Kirche in der NS-Zeit?

9 Antworten

Es gab nicht DIE evangelische Kirche. Es gab die Deutschen Christen (mehrheitlich evangelisch) und es gab die Bekennende Kirche.

Nachdem die Deutschen Christen den sogenannten  Arierparagraphen in der größten evangelischen Landeskirche, der Altpreußischen Union, für Kirchenämter eingeführt hatten, gründeten die Pfarrer Eugen Weschke, Herbert Goltzen und Günter Jacob im September 1933 den Pfarrernotbund. Er rief alle deutschen Pfarrer zum Protest gegen den "Arierparagraphen" und zur Hilfe für Betroffene auf. Ab Mitte Oktober hatte der Pfarrernotbund eine feste organisatorische Struktur. Bis Januar 1934 schloß sich ihm mit etwa 7.000 Pfarrern ungefähr ein Drittel der evangelischen Geistlichen im Deutschen Reich an. Außerdem bildeten sich in vielen Landeskirchen sogenannte Bekenntnisgemeinschaften, die mit dem Pfarrernotbund die Wurzeln der Bekennenden Kirche darstellten. Im März 1934 übernahm ein "Reichsbruderrat" die Koordination und lud zur ersten Barmer Bekenntnissynode vom 29. bis 31. Mai 1934 ein, auf der sich die Bekennende Kirche konstituierte. Sie sah sich als die rechtmäßige evangelische Kirche in Deutschland an und verweigerte der nationalsozialistisch orientierten Reichskirche den Gehorsam. Eine Erklärung des Theologen Karl Barth (1886-1968) wurde ihr theologisches Fundament. Sie verwarf die Gleichschaltungspolitik des  NS-Regimes, ebenso die Verfälschung der christlichen Lehre durch die völkisch-rassische Ideologie des Nationalsozialismus.

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/bekennende-kirche.html

Bei den Deutschen Christen gab es diejenigen, die in den Nazis Verbündete gegen die antireligiöse Bewegungen wie die Kommunisten sahen. Andere hatten die Befürchtung, wenn man sich nicht so weit wie möglich anpasste, dass dann die Kirche verboten würde.

Im weiteren gab es Pfarrer die als Einzelkämpfer gegen die Nazis aktiv waren. Einer war Pfarrer Bodelschwingh. Er erreichte, dass die Tötung von Menschen mit einer Behinderung zuerst ganz gestoppt und danach nur in kleinem Rahmen fortgeführt wurden.

"Der Kirchenkampf in der NS Zeit

'Deutsche Christen" und " Bekennende Kirche"

war eine Sendung vom NDR am 21.2.22.

Wo sollten sich heute die Nachkommen der unter Hitler lebenden Menschen einordnen? Die Eltern oder Großeltern, die nicht mehr befragt werden können, haben sich damals angepasst und schwiegen meist dazu.

Auch bei der evangelisch-lutherischen Kirche gab es eine Gegenbewegung https://www.helles-koepfchen.de/?suche=deutsche+christen+bekennende+kirche dieser gehörte aus Überzeugung mein Opa an. Es führte dazu, dass die SA seine Wohnung durchsuchte und alles dort auf dem Kopf stellte und er war der einzige Lehrer der nicht Parteimitglied seiner Schule war. Das obwohl er gegen sein Wissen vom Direktor dafür angemeldet war.

schorle22  01.04.2022, 09:57

Na, da war dein Opa aber mutig. Viele haben sich geduckt und mit der Meute geheult.

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Neugier4711  01.04.2022, 10:05
@schorle22

Opa war entsetzt bei der Reaktion gewesen, dass die so scharf reagieren würden, damit hatte er gar nicht gerechnet. Danach war er, aus dieser Erfahrung heraus, ein absoluter Gegner des Regimes. Eigentlich war er sehr konservativ. Sein Lieblingslied war immer "Die Gedanken sind frei".

Mein anderer Opa war SPD-Mitglied gewesen. Er versuchte so unauffällig wie möglich die Zeit zu überleben und schaffte es mit viel Glück, wurde dann nach der Befreiung zum Bürgermeister des Dorfes ernannt, womit er hoffnungslos überfordert war.

Ich habe das Glück, solche Großeltern gehabt zu haben und so wurde mir viel mehr über die damalige Zeit erzählt. Ich war während meiner Schulzeit immer wieder erstaunt, wie wenig die meisten Mitschüler wussten.

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schorle22  02.04.2022, 16:50
@Neugier4711

Ich stimme dir zu. Leider habe ich nur meine Oma kennenlernen dürfen, wobei ich allerdings viel zu jung war um mit ihr tiefschürfende Gespräche zu führen. Meine beiden Opas waren bereits verstorben.

