine mühsam und langweilig ist, solltest Du dich einer studentischen Arbeitsgruppe anschließen oder selbst eine gründen (3-4 Studierende deines Semesters, die sich ein- bis zweimal pro Woche so für 1 1/2 Stunden treffen, Probleme diskutieren und Übungsfälle lösen).
Ich habe selbst kein Jura studiert, habe aber gehört, dass in Jura grundsätzlich sehr streng bewertet wird:
So haben bundesweit laut der aktuellsten Statistik des Bundesamtes für Justiz aus dem Jahr 2018 von 14.653 geprüften Kandidaten, 27,9 % (4.094) die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden, 25,9% (3.790) ein „ausreichend“, 29,3 % (4.294) ein „befriedigend“, 14,1 % (2.072) ein „voll befriedigend“, 2,6 %, (385) ein „gut“ und 0,1 % (18) ein „sehr gut“ im ersten juristischen Staatsexamen erreicht.
Quelle: https://iurratio.de/journal/die-juristische-benotung
Vielleicht ist es also gar nicht so schlimm, wie du denkst?
Und noch eine Sache: Sowohl Fleiß als auch Talent sind hilfreich. Aus irgendeinem Grund wird Talent gefühlt höher geschätzt als Fleiß, jemand, der durch Talent mit wenig Aufwand viel erreicht, wird mehr bewundert, als jemand, der dasselbe mit viel Fleiß erreicht hat. Im Beruf gibt es aber sehr viele Tätigkeiten, wo Talent nur bedingt weiterhilft und gerade Fleiß gefragt ist. Die Universität fordert einem Spitzenleistung ab, da muss man in hohem Tempo viel neues lernen, da ist Talent und Lernfähigkeit sehr hilfreich. Im Beruf aber wendet man das Gelernte an, hat viel mehr Routine, da ist auf einmal viel mehr der Fleiß gefragt, um das Arbeitspensum zuverlässig abzuarbeiten.
Ich würde von mir behaupten, dass ich in manchen Bereichen recht lernfähig bin, am Fleiß mangelt es aber leider. In der Schule und in der Uni war ich damit ziemlich erfolgreich, im Beruf beißt mich das aber leider... Versuche also bitte nicht nur deine Schwächen zu sehen, sondern auch deine Stärken zu schätzen!
Wie wäre es denn mit einer Bewerbung zu einer Sozialbehörde wie der Bundesagentur für Arbeit? Man hat es dabei ja nicht nur mit Paragraphen, sondern vor allem auch mit Menschen zu tun, denen man Empathie entgegenbringen muss, vielleicht liegen hier noch menschliche Stärken im verborgenen, die durch das reine Studium nicht zutage gefördert wurden?