Kind ist asozial Was tun?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo! Ich bin wie Sie der Meinung, dass das Kind dringend Hilfe braucht. Kinder lernen immer von den Eltern. Ich will den Eltern nicht unterstellen, dass sie sich genauso verhalten, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Aber es ist anzunehmen.

Das die Frau Erziehrein ist, hat überhaupt nichts zu sagen. Auch Erzieher sind oft hilflos und wissen nicht mehr weiter, auch wenn sie wissen, was Modelllernen ist.

Das, was Sie da erzählen, reicht schon, um es zumindest dem Kinderschutzbund anonym zu berichten. Die haben Fachleute, die sich mit der Familie in Verbindung setzen und freundlich und verständnisvoll auf sie einwirken.

Ich bin sicher, dass das Kind auch anderswo auffällt.

Alles Gute

...lisahaase...

Das Kind hat mein volles Mitgefühl.

Es wird auf eine ungünstige Lebensschiene kommen und niemand ist ursächlich daran beteiligt. Es war einfach das Schicksal. So meinen zumindest die Eltern.

Ein Kind, dem keine klaren Grenzen gesetzt werden, läuft ohne Geländer durch die Welt und das geht nur in ganz wenigen Fällen gut.

Leider kannst du da nicht viel helfen. Du kannst der Mutter aber deinen Eindruck mitteilen und dich nach Ankündigung zurückziehen, weil es zu schmerzhaft ist, dieser Art von "Erziehung" zuzuschauen.

Das Kind könnte ADS haben oder etwas in der Art. Mangelnde Impulskontrolle.

Es könnten durchaus noch mehrere Faktoren zu dem Verhalten beitragen. Einer ist Geschwisterivalität. Ein "braves" Kind, das Aufmerksamkeit dafür bekommt, ein "rebellisches" Kind, das so Aufmerksamkeit bekommt.

Dazu könnte die Hilflosigkeit der Eltern kommen. So etwas habe ich selbst erlebt. Mein Bruder hatte Downsyndrom, meine Mutter hatte vorher mit geistig behinderten Kindern gearbeitet. Trotzdem hieß es sehr lange, tatsächlich bis er etwa 20 war, dass man sich in allem auf ihn einstellen musste. Dass er Dinge nicht verstand und daher nichts von ihm verlangt werden durfte. Er durfte im Restaurant mit den Fingern essen, ständig Schimpfworte sagen - das war ja "so niedlich" - bis es dann nicht mehr niedlich war - in meinem Zimmer ständig Dinge durcheianderwerfen oder die Wand anmalen usw. Wir konnten im Urlaub nie ins Museum gehen, weil "dein Bruder sich dann langweilen würde und stören würde". Er durfte uns teilweise treten, beleidigen, provozieren (dauernd ins Zimmer kommen und nicht mehr gehen, wir anderen Geschwister durften ihn nicht unseres Zimmers verweisen, weil er dann weinte und wir "Schuld waren), eine Zeit lang wie eine Fontäne anspucken.

Das alles, weil meine Eltern der felsenfesten Überzeugung waren, dass er Verbote etc. nicht verstehen würde und dass sie ihn für seine Behinderung quasi entschädigen müssten, indem er meist das bekam, was er wollte (Essen, Aktivitäten etc. - ich habe mit 16 in den Ferien mit der gesamten Familie all abendlich "Bello, Bello, dein Knochen ist weg" gespielt, weil er das gern wollte... ;-)).

Die Quittung kam dann, als er von der Schule in die geschützte Werkstatt kam und schnell auf den anspruchslosesten Kurs heruntergestuft und ständig bestraft wurde (Privilegien wie Teilnahme an wöchentlicher Disko wurden entzogen). Ich war dann einmal dabei: Alle saßen um einen Tisch und arbeiteten, mein Bruder lief um alle herum, alberte, pustete einigen ins Ohr, lachte. Weil er nie so etwas wie Disziplin gelernt hatte. Dazu kam, dass es langsam, für jemanden, der als Erwachsener angesehen wurde, peinlich wurde, bspw. im Restaurant herumzulaufen oder mit den Fingern zu essen.

Also stellte meine Mutter ein kurzes, aber rigides Erziehungsprogramm zusammen, jeden Morgen einen Buchstaben oder Zahlen lesen, bestimmte Dinge lernen, alleine zu machen (sich anziehen z.B.), auch mal ein Nein hören. Anfangs war ich schockiert, weil selbst mir sich eingebläut hatte, der Bruder versteht doch gar kein Nein. Der muss doch seinen Willen bekommen. Und innerhalb von ca. 2 Jahren hatte er so viel gelernt, dass er sehr beliebt im Bekanntenkreis meiner Eltern wurde und ihm auch oft spezielle Privilegien (helfen im Supermarkt oder in im Eisladen) zugestanden wurden (seitens der Betreiber/ Verkäufer etc.) Oder er eben in Cafés, in denen meine Eltern oft zu Besuch waren, kleine Extras unaufgefordert vom Servicepersonal bekam.

Was man sich fragen muss: Gibt es einen physiologischen Grund, wie etwas ADS, der das Kind an bestimmtem Verhalten hindert?

Welche Faktoren tragen innerhalb der Familie zu diesem Verhalten bei? Also: Warum lohnt es sich mehr, frech zu sein als freundlich zu sein? Kann er nichts, für das er sonst mal gelobt wird? Woher kennt er die Begriffe? Sind das Sendungen, die er sich anschaut, weil er keine Freunde hat? Falsche Freunde, die ihn schon in dem Alter für so etwas loben?

Die Eltern sind hilflos: Haben sie mal Erzieher oder Lehrer um Hilfe gefragt? Waren in Erziehungsforen (die oft sehr gut sind!)? Waren bei der Erziehungsberatung (das ist kein Stigma!)?

