Lokativ Latein in anderen Deklinationsklassen?

2 Antworten

Hallo,

den Lokativ gab es im Indogermanischen und ist in späteren Sprachen in anderen Fällen aufgegangen.

Im Griechischen und Deutschen im Dativ, im Lateinischen im Ablativ.

Er war der Kasus der Orts- und Zeitangabe.

In einigen wenigen Fällen taucht er auch im Lateinischen und Griechischen mit eigener Endung -i auf, etwa in her-i, Romae (urspr. Roma-i), dom-i, grch.: oiko-i, zu Hause.

Es sind also Reste aus der Grammatik einer älteren Sprache, die uns hier begegnen.

Herzliche Grüße,

Willy


LYDWAC 
Fragesteller
 25.08.2019, 21:22

Also wird er nur noch bei Städten und diesen einzelnen Fällen, wie bei Domus benutzt?

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Im Indogermanischen wurde der Locativ für die o-Stämme im Sg. mit -oi und im Pl. mit -oisu gebildet, für die a-Stäm­me mit -āi und -āsu und für die Konsonanten­stäm­me -ēi und -(i)su. Aber dar­aus folgt einmal nichts für die späteren Sprachen: Im Grie­chi­schen z.B. lassen sich die Dativ-Formen größten­teils auf indogermanische Loca­tive zu­rück­führen, die echten Dativ-Endungen -ei und -bʰios sind dagegen weg­gestorben.

Im Lateinisch ist der Locativ (≈Ort) zusammen mit dem Instrumental (≈Mittel) und dem Ablativ (≈Trennung) zu einem einzigen Fall verschmolzen, und das erklärt, war­um der lateinische Ablativ mit so vielen Gesichtern erscheinen kann. Der Locativ hat sich in einzelnen Formeln wie z.B. domī bellīque ‘im Heim und auf dem Kriegs­zug', meae domī ‘bei mir zu Hause’ oder humī ‘am Boden’ erhalten, und generell in Städte­namen. Im Altlateinischen finden wir noch die Endungen -ai und -iī für die a- und o-Stäm­me, daraus wurde dann klassisch -ae und -i (beachte, das der Gen. Sg. der o-Stäm­me auch in den ältesten Inschriften nur -ī ist, also im Altlateinischen vom Locativ verschieden).

Der Plural-Locativ war immer gleich dem Dativ bzw. Ablativ. Die Endung -is ist sowie­so ein bißchen rätselhaft und ist vermutlich eine Vermischung aus den idg. Endun­gen -bʰ(i)os für Dat/Abl und -su für den Locativ.

Aber letztlich wurden die Locativformen vollständig durch Ablative verdrängt. Inter­essan­ter­weise stammen die heutigen italienischen Städtenamen manchmal von der Locativ-Form ab (Firenze←Florentiae).

Außerhalb der a/o-Stämme kommen Locative offenbar kaum vor: diē septumī ‘am sie­ben­ten Tag’, rūrī ‘am Land’, lūcī ‘bei Sonnenaufgang’, Karthāginī ‘in Karthago’, temperī (≈temporī) ‘zur rechten Zeit’, aber die scheinen ana­log nach­gebildet und nicht ererbt zu sein; Plautus ist voll mit a/o-Locativen und hat keine für die anderen Stäm­me. Bei Städte­namen nimmt man dann den Ablativ für die Ortsangabe.

Die Quelle meiner Weisheit ist Weiss, A Historical and Comparative Grammar of Latin.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik