Schauspielstudium ratsam?

6 Antworten

Wenn Schauspielstudium, dann an einer staatlichen Schauspielschule, nicht an einer privaten.

Hey Layla :)

mein Tipp wäre: erstmal das "bürgerliche" Studium so schnell wie möglich durchziehen und anschließend ausschließlich an staatlichen Schauspielschulen zum Studium bewerben- es gibt schlicht wahnsinnig wenig Rollen für Damen und diese werden in Ensembles inzwischen eigentlich nur noch aus staatlichen Schulen engagiert. Du musst außerdem damit rechnen, dass sich deine Zukunft als Schauspielerin (statistisch gesehen) eher am Theater als beim Film abspielen wird. Und wenn die Brotlosigkeit droht, kannst du immer noch Beamtin werden ;)

Es ist ein Klischee, dass Schauspielschulen möglichst junge, formbare Schüler möchten. Vielmehr lassen sich Lehrer bei einem talentierteren älteren Bewerber von der Dringlichkeit seines Wunsches beeindrucken, und geben so auch Menschen mit etwas Lebenserfahrung (bei entsprechendem Talent) eine Chance.

Aber wie gesagt: es ist wichtig, die Arbeitsmarktentwicklung zu beobachten - und diese ist auf keinem vielversprechenden Weg für (reine) Schauspieler. Im Gegenteil.

Schauspieler mit anderen beruflichen Hintergründen können weitere Wege (parallel oder wechselnder Weise) gehen --> Coaching, etc.

LG!

heffenberg  06.10.2013, 19:12

erstmal das "bürgerliche" Studium so schnell wie möglich durchziehen und anschließend ausschließlich an staatlichen Schauspielschulen zum Studium bewerben

Sehe ich nicht so. Zum einen dürfte es knapp werden: Viele Schauspielschulen nehmen niemanden auf, der älter als 24 ist.

Zum anderen ist sie dann ziemlich alt, wenn sie fertig ist. Sie wird dann die ganzen Knochenjobs für fast kein Geld nicht mehr machen wollen und Ansprüche haben. Sie wird die jugendlichen Naiven nicht mehr spielen können, weil der Schmelz der Jugend bereits vergangen ist. Und sie wird gegen Konkurrentinnen antreten müssen, die ihr 4 bis 5 Jahre Erfahrung und Networking voraus haben.

Und schliesslich: Die meisten ausgebildeten Schauspieler, die ich kenne und die eine zweite Ausbildung haben, üben ihren Traumberuf nicht aus.
Warum auch? Man hat es doch viel leichter als Buchhändler oder als Apotheker oder als Pfarrer. Jeden Monat kommt regelmässig das Geld aufs Konto, man bekommt Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld und Krankengeld und kann seine Familie ernähren. Als Schauspieler müsste man jeden Monat um seinen Lebensunterhalt kämpfen, sich bewerben, Leute kennenlernen, bei No-Budget-Produktionen arbeiten und sich überlegen, woher man das Geld für die U-Bahn zum Drehort nimmt oder mit dem Märchentheater auf Tournee gehen mit drei Vorstellungen täglich inklusive Umbauverpflichtung und den Tourneebus selber fahren.

Man kann heutzutage leider niemandem raten, Schauspieler (und schon gar nicht Schauspielerin!) zu werden. Aber wenn man überhaupt eine Chance haben will, sollte man es mit ganzem Herzen machen.

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charcutiere  07.10.2013, 01:43
@heffenberg

Hey heffenberg!

Meinungen und Erfahrungen können immer unterschiedlich sein.

Ich teile deine Auffassung, dass man eigentlich niemandem raten sollte, diesen Beruf zu ergreifen. Am schlimmsten ist das Fehlen der Familientauglichkeit. Samstags arbeiten, Sonntags, Feiertags... ist eben eine Dienstleistung.

Das Begrenzungsalter ist aber wirklich eine variable Größe. Die Schauspielschulen verfolgen die Strategie, die Bewerberzahl so gut wie möglich einzugrenzen. Darum diese strikten Ansagen. Dabei ist es dennoch möglich, ohne Abi und als älterer Mensch aufgenommen zu werden (ein prominentes Beispiel für einen älteren Bewerber, der die Schule erfolgreich abgeschlossen hat, ist der Sohn von Walser / Selge (und definitiv kein Einzelfall) ).

Früher war es am Theater so: je jünger der Anfänger desto besser. Heute sind die Ensembles dermaßen verkleinert, dass es bei der Entscheidungsfindung wichtiger ist, den im Verhältnis zum Ensemble passenden Typen zu finden. Dieser sollte vielfältig einsetzbar sein - das bezieht sich auch aufs Alter. Dabei spielt das faktische Alter keine Rolle, vielmehr ist es wichtig, dass ein Anfängergehalt (übrigens: 1500€ Brutto) gezahlt werden kann. Und, mal ehrlich: wer zwei Anfängerinnen bezahlt, aber eine aus dem Prinzessinnenfach sowie eine ältere bekommt, der freut sich doch nen Ast heutzutage. Bei einer Bewerbung, beim Film vielmehr als an einem Theater, zählt in erster Linie das Foto, nicht aber das faktische Alter. Und: wer kann denn heute eine 25jährige von einer 30jährigen unterscheiden - zumal auf einer Bühne?

LG

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heffenberg  07.10.2013, 02:11
@charcutiere

Ja, aber: Will die Ältere ebenso wie die Jüngere für 1500.- brutto arbeiten? Wenn sie 4 Jahre auf Lehramt studiert und anschliessend 4 Jahre die Schauspielschule besucht hat und ihre ehemaligen Mitstudentinnen mittlerweile alle schon beamtet und im Mutterschaftsurlaub sind?

Ich erinnere mich an eine sehr gute Mitschülerin auf der Schauspielschule, die hatte vorher Theologie studiert. Als sie mit 29 die Schule abgeschlossen hatte, wurde sie von der ZBF nicht mal zum Vorsprechen zugelassen: Sie sei zu alt.
Sie ist dann eine sehr erfolgreiche Pfarrerin geworden. Wer einen Zweitberuf hat, endet meiner Erfahrung nach mit großer Wahrscheinlichkeit im Zweitberuf. Wer nicht für 1500 brutto kämpfen muss, der kämpft auch nicht.

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Ich "kenne" einige Schauspieler. In den Interviews erzählen sie immer, dass man sehr findig sein muss, um sich über Wasser zu halten. Leicht kommt da niemand an Jobs.

Was mich irritiert ist die Tatsache, dass du, wenn du das mit dem Schauspiel nicht machst, Lehrer werden willst. Leute, die diesen Beruf halbherzig ausüben, haben wir eigentlich schon genug.

Egal, für was du dich entscheidest, du solltest es aus Überzeugung tun.

Probiers an ner staatlichen. Wenn du da genommen wirst, stehst du tausendmal besser da als mit einer privaten Ausbildung. Ein Zuckerschlecken ist das Jobs finden immer noch nicht, und viele Abgänger von staatlichen Schulen müssen erst mal lernen, die Nase wieder etwas weiter unten zu tragen, ABER du hast eine fundierte Ausbildung gekriegt und kannst und weißt einiges - und das wissen die Intendanten.