Haben sie Konsequenzen überlegt und durchgesetzt? Keine Strafen, sondern Konsequenzen? Bspw: Beleidigungen zu Hause - er darf dann nicht mit zu gemeinsamen Aktivitäten außer Haus, weil er sich nicht benehmen kann? Belohnung für bestimmte freundliche Begriffe oder Lob an andere (Schwester, Besucher etc.), abgesprochene Konsequenz für jedes unangebrachte Wort, z.B. eine oder 5 min weniger Zeit beim gemeinsamen Spiel, Abendritual usw.?

Es kann als einfache Erklärung auch eine Art Funktionslust sein: Ich bin frech, ich kann das, andere reagieren auch mich, zucken zusammen, schauen mich an, versuchen, das zu unterbinden, bekommen Angst (Gleichaltrige), schimpfen etc. - also ich bewirke etwas, es ist lustig!

Hier muss man aber fragen: Warum ist es lustiger als Alternativen? Gibt es zu wenige Möglichkeiten, sich angemessen einzubringen, über seine Interessen zu reden, mit anderen etwas Interessantes zu machen, gesehen und gelobt zu werden?

Eine Konsequenz, die möglicherweise etwas hart wäre, wäre mMn: 5 Beleidigungen am Esstisch und du isst in deinem Zimmer weiter! Sind es weniger als 5, gibt es am Ende des Essens ein Lob. Ist es gar keine, gibt es eine kleine Belohnung, aber für die Schwester auch eine, die hat ja auch nicht beleidigt oder provoziert.

Extra-Essen: Ist so eine Sache. Es gibt hypersensible Menschen, besonders Kinder, die wirklich extremen Ekel vor bestimmten Speisen haben. Oft kann man das umgehen, indem man ungewürzte Alternativen anbietet. Also: Nudeln oder Kartoffeln mit Butter oder mit der Sauce, die die anderen dazu essen.Gemüse oder Fleisch auch einzeln, ohne Sauce anbieten, so dass man sich selbst sein Essen mischen kann und einzelne Komponenten auch in Minimengen probieren kann.

Wochenplan unter Berücksichtigung der Vorlieben und Abneigungen aller zusammenstellen. Einer mag keine Erbsen? Gut, es gibt nicht Erbsen und Möhren aus dem Glas, sondern Erbsen gekocht und Möhren aus dem Ofen. Einer mag keine Käsesauce? Es nicht Makkaroni mit Käse, sondern Spiralen mit separater Käsesauce und vielleicht erwärmten Dosentomaten. Natürlich sollte man dann immer wieder auch etwas kochen, das alle mögen. Aber Essen sollte nicht zum Kampf werden.

Ich empfehle wirklich einen Blick in dieses Forum, auch wenn da vielleicht nicht mehr viel los ist. Dort werden sehr oft Alternativen genannt, die einen Konflikt umgehen und damit Sieger und Verlierer umgehen oder einen Kampf darum, wer nachgeben muss (Eltern oder Kind bzw. welches Geschwisterkind). Diese Alternativen zu studieren, kann den Blick auf die Erziehung komplett verändern.

Auch für das Kind kann es eine Erleuchtung sein, zu erleben, dass es nicht immer um den Kampf gegen die Eltern, ums Rechtbekommen, ums isch Durchsetzen geht, sondern man auch lernen kann, miteinander zu leben. Vielleicht hat der Sohn das auch noch nicht wirklich erfahren.

https://www.erziehung-online.de/forum/index.php

Eliana428  24.04.2023, 21:01

Wow, selten so einen guten Kommentar gelesen!

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Wo ist das Problem? Man muss nicht so ein Kontakt pflegen. Kurz und bündig. Hatte vor Jahren genau das gleiche Problem: mit einer Familie befreundet, wo das Söhnchen alles durfte. Und sich auch durchzusetzen wusste, zumindest bei seinen Eltern. Als sie bei uns zu Besuch waren, dachte er, er muss in der Küche mit den Streichhölzern die Tischdecke anzünden. Und als ich ihm die Schachtel wegnahm, gabs Schrei und dann hat er mich in die Hand gebissen. Flatsch hats gemacht und die kleine Bestie lag total verdutzt in de Ecke. War natürlich das Ende einer Freundschaft aber Anfang von Ruhe.

SandrasHirn 
Fragesteller
 05.06.2021, 14:54

Wir haben nicht oft Kontakt. Zum Glück 😅 wollte mich nur auskotzen. Mich nervt es halt extrem wenn man mal zu Besuch ist.

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Wanderbembel  05.06.2021, 14:55
@SandrasHirn

Musst Du Dir nicht antun. Es gibt Kopfschmerzen, Magenverstimmung oder andere wichtige Termine.

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SandrasHirn 
Fragesteller
 05.06.2021, 14:55

Aber das mit dem anzünden das ist schon heftig.

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Ich höre auch manchmal die Kinder von Nachbarn, die mit Beleidigungen um sich werfen, aber ich erlebe das auch von den Erwachsenen. Wenn man dich richtig versteht, ist es in dieser Familie nicht so?

SandrasHirn 
Fragesteller
 05.06.2021, 14:51

Von außen scheint esr nicht so. Kann ich mir aber generell nicht vorstellen.

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Nunuhueper  06.06.2021, 13:20

Wie so etwas geschehen kann, dass Eltern ihre Kinder nicht "in den Griff haben", schildert der Kinderpsychiater Dr.med. Michael Winterhoff in seinem Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden".

Es sind nicht die herumschreitenden und prügelnden Eltern, sondern die, die ihren Kindern alles erlauben.

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