Positive Psychologie?

5 Antworten

Ich (als nicht-Psychologe) stimme dir voll und ganz zu. Wenn man depressiv o.Ä. ist, dann hat das ja einen Grund und es gilt diesen Grund zu finden und die Ursache zu beheben bzw. zu verarbeiten. Diese positive Psychologie macht ja aber genau das Gegenteil; sie behebt die Symptome und somit würde z.B. die Depression immer wiederkehren, wenn man einmal nicht in der Lage ist, positiv zu denken.

Wie gesagt, alles nur meine Meinung, aber ich halte rein gar nichts von positiver Psychologie oder bessergesagt nicht auf die Dauer. Weil, wenn man positive Psychologie kurzfristig nutzt, um erst einmal wieder aus einer Abwärtsspirale herauszukommen und ein wenig Distanz zu sich selbst zu schaffen, um danach die Ursache zu beheben, finde ich es wiederum ganz gut.

MessyMind33 
Fragesteller
 25.08.2023, 02:15

Die sagen auch oft du kannst alles erreichen was du willst, und sagen dann weil ich nicht erfolgreich bin, ich will es nur nicht. Hallo? Wir sind doch keine götter.

Was wenn du medizinische probleme hast z.b.? Dann wird es deutlich schwieriger erfolgreich zu sein. Unmöglich? Wenig ist total unmöglich, einfach deutlicher unwahrscheinlicher solange diese medizinsichen probleme z.b. nicht gelöst werden können.

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Also, hier wird ja vieles durcheinandergewürfelt :D Ich bin nun offenbar die erste Psychologin, die sich zu dem Thema hier äußert, also sortier ich das gern mal kurz:

Punkt 1: Psychologen sind nicht gleich Psychotherapeuten! Psychotherapeuten haben nach dem Psychologie- oder Medizinstudium noch eine Psychotherapieausbildung durchlaufen. Es sind also nicht einmal alle Psychotherapeuten Psychologen! Achtung, verwirrend ;)

Punkt 2: Es gibt keine Form von "positive Psychotherapie" als Fachrichtung. Die aktuell kassenzugelassenen Fachrichtungen sind die Psychoanalyse, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die (kognitive) Verhaltenstherapie und die systemische Therapie. Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten, sich in speziellen Methoden für spezielle Krankheitsbilder fortzubilden (z. B. DBT bei Borderline, IRRT bei Trauma, CBASP bei chronischer Depression usw. ...).

Punkt 3: Die positive Psychologie befasst sich mit den Ressourcen und Stärken der Menschen. Sie untersucht wissenschaftlich, was Menschen befähigt, Krisen gesund zu überstehen, sich bestmöglich zu entwickeln und auch, wie sich Gesellschaften bestmöglich für alle Beteiligten entwickeln können. Sie wird oft (aber nicht immer) der Gesundheitspsychologie angegliedert, die sich damit befasst, wie Menschen gesund bleiben anstatt warum Menschen krank werden (das zu untersuchen ist Aufgabe der klinischen Psychologie). Ein Teil dieser Forschung ist tatsächlich auch die Untersuchung des positiven Denkens, wie du es ansprichst, und wie es sich auswirkt - aber das ist längst nicht alles!

Punkt 4: Auch die positive Psychologie befasst sich kritisch mit dem Begriff der "toxischen Positivität" und forscht dazu. Sie untersucht, welche negativen Auswirkungen toxische Positivität haben kann. Hier ist zum Beispiel eine recht aktuelle Studie in der Fachzeitschrift "Journal of Psychology & Instruction" erschienen: https://ejournal.undiksha.ac.id/index.php/JoPaI/article/view/60616 (ist aber leider auf englisch).

Punkt 5: Bitte prüfe immer sehr sorgsam, ob das, was du in den Medien oder sozialen Medien liest, wirklich von Psychologen kommt! Ich habe nämlich ein bisschen das Gefühl, du bist da in eine Falle getappt :) . Denn dieses #onlygoodvibes-Dings und diese ganzen Happyness-Strömungen, die so durch die Instagram-Welt geistern, haben oft vielmehr esoterischen Hintergrund oder beruhen auf gefährlichem Halbwissen. In den allermeisten Fällen stecken da keine studierten Psychologen, sondern selbsternannte Lifecoaches oder so hinter!

Ich hoffe, ich konnte etwas Licht ins Dunkel bringen :).

Und falls du das Thema etwas vertiefen magst, was positive Psychologie und was toxische Positivität sind, hier ein paar gute Quellen auf Deutsch dazu:

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PAD/BW2/Berend/Grundlagen_Positive_Psychologie_01.pdf

https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-gesundheit/toxic-positivity-1125360

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – M. Sc. Psychologie

Ich habe einen Master in angewandter positiver Psychologie der Universität London. Das Hintergrundwissen lasse ich jedoch sehr selten in meine Arbeit als Neuropsychologe & Psycotherapeut eingließen.

Dein Eingangssatz beschreibt NICHT den Ansatz der wissenschaftlichen positiven Psychologie. Diese negiert weder, dass es was negatives gibt (würde ja dem Wort "positiv" an sich schon wiedersprechen), noch dass man das ignorieren sollte. Siehe Seligmanns Definition des Faches.

Ansonsten ist der Beitrag von ZionsDaugther am Besten. Bitte Stern dafür!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – BSc + MSc Psychologie + Approbation + WB Neuro

Also ich selbst komme mit keiner Form von "Psychologie" klar. Es geht in 1. Linie darum andere zu manipulieren, ich merke das und blocke dann ab.
Ich denke, jeder braucht eine individuelle Behandlung, aber nicht in Form von Manipulation. Ist für mich sowas wie Werbung, hat auch noch nie funktioniert.

