"Liebe" - Nächstenliebe, ein Unterschied?

13 Antworten

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Hallo qwertus

Zunächst solltest Du klären, was die Bibel meint, wenn sie von Liebe spricht - denn in der Heiligen Schrift - insbesondere in den christlichen griechischen Schriften (NT) werden unterschiedliche Arten der Liebe erwähnt, weil nämlich die alten Griechen interessanterweise vier Wörter für „Liebe“ kannten.

Das eine, nach dem Du fragst, ist érōs,.

Es ist die Bezeichnung für die romantische Liebe, bei der die geschlechtliche Anziehung eine Rolle spielt. Dieses Wort wird im NT NICHT erwähnt, allerdings erscheint das Wort érōs in der Septuaginta in Sprüche 7:18 und 30:16, und in den Hebräischen Schriften (AT) wird auch noch an anderen Stellen auf die romantische Liebe Bezug genommen.

Dann ist da die starke familiäre Liebe oder natürliche Zuneigung, die auf Blutsverwandtschaft beruht und für die die Griechen das Wort storgḗ gebrauchten.

Auf diese Liebe bezieht sich das Sprichwort: „Blut ist dicker als Wasser.“

Ein gutes biblisches Beispiel dafür haben wir in der Liebe der Schwestern Maria und Martha zu ihrem Bruder Lazarus. Dass er ihnen viel bedeutete, ist daran zu sehen, wie sehr sie seinen plötzlichen Tod beklagten. Und wie sie sich doch freuten, als Jesus ihren geliebten Lazarus wieder auferweckte! (Johannes 11:1-44).

Ein auffälliger Mangel dieser Liebe ist ein Anzeichen dafür, dass wir in den „letzten Tagen“ leben. Die Bibel kündigt an, dass „kritische Zeiten dasein werden, mit denen man schwer fertig wird“. Der Grund ist der Mangel an „natürlicher Zuneigung“ (2. Timotheus 3:1, 3).

Dieser Mangel an Liebe in der Familie ist auch ein Grund, weshalb Jugendliche von zu Hause weglaufen und manche Erwachsene ihre betagten Eltern vernachlässigen. (Vergleiche Sprüche 23:22.)

Außerdem gibt es das griechische Wort philía, das Zuneigung unter Freunden anzeigt (ohne dass dabei sexuelle Begierden mitschwingen), beispielsweise zwischen zwei erwachsenen Männern oder Frauen. Die Liebe zwischen David und Jonathan ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür.

Als Jonathan in der Schlacht gefallen war, beklagte David seinen Tod mit den Worten: „Ich bin bekümmert deinetwegen, mein Bruder Jonathan, sehr angenehm warst du mir. Wunderbarer war mir deine Liebe als die Liebe von Frauen“ (2. Samuel 1:26).

Und über Jesus Christus wird berichtet, dass er den Apostel Johannes besonders gern hatte. Dieser war als der Jünger bekannt, „zu dem Jesus Zuneigung hatte“ (Johannes 20:2).

Ein ganz anderes griechische Wort gebrauchte Paulus in 1. Korinther 13:13, wo er Glauben, Hoffnung und Liebe erwähnte und erklärte: „Die größte aber von diesen ist die Liebe.“? Hier benutzt er das Wort agápē, das auch der Apostel Johannes benutzte, als er sagte: „Gott ist Liebe“ (1. Johannes 4:8, 16).

agápē ist eine von Grundsätzen geleitete oder beherrschte Liebe. Sie kann, muss aber nicht, Zuneigung und Anhänglichkeit einschließen; doch handelt es sich grundsätzlich um selbstlose Gefühle oder Empfindungen, die jemanden dazu veranlassen, anderen Gutes zu tun, ungeachtet dessen, ob die Empfänger es verdienen oder ob dem Geber irgendwelche Vorteile daraus erwachsen!!

Eine solche Liebe veranlasste Gott, seinen kostbarsten Schatz, seinen einziggezeugten Sohn, Jesus Christus, zu geben, „damit jeder, der Glauben an ihn ausübt, nicht vernichtet werde, sondern ewiges Leben habe“ (Johannes 3:16).

Als Erinnerung daran schrieb Paulus: „Kaum wird jemand für einen gerechten Menschen sterben; ja, für den guten Menschen zu sterben, wagt es vielleicht jemand noch. Gott aber empfiehlt seine eigene Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns starb, während wir noch Sünder waren“ (Römer 5:7, 8).

Die agápē - Liebe ist also etwas ganz besonderes, denn - um es noch einmal zu betonen - sie tut anderen Gutes, wobei es keine Rolle spielt, wie geachtet diese sind oder was es denjenigen kostet, der jene Art Liebe bekundet.

Diese selbstlose Liebe (agápē) ist - wie oben schon erwähnt - größer als Glaube und Hoffnung.

Und ich hoffe nun, das Dir diese Hinweise etwas weiter helfen.