Der eine starb aufgrund einer Krankheit. Der andere, der im heutigen Polen lebte, zog für die Polen gegen Russland, als sie den Krieg erklärten. Geriet in Gefangenschaft und verblieb dort, als die "Freundschaft" zwischen D und R zersprach. Und wurde - lt. Hören-Sagen - wie ein Hund erschlagen, als er nach Kriegsende in seiner, jetzt pol., Heimatstadt nach seiner Familie suchte.
Auch von diesem "Vorkrieg" des 2. WK wissen viele nichts. Und wenn man was sagt, werden sie frech und/oder wissen alles besser.

Habe inzwischen mit meiner Mutter über deinen Opa gesprochen. Auch sie reagierte wie ich. Erzählte mir, was sie - teils vom Hören-Sagen- weiß , wie es den Leuten ohne Parteibrief erging.

Die wenigsten Leute wissen wirklich, was in der Zeit passierte. Sie haben bedingtes Schulwissen, wobei viele Lehrer dies recht subjektiv unterrichten, und reden ansonsten einfach nur nach, was Medien oder andere Leute ihnen vorsagen.

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https://www.youtube.com/watch?v=GLHSPgLNCNg

Wenn die Hitlerglocke zum Gebet ruft | evangelisch.de

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Kirchen im NS-Regime

Der Anspruch des NS-Regimes, alle Bereiche des öffentlichen wie des privaten Lebens mit nationalsozialistischer Ideologie zu durchdringen, erstreckte sich auch auf das Religiöse. Die beiden großen christlichen Kirchen sahen sich ab Frühjahr 1933 daher in Auseinandersetzungen mit dem NS-Regime verstrickt und dem Versuch der Gleichschaltung ausgesetzt. Adolf Hitler war sich jedoch durchaus bewußt, daß die Etablierung des NS-Regimes nicht gegen massiven Widerstand der Kirchen zu erreichen war - gehörten 1933 doch immerhin 62,7 Prozent der Deutschen der protestantischen und 32,5 Prozent der katholischen Kirche an. Die antichristliche Weltanschauung des Nationalsozialismus und taktische Züge bestimmten daher eine widersprüchliche und uneinheitliche NS-Kirchenpolitik in den ersten Jahren. Langfristiges Ziel blieb die Eindämmung des gesellschaftlichen Einflusses der Kirchen

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 strebte das NS-Regime einen "Burgfrieden" mit den Kirchen an.

Die Verfolgung von Geistlichen nahm daher ab. Allerdings wurden sowohl die kirchliche Publizistik als auch die Militärseelsorge in erheblichem Maße behindert.

Mit Kriegsbeginn begann im Deutschen Reich auch der Mord an unheilbar Kranken und Behinderten. Die "Euthanasie"-Aktionen waren Gegenstand kirchlichen Protestes. Nach Predigten des Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen im Sommer 1941 nahmen Proteste in der Bevölkerung derart zu, daß die Mordaktionenoffiziell gestoppt, heimlich jedoch weitergeführt wurden. Zur Verfolgung der Juden schwiegen die Kirchen hingegen zu lange. Weder zu den Nürnberger Gesetzen von 1935, noch zum Pogrom vom 9. November 1938 äußerten die Amtskirchen sich öffentlich. Auch nach Beginn der Deportationen deutscher Juden in die Vernichtungslager im Oktober 1941 kam es zu keinem ähnlichen Protest wie gegen die "Euthanasie". Nur indirekt verurteilten die katholischen Bischöfe in Kanzelworten und mit der Verlesung eines "Menschenrechtshirtenbriefs" im März 1942 den NS-Völkermord. Einzelne Christen, die den Verfolgten zu helfen versuchten, bezahlten ihr Engagement aus Nächstenliebe zumeist mit der Einlieferung in ein KZ und wie der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg häufig mit dem Leben.

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/kirchen-im-ns-regime.html#:~:text=Mit%20Beginn%20des%20Zweiten%20Weltkriegs,Milit%C3%A4rseelsorge%20in%20erheblichem%20Ma%C3%9Fe%20behindert.

Woher ich das weiß:Recherche
 - (Schule, Geschichte, Religion)

Da viele Entscheidungen evangelics motiviert und beeinflusst waren (Unterstützung des Regimes, 90%+ der NSDAPler waren Evangelis) hätte sie sich natürlich eher raushalten sollen.

earnest  30.03.2022, 15:42

Die 90 % dürften überzogen sein, aber in der Tendenz liegst du richtig.

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Rheinflip  30.03.2022, 16:11
@earnest

schau dir die egal Ergebnisse der Deutschen Christen bei dem presbyteriumswahl an

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earnest  30.03.2022, 17:55
@Rheinflip

Ich bin - manchmal - ein sehr geduldiger Mensch.

;-))

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