ZionsDaughter  25.08.2023, 14:26

Das ist vielleicht das landläufige Vorurteil über Psychologie - ich höre das auch immer wieder als Psychologin - aber ich kann dich beruhigen, dass das nicht der Realität entspricht :) . Jedenfalls nicht in der wissenschaftlichen Psychologie und Psychotherapie. Dass irgendwelche Flirt-, Life- und Sonst-was-Coaches sich mit ihrem gefährlichen Halbwissen gerne mit psychologischen Fachbegriffen und Methoden schmücken, um diese absichtlich oder unabsichtlich zu missbrauchen, ist eine andere Sache.

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SirSulas74  25.08.2023, 14:39
@ZionsDaughter

Naja, nicht direkt manipulieren, aber ich denke, dass kein Psychologe leugnen kann, dass die Leute nicht in eine bestimmte Richtung gelenkt werden sollen, oder eine gewisse Denkweise annehmen sollen. Soweit ich weiß, ist das ja oft sogar das Ziel einer Therapie.

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SirSulas74  25.08.2023, 14:43
@ZionsDaughter

Habe das Gefühl, dass es Psychologen am meisten Spaß macht, wenn sie einem etwas nicht direkt sagen müssen, sondern es einen verstehen lassen.

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ZionsDaughter  25.08.2023, 14:44
@SirSulas74

Ja, natürlich nehmen wir Einfluss auf Patienten, aber wir tun das auf Wunsch der Patienten. Deswegen kommen sie ja :D . Also, es werden in den ersten Sitzungen die gemeinsamen Ziele festgelegt und der Patient auch immer wieder im Verlauf der Therapie gefragt, ob dies noch seine Ziele sind. Es ist ethisch HOCH verwerflich, dies nicht zu tun und über die Patienten hinweg zu entscheiden! Manipulation ist das absolute No go und kann dem Ethikverein gemeldet werden (Infos hier: https://ethikverein.de/)

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ZionsDaughter  25.08.2023, 14:46
@SirSulas74

Oh ja, das stimmt in gewisser Weise sogar. Das nennt sich "Sokratischer Dialog". Aber das ist ja genau das: Nicht WIR als Therapeuten entscheiden, ob das Denken des Pat jetzt richtig oder falsch für ihn ist. Sondern wir FRAGEN ihn, ob er das für richtig hält und stellen Fragen, wenn wir etwas nicht verstehen, vor allem vor dem Hintergrund der Ziele des Patienten. Dein Gespür ist da also nicht ganz falsch :) Aber es ist eben eher das Gegenteil von Manipulation, weil wir eben nichts vorgeben. Es nennt sich "kollaborativer Empirismus".

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SirSulas74  25.08.2023, 14:51
@ZionsDaughter

Also ich würde es auch Manipulation nennen, wenn du zu erreichen versuchst, dass ich etwas von mir aus will.

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ZionsDaughter  25.08.2023, 14:55
@SirSulas74

Dann ist es in diesem Sinne, wie du es definierst, sicherlich Manipulation. Manipulation wird nur üblicherweise definiert als die vom Opfer nicht gewusste Beeinflussung gegen die Ziele des Opfers oder zumindest zur Erreichung der Ziele des Täters. Und das liegt in der Psychotherapie nicht vor :) . Und falls doch - ist es ganz klar keine Psychotherapie, sondern Missbrauch!

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SirSulas74  25.08.2023, 14:59
@ZionsDaughter

Keine Ahnung, bin nur der Patient, aber ich hasse schlicht Psychotherapie. Ich hatte 2 Sitzungen bei einer Psychologin und war hinterher jedes Mal auf 180, weil mir immer erst hinterher bewusst wird, was das alle zu bedeuten hat.

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SirSulas74  25.08.2023, 15:02
@ZionsDaughter

Habe immer das Gefühl, dass "Psychopersonal" eine vorgefertigte Meinung von mir hat, die ich selbst aber nicht teile, drum verhalte ich mich im Gespräch entsprechend, weil ich den Leuten sonst an die Gurgel gehen würde.

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ZionsDaughter  25.08.2023, 15:02
@SirSulas74

Oh Mist, das tut mir echt Leid. Ja, es gibt natürlich auch schwarze Schafe unter den Therapeuten. Oder ihr habt schlicht menschlich nicht zusammengepasst. Klingt, als wäre das eine Psychoanalytikerin oder eine Tiefenpsychologin gewesen? Die "deuten" gerne mal, das kann einen echt auf die Palme bringen, und das wird auch unter Fachkreisen durchaus als fragwürdig betrachtet. Ich habe schon oft erlebt, dass diese Methode nicht transparent gemacht wird, und dann kann sich das krass übergriffig anfühlen! Gut, dass du da auf dein Gespür gehört hast und gegangen bist!

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ZionsDaughter  25.08.2023, 15:04
@SirSulas74

Nun, auch Therapeuten sind Menschen und haben Vorurteile... Aber das sollten diese eigentlich an sich hinterfragen und diese loslassen können (ist gar nicht so schwer, ich kann's ja auch). Ich kann nur empfehlen, dieses Gefühl, das du hast, anzusprechen. Solche skeptischen Gefühle, wie du sie hast, sind wichtig und sie dürfen, können und sollten besprochen werden in einer PT!

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Das klingt für mich, als ob du noch nie bei jemandem warst, der mit positiver Psychologie arbeitet.

Das ist keine Frage des Glaubens, das sind bestimmte Methoden, die in der Therapie angewendet werden. Es geht auch nicht darum, alles Negative zu negieren. Dem wird nur nicht so viel Beachtung eingeräumt wie dem Positivem.