PS: Im engen Zusammenhang mit diesen Überlegungen steht diese Frage:

http://www.gutefrage.net/frage/wenn-es-im-christentum-um-liebe-geht-warum-hat-gott-sein-sohn-dann-so-qualvoll-sterben-lassen#answer17586144



Abundumzu  29.04.2013, 10:18

Ergänzend

zu dem oben Dargelegten, mag es für Dich hilfreich sein, wenn Du die ausführliche Beschreibung der Liebe direkt in der Bibel (in 1. Korinther 13:1-14:1) aufmerksam liest.

Der Schreiber wurde von Gott dazu inspiriert, die herausragenden Facetten jener Art von Liebe aufzuzählen, die unser Schöpfer uns vormacht.

Auszugsweise heißt es dort in Vers 4:

" . .  Die Liebe ist langmütig und gütig. Die Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht, bläht sich nicht auf,  benimmt sich nicht unanständig, blickt nicht nach ihren eigenen Interessen aus, läßt sich nicht aufreizen. Sie rechnet das Böse nicht an.  Sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit, sondern freut sich mit der Wahrheit.  Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, erduldet alles. Die Liebe versagt nie. . . "

Hier findest Du den ganzen Text, den Du Dir dort auch vorlesen lassen kannst:

http://www.jw.org/de/publikationen/bibel/1-korinther/13



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Fantho  30.04.2013, 16:30
@Abundumzu

Ab und (um)zu liegt die Würze in der Kürze ;-)

MfG Fantho

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Abendlicht2013  01.05.2013, 08:21
@Abundumzu

abundumzu, diese Antwort ist wirklich sehr hilfreich. Auch mir tut es gut, mir diese Ausführungen über die Liebe, ihre verschiedenen Facetten und Erscheinungsformen einmal wieder zu Gemüte zu führen.

Die Menschen sind sehr arm (besonders unsere jungen Menschen, die kaum noch wahre Liebe erfahren dürfen) weil sie heute eigentlich nur die Eros-Liebe (oder eigentlich noch weniger, Sexus, da fehlt sogar die Romantik) kennen. Es ist zerstörerisch, sich ausschlieißlich auf diese im Grunde egoistische Form der "Liebe" zu beschränken.

Wir Menschen sind von unserem Schöpfer so geschaffen, daß Agape, eine grundlegende Liebe zu den Mitmenschen, für ein gedeihliches Zusammenleben unerläßlich ist. Das wird heute völlig vergessen, nicht verstanden und nicht gelebt. Deshalb haben wir soviel psychisch kranke Menschen, weil dieses grundlegende Bedürfnis nicht befriedigt wird.

In 1. KOr. 13 wird das Hohe Lied der AGAPE, der wahren Liebe, besungen, ein Meisterwerk der Weltliteratur, das viel zu wenig Beachtung findet.

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Wahre Anteilnahme am Anderen ist ein seelisches Gefallen - also Liebe! Und so sollen wir uns ertragen - in dieser seelisch-aufrichtigen Liebe. Wenn wir in übertriebener Weise nur stets auf uns selbst fixiert sind, sind wir unfähig zur Liebe wie Gott sie meint. Wer sich selbst hofiert, neigt auch sehr zum Beleidigtsein und ist dann auch meist damit beschäftigt, seine eingebildeten oder selbst provozierten Verletzungen zu pflegen. Nächstenliebe ist eine Herausforderung in dieser Gesellschaft, wo jeder meist nur an sich selbst denkt. Bereiche wo wir das üben können, gibt es genug. Wir müssen nur bereit dazu sein. Es kostet uns etwas Nächstenliebe zu praktizieren. Man sollte aufmerksam und sensibel sein und mit Gefühlen muss das nicht zwangsläufig etwas zu tun haben. Wer einen anderen sieht der Kummer und Sorgen und vielleicht einen Mangel an grundsätzlichen Dingen hat (Essen, Geld, Kleider, Kontakte) und man selbst ist in der Lage helfen zu können, ist das auch ein Akt der Nächstenliebe wenn man es tut. Es ist also nicht nur mit Partnerschaft und Familie verbunden, sondern mit dem wie man grundsätzlich eingestellt ist. Sicherlich kann man nicht immer jedem helfen, aber Freundlichkeit und auch (wenn man Christ ist) eine Fürbitte vor Gott ist immer möglich und nützlich. Die Liebe zu einem Partner ist intensiver weil man dort inhaltlich auch anders miteinander umgeht. Liebe hat viele Gesichter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – EBTC Internationale Bibelschule Berlin, Autor

Im Gegensatz zum Humanismus als einer Art von Menschenfreundlichkeit, die es schon zu allen Zeiten gegeben hat, hat die christliche Nächstenliebe ihren Grund in der Gottesliebe. Aus Liebe zu Gott wird man Ihn auch in den Mitmenschen lieben, in denen Er auch gegenwärtig ist. Das ist keine Sache des Gefühls, sondern eine Grundhaltung des Willens. Nur so ist sogar Feindesliebe möglich.

