Müssen Förster bäume fällen?

2 Antworten

Hallo,

Wenn du eine generelle Abneigung dagegen hast, dass Bäume gefällt werden, ob von dir selbst oder von anderen, dann wärst du definitiv fehl am Platz. Als Förster befasst man sich mit den vielfältigen Funktionen des Waldes. Die Nutzfunktion ist eine davon, und du wirst nicht umhinkommen, dich in Studium/Ausbildung damit zu befassen. Genauso wenig könntest du Förster werden, wenn du der Meinung wärest, bei der Behandlung von Wälder dürfte keinesfalls der Schutz der Natur eine Rolle spielen.

Wenn es darum geht, selbst Bäume umzuschneiden:

Ich habe Forstwirtschaft studiert. Im Studium gab es damals zwei praktische Semester. Das erste davon sollte insbesondere dazu dienen, die praktische Arbeit im Wald selbst kennenzulernen. Da war ich in einem Forstrevier hauptsächlich mit den Forstwirten unterwegs und habe auch selbst Bäume gefällt. Natürlich wurde ich darauf, gut, wie ich fand, vorbereitet: am Anfang stand ein zweiwöchiger Kurs an einer Waldarbeitsschule - vor diesem hätte ich auch keinen Baum fällen können. Inzwischen ist dieses erste praktische Semester eingedampft auf ein sechswöchiges Projekt, und vermutlich wäre es heute noch leichter als zu meiner Zeit möglich, durchzukommen, ohne je einen einzigen Baum selbst gefällt zuhaben. Ein anderer Weg um Förster zu werden wäre der Forsttechniker. Dieser ist eine Zusatzausbildung für gelernte Forstwirte. Dorthin wird man kaum kommen, ohne Bäume selbst gefällt zu haben.

Inzwischen arbeite ich seit Jahrzehnten als Förster. Ich hatte schon verschiedene Aufgaben, das eigenhändige Fällen von Bäumen gehörte nie dazu. DEN typischen Arbeitstag gibt es nicht. Mein geplanter Ablauf wird immer wieder über den Haufen geworfen: ich hatte vor, auszuzeichnen, also dort, wo ich geplant habe, dass eine Hiebsmassnahme passiert, die tatsächlich vorgesehenen Bäume zu markieren, da kommt ein Anruf eines Privatwaldbesitzers, der dringend eine Beratung benötigt, er hat nur noch heute Zeit, und muss dringend die Pflanzen bestellen zur Aufforstung seiner Borkenkäferfläche, weiß nicht, welche Baumarten sich eignen, und er hat gehört, er könne für die Maßnahme staatliche Fördermittel bekommen, und in meinen E-Mails finde ich eine detaillierte Abfrage bezüglich des Fördermittelbedarfes für waldbauliche Maßnahmen im nächsten Jahr- zu beantworten bis vorgestern. Ich werde mich also mit dem Privatwaldbesitzer im Wald treffen, den Standort beurteilen, ihm Vorschläge für geeignete Baumarten unterbreiten, die Fläche ausmessen und einen Förderantrag vorbereiten, den er unterschreibt, dann kann er die Pflanzen bestellen. Danach beantworte ich die Anfrage, die gerade eben ein ganz kleines bisschen umfangreicher geworden ist. Am Nachmittag nehme ich das Holz auf, das ein Unternehmer eingeschlagen hat, das heißt, ich überprüfe die Aushaltung, also die Maße und die Qualitätseinstufung und erfasse es in der EDV.

Das ist nur ein Teil meiner jetzigen Aufgaben, und Kollegen haben noch andere. Aber das eigenhändige Fällen von Bäumen gehört nicht dazu. Das Modell des Försters, der ein nur kleines Revier betreut, und dafür einen Teil der Betriebsarbeiten wie Holzfällung selbst ausführt, es war nie sehr verbreitet, und es wird immer seltener. Aber wie viele andere muss ich auch beurteilen können, ob Andere, Forstwirte Unternehmer, Waldbesitzer,... Fällarbeiten technisch richtig und sicher ausgeführt haben. Dazu finde ich es persönlich hilfreich, wenn ich auch praktisch weiß, wovon ich rede. Deshalb bin ich dankbar, dass ich in der Ausbildung auch gelernt habe, selbst Bäume zu fällen. Ich praktiziere es heute in der Freizeit im eigenen Wald. Meine Kenntnisse und Fertigkeiten habe ich zwischenzeitlich wieder mal in einem Kurs aufgefrischt.

Hayns  11.12.2023, 14:08

Sehr hilfreiche Antwort - sicher die "Hilfsreichste" 👍

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Die Bäume werden ja nicht zum Spaß gefällt, sondern um einen nachhaltigen Rohstoff zu erhalten, nämlich Holz.

Die Aufgabe des Försters ist dabei insbesondere zu managen, dass dies auch alles nachhaltig abläuft, das heißt, dass nicht mehr Holz geschlagen wird als nachwächst.