Platon die Bedeutung der menschlichen Wahrnehmung.

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Vereinfacht gesagt ist Platon der Meinung zum Thema Wahrnehmung:

Alles was man sieht, sind nur die Schatten von Abbildern der Wirklichkeit, aber sie halten diese Schatten für die Wirklichkeit halten.

1) Bedeutung der Wahrnehmung bei Platon

Platon hat die Schwächen und Mängel der Wahrnehmung betont. Im Höhlengleichnis beschreibt er der Sinneswahrnehmung allein verhaftete Menschen als Gefesselte in einer dunklen Höhle, die von Gegenständen nur Schattenbilder wahrnehmen kann und dadurch falschen Annahmen über die Beschaffenheit der Dinge verfallen können. Sinneswahrnehmung kann zu Irrtümern, Fehlverhalten und Unzulänglichkeiten der Erkenntnisbemühungen verleiten, wenn jemand unkritisch einem Anschein folgt, in Sinneswahrnehmung als alleinigem Mittel steckenbleibt und nicht freie Beweglichkeit des Geistes erreicht. Wahrhaftes Philososophieren löst sich nach seiner Lehre von einem Haften an bloßer Sinneswahrnehmung und den Einzeldingen der Sinnenwelt, erhebt sich zu den Ideen und vollzieht damit einen Aufstieg.

Dies bedeutet aber nicht, die Sinneswahrnehmung würde von Platon nur einfach völlig abgelehnt. Nur mit ihrer Hilfe kann etwas über die Sinnenwelt erfahren werden, nicht ohne solche Grundlage als Voraussetzung. Ihre Zuständigkeit, für den empirischen Bereich etwas mitzuteilen, wird von Platon nicht bestritten.

Im Dialog Theaitetos wird die These einer Gleichsetzung von Wahrnehmung (αἴσθησις) und Wissen/Erkenntnis (ἐπιστήμη) erörtert und als Ergebnis der Argumentation abgelehnt. Die Sinneseindrücke selbst sind danach nicht die Erkenntnis, sondern dazu führen erst Schlüsse und Urteile. Sinneswahrnehmung könne überhaupt nicht zu Wissen/Erkenntnis (in einem strengen Sinn) führen.

Über Sinneserscheinungen kann es nach Platon keine Erkenntnis geben, weil sie nicht eindeutig etwas Bestimmtes, eine Sacheinheit (mit genau dem, was wesentlich an einer Sache ist und notwendig dazugehört, und ohne das, was nur zufällig hinzukommend/unwesentlich [akzidentell] dabei ist) sind. Für eine Erkenntnis ist es zuerst nötig, die Sacheinheit zu begreifen und damit etwas Bestimmtes, einen unveränderlichen Gegenstand des Denkens zu haben.

Die Sinneswahrnehmung bezieht sich auf eine wahrnehmbare Welt der Erscheinungen, einem sichtbaren Bereich (ὅρατος τόπος), den Platon von einem denkbaren Bereich (νόητος τόπος), der Welt der Ideen, unterscheidet. Eine Idee ist ein durch Denken einsehbares wahrhaft Seiendes, etwas Bestimmtes (nämlich rein die Sache selbst, der Sachgehalt), das besondere und in sich selbst immer gleiche Wesen einer Sache.

Nach der Lehre Platons sind die Ideen wirklich Seiendes, in sich selbst gleiche (mit sich selbst identische) Wesenheiten. Eine Welt der Ideen bildet einen Bereich für das Denken einsehbarer Dinge. An der Spitze dieses geistig erfaßbaren Bereiches steht die Idee des Guten (ἡ τοῦ ἀγαθοῦ ἰδέα).

Von diesem Bereich unterscheidet Platon eine Welt der Erscheinungen, die durch die Sinne wahrgenommen werden, ein Bereich des Werdens und Vergehens (vergänglich). Die Einzeldinge haben zu den Ideen eine Verbindung, die in bildlich-übertragener Ausdrucksweise ein Urbild-Abbild-Verhältnis genannt werden kann (ein Muster/Vorbild [παράδειγμα] und ein Abbild [εἰκών; εἴδωλον]). Platon schreibt von einer Teilhabe (μέθεξις) der Einzeldinge an den Ideen. Im Einzelding gibt es eine Anwesenheit/Gegenwärtigkeit (παρουσία) der Idee. Zwischen Idee (ἰδέα) bzw. anders ausgedrückt Form (εἶδος) und ihr zugehörigem Einzelding gibt es eine Gemeinschaft (κοινωνία).

Einzeldinge sind teils Idee, teils Nicht-Idee (etwas, das nicht dem Wesen nach notwendig zu dem bestimmten Etwas, welches die Idee ist, gehört). Ideen sind nur rein die bestimmte Sache selbst und stehen damit auf einer höheren Seinsstufe als die Erscheinungen.

