Privatunterricht für Abitur (Stotterer, Schule)?

4 Antworten

Zunächst einmal: In Deutschland gilt folgende Regel zur Vollzeitschulpflicht.

Die Vollzeitschulpflicht erstreckt sich in der Regel auf zehn Schulbesuchsjahre.

Die Anzahl der Schulbesuchsjahre ist hierbei nicht mit der Nummer der besuchten Jahrgangsstufe zu verwechseln: Für einen Schüler, der z. B. zweimal eine Klassenstufe wiederholen musste, endet die Vollzeitschulpflicht nach 10 Schulbesuchsjahren danach bereits zum Ende der 7. bzw. 8. Klasse. Übersprungene Klassen hingegen werden anerkannt, so dass die Vollzeitschulpflicht hier nach Klasse 9 bzw. 10 enden kann trotz erst beispielsweise sieben erfolgter Schulbesuchsjahre.

Diese ist zu unterscheiden von der Berufsschulpflicht. Diese endet mit dem 12. Schuljahr und kann auch durch den Besuch einer weiterführenden Schule erfüllt werden.

Eine umfassende Darstellung der Schulpflicht findet sich hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht_%28Deutschland%29

Merke: Wer googlen kann, ist klar im Vorteil. Das gilt auch für das Abitur. Ich würde von jemandem, der studieren will, erwarten, dass er sich soweit wie möglich im Internet "schlau macht". Weiter zu Deinen Fragen:

Es ist in Deutschland nicht verboten, Unterricht bei einem Privatlehrer zu nehmen. Die Schulpflicht allerdings kann man nur an einer öffentlichen Schule oder an einer anerkannten Ersatzschule erfüllen. Diese hast Du vermutlich am Ende dieses Schuljahres erfüllt, wenn Du nicht sitzengeblieben bist. Ein Wiederholungsjahr zählt nämlich dazu. Für das Auslaufen der Schulpflicht wegen des Alters gibt es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Vorschriften.

Grundsätzlich kann jedermann unabhängig vom Bildungsstand und Bildungsgang an die zuständige Behörde wenden und jeden gewünschten Bildungsabschluss, auch die Allgemeine Hochschulreife (Abitur), durch das Bestehen einer Prüfung erwerben. Das ist dann eine Prüfung als "Nichtschüler". So habe ich mein Abitur gemacht, allerdings an einer Waldorfschule. Da dieses das erste Abitur an meiner Schule war und die Schule noch keine "Abiturberechtigung" hatte, hat man diese Lösung gewählt. Wir sind also, technisch gesehen, nicht von unseren Lehrern geprüft worden, sondern durch eine Kommission des Kultusministeriums.

Zu einer Prüfung als Nichtschüler kann ich Dir nicht raten. Die Nachteile sind ganz erheblich, besonders dadurch, dass Dich Leute prüfen, die Du nicht kennst und die Dich nicht kennen. Es ist natürlich so, das im wirklichen Leben ein heimliches Bündnis zwischen Prüfer und Probanden entsteht dadurch, dass er Prüfer nicht zugeben will, dass er den Probanden nicht gut vorbereitet hat und der Proband die Prüfung so gut wie möglich bestehen will. Kein Prüfer lässt einen Probanden gerne durchfallen, es sei denn, da ist noch eine Rechnung offen. ;-)

Was also tun? Zwei wesentliche Schritte:

  • Wenn die bisherigen Schuljahr schon so eine Qual waren, was ich als Logopäde und jemand, der bis zu seinem 29. Lj. extrem schwer gestottert hat, absolut verstehen kann, musst Du unbedingt und sofort einen sog. "Nachteilsausgleich" mit Deiner Schule verabreden. Praktisch läuft das darauf hinaus, dass Du mit der Schule Ersatzleistungen für die Unterrichsbeteiligung und die mündlichen Prüfungen verabredest, die nur die Sprechleistung erfordern, die Du erbringen kannst, auch unter Prüfungsstress, was im Extrem fall heißt, dass Du nicht sprichst. Dieser Nachteilsausgleich ist kein Gnadenakt der Schule, sondern beruht auf einem Rechtsanspruch, der Dir grundgesetzlich garantiert ist (Diskriminierungsverbot).
  • Mach noch einen Therapieversuch. Bei der Auswahl eines Therapieverfahrens stelle den klaren Anspruch, dass Du in der Therapie bis zum Zeitpunkt der mündlichen Prüfung so weit kommen willst, dass Du die Prüfung mündlich bestehen und Dich bis dahin angemessen am Unterricht beteiligen kannst.

Falls Dir das nicht zugesichert werden kann, ich z.B. würde es Dir zusichern, oder falls Du während der Therapie zu dem Schluss kommst, dass das schließlich doch nicht erreicht werden kann, bleibt Dir immer noch die Möglichkeit, am Ende des Schuljahres von der Prüfung zurückzutreten, und das Abitur ein Jahr später zu machen. Der Erwartungswert für die Durchschnittsnote, die für den NC vielleicht wichtig wird, wird sich dadurch verbessern.

Mit anderen Worten: Ich würde Dir raten, die Option, die Du in der Frage dargestellt hast, fallen zu lassen und an die Lösung des Problems vernünftig und kaltschnäuzig heranzugehen.


 

Hallo,

unabhängig ob Privatschule oder -lehrer möchten wir dich darauf hinweisen, dass du als stotternder Schüler Anspruch auf den so genannten Nachteilsausgleich hast. Stottern ist nämlich eine anerkannte Sprechbehinderung.

