Lässt man im Alltagsdeutsch die Dativ-Endung -en weg?

Das Ergebnis basiert auf 18 Abstimmungen

bei uns sagt man: Dem Patienten geht es gut. 78%
bei uns sagt man: Dem Patient geht es gut. 22%
bei uns sagt man es ganz anders 0%

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
bei uns sagt man: Dem Patienten geht es gut.

Patient ist ein Substantiv der schwachen Deklinationsklasse. Diese Wörter bilden alle Kasus außer dem Nom Sg auf -en, z.B. Knabe, Graf, Junge. Alle durch Substantivie­rung von Adjektiven gebildete Substantive fallen in diese Klasse, und ein Haufen Fremd­­wörter, besonders solche mit den Ableitungssilben -ist (Tourist, Pianist), -nt (La­bo­rant, Referent, Patient, auch Scherzbildungen wie Lieferant, Suderant) oder -nd (Diplomand), auch Einzelstücke wie Diplomat.

Über die Zeit beobachtet man, daß es eine gewisse Tendenz gibt, das Substantive von der schwachen zur starken Deklination wechseln, z.B. Garten, Frieden.Und ich denke, dasselbe siehst Du hier auch: Leute wollen diese Substantive stark deklinieren und machen daher einen Dat Sg so wie bei starken Substantiven; kaum einer traut sich das in einem anderen Kasus und sagt so etwas wie Die Akten dieses **Patients liegen bei der Verwaltung. Das mag jetzt beginnender Sprachwandel sein, aber auf jeden Fall ist es inkonsistent und daher falsch — schwache Deklination mit starkem Dat Sg ist ja kein generelles Paradigma.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
WilliamDeWorde 
Fragesteller
 14.06.2023, 14:23

Danke. Deshalb zieht man im Gasthaus zum Hirschen dem Bär die Fälle über die Ohren.

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ZiegemitBock  14.06.2023, 18:33
@WilliamDeWorde

Dem Bären werden höchstens Felle über die Ohren gezogen bzw. das Fell. Sonst wäre er ja Kommissar.

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WilliamDeWorde 
Fragesteller
 14.06.2023, 18:39
@ZiegemitBock

Da hat wohl jemand den Kalauer nicht verstanden. Ich habe nicht geschrieben: Dem Bären, sondern dem Bär. Darum sind es die Fälle, die grammatischen.

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ZiegemitBock  15.06.2023, 08:29
@WilliamDeWorde

Oh, danke für die Aufklärung! Da war wohl mein Humordetektor defekt. Bin derzeit durch Arthroseschub beeinträchtigt, vielleicht deshalb.

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spanferkel14  14.06.2023, 15:14

"Garten" und "Frieden" haben eine Null-Endung im Plural und waren noch nie von der schwachen maskulinen Deklination betroffen. Die n-Deklination im Singular betrifft nur Maskulina mit Plural-Endung -(e)n, mit Ausnahme von Wörtern auf -or. Es gibt noch einige wenige andere Ausnahmen, aber die sind vernachlässigenswert (jedenfalls, um sie extra zu lernen, wenn man sie nicht automatisch richtig macht).

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indiachinacook  14.06.2023, 22:28
@spanferkel14

Bei Garten war im Mittelhochdeutschen (garte) kein -n im Nom Sg dran, und die Wörter wurden schwach dekliniert (also Gen Sg auf -n). Von der obliquen Form mit -n wurde dann ein neuer Nom Sg gebildet, der stark dekliniert wurde.

Für Frieden finde ich leider keine wiktionary-Einträge; die Sache ist auch deutlich verwirrender, aber letztlich hatte dieses Wort im Mittelhochdeutschen kein -n (vride) und bekam es erst im Neuhochdeutschen auf dem Umweg über die schwache Deklination. Darüber habe ich einmal eine längere Antwort geschrieben: https://www.gutefrage.net/frage/heisst-es-der-frieden-oder-der-friede-im-nominativ

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bei uns sagt man: Dem Patienten geht es gut.

Nur das ist korrekt, auch auf der Straße.

"Talent" und "Monument" haben doch mit der schwachen maskulinen Deklination überhaupt nichts zu tun: das Talent, das Monument.

Die schwache maskuline Deklination im Singular betrifft nur maskuline Wörter, deren Pluralform -(e)n ist, mit Ausnahme von Wörtern auf -or.

Ich habe vor einigen Tagen schon einmal auf eine Frage nach der n-Deklination geantwortet, deshalb hier ein Screenshot meiner Antwort (Zum Vergrößern anklicken!):

Bild zum Beitrag

 - (Deutsch, Patient, Deklination)
bei uns sagt man: Dem Patienten geht es gut.

Ich glaube, es handelt sich um einen Sprachwandel. Im Laufe der Jahrhunderte sind in der deutschen Sprache viele Endungen weggefallen oder vereinfacht worden. Die Entwicklung wird sicher so weitergehen.

Die Wörter "Talent" und "Monument" sind Ausnahmen, weil sie nicht männlich, sondern sächlich sind.

Von Experte spanferkel14 bestätigt
bei uns sagt man: Dem Patienten geht es gut.

Es ist kein "Alltagsdeutsch", sondern grammatikalisch falsche Umgangssprache, wenn man statt des Genitivs den Dativ oder statt des Genitivs den Akkusativ verwendet. Leider ist das sehr verbreitet.

Genauso falsch: wegen dem guten/schlechten Wetter ...

spanferkel14  14.06.2023, 15:22

Danke! Ich würde aber ein "auch" nach "Es ist" setzen. Sonst denkt man, deine Erläuterung bezöge sich auf die schwache, maskuline Deklination.

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bei uns sagt man: Dem Patient geht es gut.

Und es regt mich jedes Mal auf. Es ist ganz klar "dem PatientEN". Es ist doch nicht so schwierig.

Ich sage aber immer "dem Patienten".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich liebe alles, was mit Sprache zu tun hat.