Prinzip von Le Chatelier Druck?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Dein erstes Beispiel verarbeitet CO und H₂ zu Methanol. In der Praxis wird die Reak­tion bei 250 °C und ⪅100 bar Druck ausgeführt. Unter diesen Bedingungen sind alle Komponenten gasförmig. Da aus drei Mol Gas durch die Reaktion nur ein Mol ent­steht, verbraucht die Reaktion Volumen, und daher verschiebt Druck­erhöhung das Gleich­gewicht zum Me­tha­nol, deshalb arbeitet man ja auch bei hohem Druck.

Könntest Du die Reaktion bei Raumtemperatur ablaufen lassen (oder bei anderen Be­dingungen, unter denen Methanol flüssig ist), dann würde die Reaktion noch mehr Vo­lu­men verbrauchen (bei Raumtemperatur werden 3 mol ≙ 75 l Gas zu 1 mol Flüs­sig­keit, die nur 0.04 l Platz braucht), und Überdruck würde das Gleichgewicht noch stär­ker zum Methanol verschieben.

Dein zweites Beispiel ist der Zerfall von H₂O₂ zu H₂O und O₂. Das ist schlecht gewählt, weil das Gleichgewicht bei allen denkbaren Bedingungen sehr weit auf der Produkt­seite liegt. Theoretisch würde Überdruck das Gleichgewicht zum H₂O₂ verschieben, aber in der Realtität zerfällt H₂O₂ immer ±vollständig.

Auch Reaktionen, bei denen keine Gase entstehen, verbrauchen oder erzeugen Volu­men (entsprechend der Dichte von Produkten und Edukten), und daher sind auch dabei Gleichgewichtskonstanten druckabhängig. Der Effekt ist aber sehr klein, und man braucht daher recht extreme Drücke, wenn man das Gleichgewicht merklich ver­schieben will. Ein einfaches Beispiel ist die Umwandlung von Calcit (ρ=2.7 g/cm³) zu Marmor (2.8 g/cm³); beides ist CaCO₃, aber mit verschiedener Struktur. Bei dieser Re­aktion tritt ≈4% Volumsverbrauch auf; das ist sehr wenig, aber der Druck im Erdinne­ren ist groß genug, daß er diese Reaktion erzwingen kann.