Beim Nachteilsausgleicht geht es darum, dass dir z.B. mehr Zeit in der mündlichen Prüfung eingeräumt wird. Auch für die laufenden mündlichen Leistungen im Unterricht werden dann Vereinbarungen getroffen mit dem Ziel, dir trotz bzw. mit Stottern zu ermöglichen, deine mündlichen Leistungen angemessen zu erbringen. Und auch, dass sie fair bewertet werden (können). Da kann man auch kreativer sein, z.B. akzeptieren Schule auch mal, dass man einen Laptop und Beamer in Prüfungen verwendet. Den nutzt der stotternde Schüler dann nur, wenn er merkt, dass es mit dem Aussprechen nicht geht - und die Prüfer sehen trotzdem, dass er spontan sein Wissen abrufen und antworten kann.

Dass es den Nachteilsausgleich bei Stottern gibt, wissen leider noch nicht alle, weder Schüler noch Lehrkräfte. Unter www.bvss.de/nachteilsausgleich findest du weitere Infos dazu, auch eine Übersicht für verschiedene Bundesländer (Bildungssachen werden ja auf Länderebene geregelt und es kann schon mal Unterschiede geben).

Außerdem kannst du dich auf unseren Seiten gerne auch mehr über Therapie und Selbsthilfe informieren oder und einfach mal anrufen, falls du dein Stottern doch mal (wieder) angehen möchtest oder zusätzliche Tipps brauchst oder dich mit anderen Stotternden austauschen möchtest.

Du kannst etwas tun, das sagst und weißt du ja auch. Es ist aber auch klar, dass es Situationen gibt, wo das (noch) nicht gut klappt. 

Wir sind übrigens die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS), eine gemeinnütziger Verein, gegründet von Stotternden für Stotternde. Wir wissen also ganz gut Bescheid :-)

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Wir sind ein Verein von Stotternden für Stotternde.

Privatunterricht wird in Deutschland nicht nicht genehmigt, du könntest eldiglich auf eine private Schule wechseln. Was ich nicht so ganz wirklich verstehe, ist, warum du dir nicht einen erfahrenen Experten suchst und mit dessen professioneller Hilfe das Problem des ( rein schulische?) Stotterns angehst.

Cinuli123 
Fragesteller
 02.09.2015, 15:23

Ich bin auf einer Privatschule, deswegen muss ich ja Schulgeld zahlen :/ 

Ich war 3 Jahre beim Logopäden, der hat aber nur darauf hingearbeitet, dass ich das stottern akzeptiere und nur teilweise, dass es weg geht. Mit Hypnose habe ich es auch schon versucht. 

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Andreas Starke  03.09.2015, 13:05
@Cinuli123

Übrigens, das ist ein Zusatz zu meiner "großen Antwort",  war Deine Therapie erkennbar untauglich, wenn sie vor allem das Ziel hatte, Deine Akzeptanz des Stotterns zu erreichen. Das Ziel einer Stottertherapie muss vor allem die Verbesserung der Sprechflüssigkeit sein. Über den besten Weg dahin gibt es verschiedene Meinungen.

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Andreas Starke  03.09.2015, 13:18

Privatunterricht wird in Deutschland nicht genehmigt? Was für ein Unsinn! Jeder kann in Deutschland jedem anderen Privatunterricht geben, der Schauspieler dem Sänger und der Sänger dem Schauspieler, dieses ist ein freies Land. Damit ist noch nicht gesagt, dass der Schüler die Kosten von der Steuer absetzen kann, aber selbst das ist wohl in der Regel möglich, wenn der Schüler durch den Unterricht durch den Unterricht seine Einnahmen aus Erwerbstätigkeit erhöhen und/oder sichern kann und der Lehrer die Honorare als Einnahmen versteuert.

Der Sinn der Frage ist mir schon klar. Der Fragesteller setzt keine Hoffnungen mehr auf die "professionelle Hilfe". Wenn er schon 3 Jahre in logopädischer Therapie war, ist das ja auch ganz rational. Völlig irrational ist natürlich die Verallgemeinerung (pars pro toto) - ein Logopäde untauglich heißt ja nicht alle Logopäden untauglich. Einen weiteren Versuch wäre die Sache natürlich wert, der allerdings wegen des beschränkten Zeitrahmens jetzt sehr schnell eingeleitet werden müsste. Ich stehe "Gewehr bei Fuß". ;-)

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Vielleicht hilft dir ein Logopäde eher als ein privater Lehrer. Der kann dir zwar den Unterricht näher bringen, aber von stottern während der Prüfung oder später in der uni bei Referaten kann er dich nicht abbringen...

Cinuli123 
Fragesteller
 02.09.2015, 15:39

Bei einem Logopäden war ich schon, erfolglos. 

Ich weis, wie ich reden kann. Was ich tun muss um "normal" reden zu können, ich kann es nur noch nicht kontrollieren, dafür brauche ich mehr zeit, die ich aber bis zum Abitur nicht habe.

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einelenabitte  02.09.2015, 15:44

was bringt dir dann ein privat Lehrer wenn du meinst, dass die Zeit nicht reicht? verstehe ich nicht. und vielleicht versuchst du es mit einem anderen Logopäden?!

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Cinuli123 
Fragesteller
 02.09.2015, 15:46
@einelenabitte

Mir geht es darum, entspannter lernen zu können um mich super auf meine Prüfungen vorbereiten zu können. Die Prüfungen selbst werde ich schon meistern, nur die Zeit in der Schule belastet mich, wodurch alles noch schlimmer wird mit dem Sprechen.

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