Die Welt der Ideen ist ein Bereich des Seienden, zeitunabhängig, unkörperlich, unwandelbar. Eine Idee kann als innere Form, die spezifische (besondere) Natur (das Wesen) einer Sache verstanden werden.

Ohne Ideen gibt es nach Platons Lehre kein Wissen, keine Erklärung der Wirklichkeit und kein begründbares moralisches Handeln. Das Denken kann nur etwas erfassen, das etwas Bestimmtes ist. Platon versteht diese bestimmte Wesenheit, die Idee (ἰδέα oder εἶδος genannt), als grundlegend. Die Idee ist vom Sein her vorrangig.

Das berühmte Höhlengleichnis, das Platon in seinem Werk „Politeia“ (514 a– 521 b und 539 d – 541 b) geschrieben hat, ist nach im Text selbst gegebenen Hinweisen (517 a – 521 b und 532 a– 535 a) im Zusammenhang mit dem Sonnengleichnis (508 a – 509 d) und dem Liniengleichnis (509 d – 511 e) zu deuten.

Es gibt eine sichtbare Welt, eine Welt der Erscheinungen (wird durch Sinneswahrnehmung erfahren), und eine durch Denken zu erfassende Welt der Ideen (vgl. Platons Ideenlehre).

Albrecht  07.12.2012, 04:30

Es gibt folgende 4 Erkenntnisstufen (die 2 für die sichtbare Welt gehören zur Meinung [δόξα], die 2 für die denkbare Welt zum Wissen [ἐπιστήμη] der Vernunft [νοῦς]):

1) Mutmaßung (εἰκασία)

2) Fürwahrhalten/Überzeugung (πίστις)

3) hin- und herlaufendes (diskursives) Denken (διάνοια)

4) einsehendes Denken (νόησις)

Der philosophische Weg ist zunächst der Aufstieg in den Bereich des Denkbaren, in die Welt der Ideen, und das Gewinnen von Erkenntnis, dann die Rückkehr/der Abstieg in die Höhle zu den ehemaligen Mitgefangenen, die noch an den bloßen Anschein des Gesichtssinns gefesselt sind, und ihre Befreiung durch Vermittlung des Wissens.

Das Sehen hat unter den Sinnen darin einen Vorrang, eine Einheit des Sehenden mit dem Gesehenen und eine Wahrnehmung eines Ganzen in einem Augenblick bieten zu können (in einer Anschauung).

Bei der Geometrie kann etwas an wahrnehmbaren Figuren gezeigt werden.

Es gibt nach platonischer Auffassung bestimmte Schwächen/Anfälligkeiten der Sinneswahrnehmung bzw. einer zu unkritischen Überbelastung mit Leistungen, für die sie angeblich alleine schon eine ausreichende Grundlage ist:

a) Bei der Sinneswahrnehmung können Sinnestäuschungen vorkommen.

b) Bei einer einzelnen Sinneswahrnehmung kann eine Blickverengung/eine Fixierung auf eine einzige Perspektive zu einer falschen Gesamtbeurteilung führen.

c) Die Sinneswahrnehmung kann etwas an Einzeldingen erfassen, aber sie neigt zu unmittelbarer Verallgemeinerung, ohne einen Sachgehalt (etwas Bestimmtes in seiner Sacheinheit) richtig zu erfassen. Dies leistet erst begriffliches Denken. Bei den Dingen gibt es etwas, das seinem Wesen nach zur Sache selbst gehört, und etwas, das nicht dazugehört (bei einem Tisch können z. B. Form und Material unterschiedlich sein, aber es gibt eine Grundfunktion bei jedem Tisch, etwas daraufstellen zu können). Die Sinneswahrnehmung gewährleistet keine angemessene Unterscheidung dazwischen.

Platon will nicht die Sinneswahrnehmung als Mittel beseitigen und empirische Wissenschaft abschaffen, sondern auf die Beschränktheit eines einzelnen Sinneseindruckes hinweisen. Die Sinne sind für das Unterscheiden in der Wahrnehmung zuständig. Es geht ihm darum, für Erkenntnisse die Sinneswahrnehmung durch Denken zu erweitern. Der Aufstieg aus der Höhle steht für den Schritt dazu.

2 ) Verhältnis Platon – Aristoteles

Aristoteles ist 20 Jahre lang (367 – 347 v. Chr.) Schüler und Mitarbeiter/Lehrender in der platonischen Akademie gewesen. Dies hat ihn sicherlich geprägt. Es gibt Hinweise darauf, daß in der Akademie auch sehr grundsätzliche Fragen mit unterschiedlichen Meinungen erörtert worden sind. Anzunehmen ist, daß sich Aristoteles daran beteiligt hat.