Es gibt verschiedene Arten der Liebe, aber alle haben auch immer mit Gott zu tun. In die christliche Nächstenliebe eingebettet ist auch die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe zwischen Eltern und Kindern oder Geschwisterliebe. Diese wird man im besonderen Maße lieben können, weil sie uns nahe stehen. Auch Nichtchristen werden ihre Angehörigen lieben - aus ganz natürlichem Empfinden. Deshalb sagt Christus auch, dass dies nichts Besonderes ist, weil das auch die "Heiden" tun. Christliche Nächstenliebe geht weiter. Sie wird sich bewähren, wenn Schwierigkeiten auftreten oder es schwer fällt, auch die Fehler des Partners zu ertragen. Eheleute leben nicht nur füreinander, sondern sie leben gemeinsam für Christus.

Das Wesen der christlichen Ehe besteht gerade darin, daß Partnerschaft und Nähe zu Gott unmittelbar zusammengehören. Mann und Frau erreichen sich mit ihrer Liebe nicht nur gegenseitig. Miteinander erreichen sie Gott selbst. In ihrer Liebe wird Christus mitgeliebt.Das bedeutet: Wenn die Ehegatten einander näher kommen, werden sie zugleich inniger mit Christus vereinigt. Die Aufopferung gehört sicher dazu - besonders, wenn es schwer fällt.

Fantho  30.04.2013, 16:04

Hallo Raubkatze45,

Mann und Frau erreichen sich mit ihrer Liebe nicht nur gegenseitig. Miteinander erreichen sie Gott selbst

Hier gehe ich noch d'accord, aber bei diesen Aussagen

In ihrer Liebe wird Christus mitgeliebt. .... Wenn die Ehegatten einander näher kommen, werden sie zugleich inniger mit Christus vereinigt.

nicht mehr, denn auch Nichtchristen errreichen Gott. 'Christus' wird stets missgedeutet und 'vergewaltigt', dabei bezog er sich nur auf Gott. Er wollte nicht, dass man ihm huldigt und anbetet, sondern 'seinem' Gott. Nicht Christus wird mitgeliebt, sondern man liebt sich als Seele, liebt den Nächsten als Seele und liebt somit zugleich Gott. Aber lass(t) bitte den 'Christus' aus dem Spiel, zumal die Ewige Liebe Gottes auch alle Nichtchristen und Nichtgläubige ein- und umschließt. Die Christen sind weder elitär noch haben sie eine Vorrangstellung; schon gar nicht bei Gott. Gottes Ewige Liebe ist in allen, und mit dem Austausch und dem Ausleben menschlicher (Nächsten)Liebe agieren wir im Zeichen und Sinne Gottes, nicht im Zeichen Christus.

In meinen Augen ganz besonders schlimm ist diese Aussage:

Eheleute leben nicht nur füreinander, sondern sie leben gemeinsam für Christus.

Eheleute leben füreinander, miteinander und auch mit ihrem Umfeld zusammen. Nicht für Christus, nicht für Buddha, nicht für Mohammed, nicht für Krishna und wem sonst noch. 'Nur' Gott ist stets anwesend und dabei.

MfG Fantho

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Eigentlich ist dein Partner dein "Nächster", er steht dir sogar besonders nahe. Also hat er wohl am meisten Anspruch, geliebt zu werden und zwar mit einer umfassenden Liebe. abundumzu hat die verschiedenen Facetten der Liebe aufgezählt, besonders wichtig ist die Agape-Liebe, die du natürlich und vor allem auch deinem Partner schuldest.

Ansonsten ist wohl immer derjenige dein "Nächster", der dir gerade nahe ist, vielleicht sogar räumlich, so daß die Personen hier wechseln. Gehe ich über die Straße und sitzt da ein Bettler, ist der mir zu diesem Zeitpunkt räumlich der "Nächste", dem ich Agape-Liebe zukommen lassen sollte. Auf Arbeit ist der Kollege am Arbeitsplatz mein "NÄchster", solange ich dort anwesend bin. Und und und.....

Hallo qwertus,

s gibt viele Formen der Liebe, welche z.B. sind: Mutterliebe, Tierliebe, Selbstliebe, Partnerliebe, Nächstenliebe usw. usf.

Bei der Partnerliebe gibt s ebenso Unterschiede: Platonische bzw. Freundesliebe und Partnerschaftsliebe. Während erstere ein rein seelisch-geistiges Prinzip ist ohne körperliche Beteiligung und Besitzwunsch, handelt s sich bei der zweiten Form um eine intime Liebe, sprich mit körperlicher Beziehung und Sex.

Die Nächstenliebe kann man als Oberbegriff heranziehen, wenn s sich hierbei um eine Liebe handelt, die ausserhalb der eigenen bzw. Selbstliebe in Kraft tritt. Dabei können Eltern (Elternliebe), Geschwister (Geschwisterliebe), Freunde, aber auch Kollegen und andere Mitmenschen einbezogen werden. Während die Partnerliebe 'nur' auf den Partner bezogen ist, sind bei der Nächstenliebe alle (Mit)Menschen gemeint.

MfG Fantho