Nicht-Kohlenstoff-basiertes Leben möglich?

11 Antworten

Ein lebendes System ist zu selbstbestimmter Aktivität befähigt.

Ein lebendes System braucht einen starken Energiegradienten oder (Teilchen)Strom in seiner Umgebung, einen Energiespeicher, einen Informationsspeicher und möglichst geringe Differenzen zwischen den möglichen Zuständen des Informationsspeichers. Je größer der Energiegradient ist, umso mehr physikochemische Realisierungsmöglichkeiten gibt es für die Anforderungen.

Es gibt bestimmt Bereiche im Universum, wo Leben ganz anders organisiert ist, als auf Kohlenstoffbasis.

Das kann man nicht sicher beantworten, da man ja nur das auf Kohlenstoff basierte Leben kennt und eine andere Form hat man bisher nicht entdecken können oder irgendwie künstlich anzüchten können. Prinzipiell gehen aber manche Astrobiologen davon aus, dass auch andere Formen möglich sind, z.B. auf Basis von Silizium, das ja auch 4 Bindungen aufweist und z.T. auch ähnliche Eigenschaften hat wie Kohlenstoff. Andere Alternativen wären z.B. Bor oder Schwefel. Betrachtet man aber die Häufigkeitsverteilung der Elemente im Universum, dann ist nach Wasserstoff, Helium und Sauerstoff, Kohlenstoff das vierthäufigste Element. Auch in Gaswolken, aus denen ja Sterne und Planeten entstehen, gibt es eine ähnliche Häufigkeitsverteilung, die natürlich auch etwas schwanken kann, je nach Masse des Vorgängersterns. Daher bietet sich Kohlenstoff nicht nur wegen seiner 4 Bindungen sehr gut für Leben an, sondern auch wegen seiner Häufigkeit und das Leben versucht quasi immer sich den einfachsten Weg zu Nutze zu machen. Allerdings gibt es, was die Häufigkeit der Elemente im All angeht, nach Wasserstoff und Helium eine riesen Lücke, denn nur ca. 0,1% aller Elemente sind sind andere als Wasserstoff und Helium, trotzdem ist Kohlenstoff das vierthäufigste Element, danach folgt übrigens Stickstoff.

Silizium hat zwar 4 Bindungen, ist aber nicht geeignet eine solche Vielfalt an unterschiedlichen Bindungen zu erzeugen, wie es die organische Chemie beschreibt.

Die zyklischen Kohlenwasserstoffe haben kein Pendant bei den anderen Elementen des Periodensystems.

Isaac Asimov war nicht nur Biochemiker und Sachbuchautor, sondern hat auch außergewöhnlich viele gute Science-Fiction verfaßt. In einer Kurzgeschichte befaßt er sich mit dem Leben auf der Basis von Silizium: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Talking_Stone

Chemisch ist jedes Element als Basis geeignet, das sich wie Kohlenstoff verhält (4 Valenzelektronen), also z.B. Silizium. Im wesentlichen sind mit solchen Elementen die gleichen Bindungen wie mit C möglich.

Ein paar Unterschiede gibt es aber schon. Alle C-Ersatzelemente -

  • kommen seltener vor
  • haben höhere Atommassen und reagieren daher träger

Besonders aus ersterem Grund hätte siliziumbasiertes Leben auf der Erde null Chance gehabt und wäre (aus beiden Gründen) schon in der Frühphase verdrängt worden.

Wichtig für die Entstehung von Leben ist auch ein Lösungsmittel/ Katalysator, wie Wasser. Selbiges wird deshalb als besonders geeignet erachtet, weil es über einen breiten Temperaturbereich in flüssiger Form vorkommt und damit ist der Temperaturbereich quasi vorgeschrieben.

Natürlich gibt es weitere Elemente/Moleküle, die in flüssiger Form vorliegen, aber es ist nicht wirklich hilfreich, wenn die Flüssigphase z.B. bei -180 Grad beginnt. Bei Tiefsttemperaturen laufen chemische Prozesse nämlich langsamer ab.

Die verfügbare Energie spielt auch eine Rolle - bei einem sonnenfernen Planeten würden Organismen wg. mangelnder Energie nochmals langsamer ablaufen.

Auf der Erde haben die Vor-Lebensprozesse deutlich mehr als 1 Mrd. Jahre benötigt, bevor allerprimitivste Organismen existierten. Und nochmal die gleiche Zeit bis zu ersten Mehrzellern.

Auf einem (hypothetischen) Gesteinsplaneten auf der Bahn des Neptun, also bei Tiefsttemperatur, wäre die Entwicklung heute noch nicht bei den Einzellern angekommen. Mehrzeller würden womöglich erst entstehen, wenn die Sonne am Ende ihres Lebens angekommen ist, also "Aus" bevor es richtig beginnen könnte.

Solche Organismen würden also einen Stern mit deutlich größerer Lebens-spanne benötigen, nämlich einen Roten Zwerg. Möglich, daß es solche Organismen geben könnte, aber noch nicht! - In 5 bis 10 Mrd. Jahren können wir nochmals über diese Möglichkeit diskutieren.

Daß es Rote Zwerge schon viel länger als unsere Sonne gibt und daß einige heute ein "gesetztes" Alter von über 12 Mrd. Jahren erreicht haben, ist nicht wirklich hilfreich, denn damals war das Universum extrem arm an schweren Elementen und dazu zählt auch Kohlenstoff (noch schwerere gab es damals nur in Spuren). D.h. so alte Rote Zwerge können keine Gesteinsplaneten haben und Gasriesen sind völlig kontraproduktiv.

Also, grundsätzlich ist eine Nicht-C-Basis möglich, aber extrem unwahr-scheinlich, weil C-basiertes Leben andere Lebensformen recht rasant verdrängen würde (sofern selbiges überhaupt bis zu den Einzellern käme).

Survival of the fittest

Nachtrag:

Siliziumbasiertes Leben könnte trotzdem existieren. Nämlich dann, falls irgendeine C-basierte Zivilisation künstliche Intelligenz entwickelt hätte, die ein Selbstbewußtsein besitzt. Und sofern die Schöpfer dieser Super-KI dämlich genug waren den Notaus-Knopf zu vergessen (oder dessen Kontrolle einer KI übertragen haben) und plötzlich feststellten, daß jene KI sich mit der Abschaffung der Kohlenstoffeinheiten befaßte...