Darüber, wie das persönliche Verhältnis dabei war, ist kaum etwas bekannt. Zweifalhafte Anekdoten sind wohl eher spätere Erfindungen. So soll Aristoteles einen alterschwachen Platon beiseitegedrängt und dieser dazu bemerkt haben, Aristoteles habe ihn wegegestoßen/Beiseitegedrängt wie ein Füllen, das gegen die Muter, die es geboren hat, ausschlägt (Aelianus, Ποικίλη ἱστορία [Bunte Geschicht; l ateinisch: Varia histori 3, 9 und 4, ), und Diogenes Laertios 5, 1, 2). Gegen solche Darstellungen angeblicher Undankbarkiet steht eine auch fragwürdige Behauptung, Aristoteles habe zu Platons Ehren einen Altar mit lobender Inschrift errichtet (Pseudo-Ammonios).

In der Philosophie hat Aristoteles ein verwickeltes Verhältnis zu Platon. Er steht ihm einerseits nahe, will sich aber offenbar auch abgrenzen und eigene Ansätze hervorheben. In seinen Werken führt Aristoteles, wenn er sich zu Platon äußert, meistens eine kritische Auseinandersetzung mit ihm. Einwände und Vorbehalte tauchen auf. Auch darin kann insofern noch ein Stück Anerkennung stecken, als Aristoteles Themen und Fragestellungen Platons aufgreift. Aristoteles hat Gedanken Platons zum Teil übernommen bzw. fortgeführt und weiterentwickelt. Aristoteles erweckt teilweie den Eindruck, erdennäher zu sein und mehr die Erfahrung und die Erscheinungswelt zu berücksichtigen (Raffales Gemälde „Die Schule von Athen“ drückt so etwas aus). Allerdings ist ein schematisches grobes Entgegenstellen dabei nicht angebracht und führt zu unzutreffenden Vereinfachungen.

Die Ideenlehre ist ein wichtiges Thema einer Auseinandersetzungen. Bei Aristoteles eine Auffassung anzunehmen, Ideen sei bloß immanent (als den Dingen innwohnende Formen) – im Gegensatz zu einer Ideentranszendenz bei Platon – und Allgemeinbegriffe existierten in den Dingen aber nicht vor ihnen, ist als Gesamtdeutung wenig überzeugend, auch wenn so etwas nicht selten zu lesen ist. Deutlich sind bei Aristoteles aber Einwände dagegen, wie die platonischen Iden abgesondert/abgetrennt existieren (Chorismos [χωρισμός]).

Kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Eidos/Idee steht vor allem bei Aristoteles, Metaphysik I 9 und XIII 4 – 6.

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Albrecht  07.12.2012, 04:34

Der von Aristoteles genau vertretene Standpunkt ist schwierig zu erschließen, auch weil seine Schrift über die Ideen nicht erhalten ist.

Die Idee des Guten verwirft Aristoteles, Nikomachische Ethik I4 mit einer Reihe von (nicht unbedingt für eine völlige Ablehnung wirklich tragfähigen) Einwänden. Dabei nähert er sich Platon und der platonischen Akadamie mit respektvoller Ehrfurcht, trägt aber seine Argumente nachdrücklich vor. Zu Beginn erklärt Aristoteles (I 4, 1096 a 11 – 17), die Untersuchung falle schwer/widerstrebe, weil Freunde die Ideen eingeführt haben. Es dürfe aber vielleicht besser, ja Pflicht zu sein scheinen, zur Rettung der Wahrheit auch die eigenen Empfindungen nicht zu schonen, zumal wir Philosophen sind. Denn da beide uns lieb sind, sei es doch geboten/heilig die Wahrheit höher zu achten/vorzuziehen.

Daraus ist lateinisch in einer Kurzformel geworden: amicus Plato, sed magis amica veritas (Platon ist mein Freund, aber noch mehr ist die Wahrheit Freundin). Die Wahrheit wird also noch mehr geliebt als der Freund.

Aristoteles, Nikomachische Ethik VII modifiziert zur Willensschwäche (Akrasia) eine von Platon im Dialog Protagoras vertretene Darlegung.

Aristoteles, Nikomachische Ethik VII und IX zeigt in seiner Darstellung zum Thema Freundschaft ein Studiums des platonischen Dialogs Lysis.

Aristoteles, Politik II lehnt die von Platon im Dialog Politeia vertretene Frauen-, Kinder- und Gütergemeinschaft ab.

Aristoteles, Nikomachische Ethik VII 12- 15 und X 5 knüpft zum Thema Lust an Gedanken Platons (vor allem Protagoras 351 b – 355 b; Politeia 581 c – 586 c; Philebos) an.

