Heterogene Gleichgewichte- Massenwirkungsgesetz?
Hallo, ich hätte eine Frage bezüglich heterogener Gleichgewichte und dem Aufstellen des Massenwirkungsgesetzes für solche Gleichgewichte. Für Feststoffe in einer festen / flüssigen Phase ist die Aktivität des Feststoffes konstant. Lautet das Massenwirkungsgesetz für die Reaktion NH4Cl(s) + Na2CO3 (s) --> NaCl(s) + NaHCO3 (s) + NH3 (g) einfach nur Kp = p[NH3]?
Wie lautet das Massenwirkungsgesetz für diese Reaktion Ca2+ (aq) + 2 OH- (aq) + CO2 (g) --> CaCO3 (s) + H2O(l)
Für die 2. Reaktionsgleichung kann doch angenommen werden, dass die Konzentration des Wassers konstant ist. Dadurch kann sowohl die Konzentration des Calciumcarbonats als auch die Konzentration des Wassers in die Gleichgewichtskonstante mit einbezogen werden, sodass es lautet:
Kc = [Ca2+] * [OH-]² * [CO2] , oder?
Danke :)
1 Antwort
Festkörperreaktionen sind schwierig. So wie Du das aufgeschrieben hast, ist es meiner Meinung nach richtig, es führt aber zum Paradox, daß ein Überschuß eines Reaktionspartners die Gleichgewichtslage nicht ändert. In der Praxis müßtest Du mit Mischkristallbildung rechnen, die zusätzliche Gleichgewichte ins Spiel bringen und alles verkomplizieren.
Dein Fall ist besonders ungut gewählt, weil NH₄Cl bereits bei 340 °C in HCl und NH₃ zerfällt. Das ist also schon einmal ein zusätzliches Gleichgewicht, das aller verkompliziert. Beachte, daß Festkörperreaktionen seeehr langsam sind, wenn man nicht extrem fein pulverisiert und innig verreibt, und selbst dann braucht man hohe Temperaturen und viel Zeit. Ich habe im Praktikum mal einen Hochtemperatur-Supraleiter aus verschiedenen Metalloxiden gebacken. Nach stundenlangem (!) Verreiben im Mörser wurde das Zeug dann tagelang im O₂-Strom bei 800 °C fertiggebacken.
Ein einfacherer Fall ist:
CaCO₃ ⟶ CaO + CO₂
und hier ist die Gleichgewichtskonstante realistisch gleich dem Partialdruck des CO₂: Es zerfällt immer gerade soviel CaCO₃, daß der CO₂-Partialdruck (oder die Konzentration, wie Du willst) den für die jeweilige Temperatur passenden Wert hat. Da wir in der Atmosphäre ≈40 Pa CO₂ haben (bzw. 12 µmol/l), gibt es eine Schwellentemperatur, an dem die Gleichgewichtskonstante diesen Wert erreicht, und darüber kann der Zerfall eintreten; im geschlossenen System stellt sich ein Gleichgewicht ein, aber im offenen System wird das Gleichgewicht nie erreicht, und letztlich zerfällt fast alles CcCO₃.
Dein zweites Beispiel halte ist auch für ein bißchen komisch. Was Du da aufgeschrieben hast, umfaßt ja auch die Protolyseschritte von CO₂ zu HCO₃¯ und CO₃²¯, die alle dafür sorgen, daß die CO₂-Konzentration in der Lösung viel kleiner ist als Du nach der hineingepumpten CO₂-Menge erwarten würdest.
In der Praxis hättest ja auch noch das Löslichkeitsgleichgewicht für Ca(OH)₂ zu berücksichtigen, weil es in einer alkalischen Lösung unabhängig vom CO₂ die Ca²⁺-Konzentration begrenzt. Mit Ba²⁺ statt Ca²⁺ würde das Problem aber nicht auftreten, weil Ba(OH)₂ besser wasserlöslich ist.
Mit diesen Einschränkungen halte ich Deinen Ausdruck aber für formal korrekt: In jeder alkalischen Ca²⁺-Lösung, die noch zusätzlich CO₂ enthält, und die im Gleichgewicht mit ausgefallenem CaCO₃ aber nicht Ca(OH)₂ steht, ist der Ausdruck c(Ca²⁺)⋅c²(OH¯)⋅c(CO₂) konstant, wenn man c(CO₂) als Gleichgewichtskonzentration versteht, in dem Sinn, daß eine 0.1 mol/l Na₂CO₃-Lösung (pH=11.65) eine Gleichgewichtskonzentration c(CO₂)=23 nmol/l aufweist.
Ja, aber der Partialdruck ist ja auf den Atmosphärendruck begrenzt. Bei höherem Druck kann sich auch ein stärkeres NH₃-Druck aufbauen.
Danke für die ausführliche Antwort. :)
Bei der Reaktion NH4Cl(s) + Na2CO3 (s) --> NaCl(s) + NaHCO3 (s) + NH3 (g) hätte eine Änderung des Drucks eigentlich keine Auswirkung auf die Lage des Gleichgewichtes, da Kp ja formal nur vom Partialdrucks des Ammoniaks abhängt, oder? :)