Aristoteles vertritt nirgendwo einen rigorosen Dualismus von Körper und Seele und seine Auffassung der Seele als die erste Entelechie (Verwirklichung/Erfüllung/Vollendung) eines natürlichen, der Möglichkeit nach Leben habenden, mit Organen versehenen Körpers (Περὶ ψυχῆς [Über die Seele; lateinisch: De anima] 2, 1, 412a 31 – 32; 2, 1, 412 b 5 -6) führt dazu, keine Unsterblichkeit der individuellen Seele anzunehmen.

Für eine gründliche Untersuchung sind Textabschnitte (vor allem aus einigen platonischen Dialogen, insbesondere Politeia) zu lesen. Bücher können zum Thema weiterhelfen, z. B.:

Michael Erler, Platon (Beck`sche Reihe: bsr - Denker;573). Beck : München, 2006, S. 90 – 94, S. 143 – 162 und S. 209 - 211

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Schwabe : Basel ; Stuttgart, 2007, S. 41 – 59, S. 210 – 211, S. 354 – 406 und S. 520 - 549

Hellmut Flashar, Aristoteles. In: Ältere Akademie, Aristoteles, Peripatos (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 3). Herausgegeben von Hellmut Flashar. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2004, S. 214 – 215

Hellmut Flashar, Die Platonkritik (I 4). In: Aristoteles: Nikomachische Ethik. Herausgegeben von Otfried Höffe. 3., gegenüber der 2. bearbeiteten, unveränderte Auflage. Berlin : Akademie-Verlag, 2010 (Klassiker auslegen ; Band 2), S. 63 – 82

Dorothea Frede, Platon. In: Aristoteles-Handbuch : Leben – Werk – Wirkung. Herausgegeben von Christof Rapp und Klaus Corcilius. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2011, S. 16 - 33

Otfried Höffe, Aristoteles. 3., überarbeitete Auflage, Originalausgabe. München : Beck, 2006 (Beck'sche Reihe : Denker ; 535), S. 14 – 17

Friedo Ricken, Wichtige Stationen der Wirkungsgeschichte. 1. Die ältere Akademie und Aristoteles. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 391 – 393 (Aristoteles)

Jan Szaif, Epistemologie. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 112 – 130

Jan Szaif, Wahrheit. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 347 - 351

Jan Szaif, Wissen - Meinen. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 112 – 130

Thomas Alexander Szlezák, Das Höhlengleichnis (Buch VII 514 – 521 b und 539 d – 541 b). In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 2., überarbeitete Auflage. Berlin : Akademie-Verlag, 2005 (Klassiker auslegen ; Band7), S. 205 – 228

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Nach Aristoteles liegen die verschiedenen seelischen Vermögen in einem Lebewesen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden eine Einheit, in derdas niedere, der Potenz nach im höheren enthalten ist: Denn immer liegt das Ernähere dem Vermögen nach imFolgenden vor, bei den Figuren als auch beim Beseelten, wie zb. im Viereck das Dreieck, im Wahrnehmungsvermögen das Ernährungsvermögen Aus diesem Einschlußverhältnis folgt zum einen, dass das höhere Vermögen in einer kausalen Abhängigkeit vom niederen steht Zum anderen folgt daraus, dass das niedere auf die Leistung des höheren Vermögens ausgerichtet ist. den Menschen als einem leib-seelischen Wesen ergibt sich aus diesem Prinzip,dass einerseits die Tätigkeit des Intellekts auf die Wahrnehmung angewiesen ist, andererseits aberauch dieWahrnehmung in einer bestimmten Weise auf die Leistung des Intellekt ausgerichtet ist. Das legt die Vermutung nahe, daß sich die menschliche Wahrnehmung innerhalb dieser seelischen Inklusion in irgendeiner Weise von der animalischen Wahrnehmung unterscheiden muß.

Kausalen Abhängigkeit des menschlichen Intellekts vom Wahrnehmungsvermögen: Diese Abhängigkeit zeigt sich darin, daß das menschliche Denken – also die sich im Verbinden oder Trennen von Gedankeninhalten bzw. Begriffenvollziehende Tätigkeit des Intellekts,die im Idealfall in einem wahren Urteil resultiert und dann je nach Gegenstandsbereich oder –nicht ohne Wahrnehmung und phantasia möglich ist. Ohne Hilfe der Wahrnehmung könnten wir zu keinem sachhaltigen Wissen über die Wirklichkeit kommen und wenn wir eine Sachverhalt mit Hilfe von Begriffe ndurchdenken, stellen wir uns dabei immer etwas vor Augen, wofür wir phantasmata, gespeicherte Wahrnehmungsinhalte brauchen (ohne Vorstellung kann Denken nicht sein. Denn im Denken tritt derselbe Begleiteffekt auf wie beimZeichnen eines Diagramms (Mem. 450a1–5; ?bers. King)