Keto-Enol-Tatomerie am Beispiel von Fructose?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

also zunächst einmal heißt es "Tautomerie" (nicht "Tatomerie").

Sodann versteht man unter dem Begriff "Tautomerie" eine besondere Form der Konstitutionsisomerie.

Unter Isomerie versteht man wiederum den Umstand, dass zwei Moleküle zwar die gleichen Atome in gleicher Anzahl enthalten haben (also gleiche Summenformeln besitzen), aber diese Atome in anderer Weise miteinander verbunden sind (die Moleküle also unterschiedliche Strukturen haben); Kurzversion: Isomerie bedeutet gleiche Summenformeln, aber verschiedene Strukturformeln...

Tautomere unterscheiden sich nun speziell darin, dass sie Atome oder Atomgruppen besitzen, die schnell (und leicht) die Position innerhalb des Moleküls wechseln können.

Sehr häufig unterscheiden sich Tautomere in der Position eines Wasserstoffatoms und der Lage einer Doppelbindung. So ist es auch bei der Fructose.

Hier findest du in der offenkettigen Ketose folgenden Aufbau:

R–C(=O)–CH2–OH

wobei R der Rest des Fructosemoleküls sein soll. Das entspricht der Ketoform, weil dieses Molekül eine Carbonylgruppe (–C(=O)–) besitzt, deren Kohlenstoff mit zwei weiteren Kohlenstoffatomen verbunden ist (eben eine Ketogruppe).

Nun passiert es relativ leicht (und schnell), dass eines der H-Atome am Kohlenstoffnachbarn (fett markiert) als Proton (H^+) von einem der beiden freien (nichtbindenden) Elektronen am Carbonyl-Sauerstoff eingefangen wird. Dadurch wird aus der Ketogruppe eine Hydroxygruppe (–OH), weil der ehemalige Carbonyl-Sauerstoff nach dem Einfangen des benachbarten Protons nun eine OH-Gruppe ist. Die Bindung, die der Wasserstoff am Kohlenstoff zurücklässt, "klappt" dabei zu dem Carbonyl-Kohlenstoff um, da sich der Carbonyl-Sauerstoff sein freies Elektronenpaar aus der Doppelbindung zum (ehemaligen) Carbonyl-Kohlenstoff zurück holt und der Carbonyl-Kohlenstoff somit nur noch dreibindig wäre. Das Resultat ist dann folgendes Molekül:

R–C(OH)=CH–OH

In diesem Molekül gibt es also eine "neue" Hydroxygruppe" und eine "neue" C=C-Doppelbindung. Organische Moleküle, die eine Hydroxygruppe besitzen, können zu den Alkanolen (Alkoholen) gerechnet werden. Moleküle, die eine C=C-Doppelbindung besitzen, können zu den Alkenen gerechnet werden. Daher ist dies die Enolform ("En" von Alken und "ol" von Alkanol), du verstehst?!

Und weil diese Enolform aus einer Ketoform hervorging, wobei sich die Lage eines Protons und einer Doppelbindung veränderten, bezeichnet man das Ganze als "Keto-Enol-Tautomerie".

Alles klar?

Übrigens ist diese Keto-Enol-Tautomerie der Grund dafür, dass in älteren Fructoselösungen plötzlich Glucose nachweisbar ist, denn was einmal ging, geht auch nochmal. Soll heißen: Aus

R–C(OH)=CH–OH
(Enol-Form)

kann durch eine weitere Tautomerie folgendes werden:

R–CH(OH)–C(=O)H

Das ist eine Aldehyd-Form. So kann aus der Ketose Fructose über die Enolform die Aldose Glucose werden, die man in älteren Fructoselösungen folglich mit Hilfe eines spezifischen GOD/POD-Teststreifens plötzlich nachweisen kann.

Und noch ein "Übrigens"...

Oft wird mit der Keto-Enol-Tautomerie auch erklärt, dass mit der Fructose die Fehlingprobe positiv verläuft, obwohl sie eine Ketogruppe enthält, die eigentlich nicht leicht oxidierbar ist. Das ist theoretisch natürlich denkbar, aber weil oft eine Fructoselösung sogar schneller fehlingpositiv reagiert als eine Glucoselösung, kann das allerhöchstens nur die halbe Wahrheit sein. Tatsächlich wird nämlich unter den Fehling-Probe-Bedingungen (alkalisches Milieu!) die Fructose-Kohlenstoffkette in der Mitte gespalten (wobei unter anderem ein kleines Glycerinaldehydmolekül entsteht). Das ist - wie die Glucose - eine Aldose, die aber aufgrund ihrer Kleinheit schneller mit dem Fehlingreagenz reagiert (Glucose bildet nämlich Ringe, was Glycerinaldehyd nicht kann). Aber das wolltest du ja eigentlich nicht mehr wissen...

Ich hoffe, du hast alles verstehen können...

LG von der Waterkant

Bei der Keto-Enol-Tautomerie geht es um die Beziehung von Isomeren zueinander. Hier um den speziellen Fall von Tautomeren. Zwei Moleküle sind Tautomere, wenn sie durch Umlagerungen von Atomen im Molekül ineinander übergehen können. Das heißt im Klartext folgendes:

Stell dir mal Aceton (1) vor. Ein Keton mit mit zwei Methylresten an der Ketogruppe. Die C=O Bindung ist stark polarisiert, weil O eine hohe Elektronegativität hat. Einfach gesprochen kann dadurch ein Proton (H+) wandern. (Protonwanderungen sind sehr schnelle Vorgänge, daher funktioniert das). Dabei bewegt sich ein Proton von einer der Methylgruppen zum Sauerstoff (2). Ein Elektronenpaar der C=O Doppelbindung geht zum Sauerstoff hoch (damit der seine Edelgaskonfiguration behalten kann) und das Elektronenpaar, das das Proton an der Methylgruppe zurückgelassen hat geht jetzt als Bindung zwischen die beiden Cs. Da ist jetzt also eine C=C Doppelbingung (3).

Und das heißt Keto-Enol-Tautomerie, weil das Keton (das Aceton vom Anfang) nach der Umlagerung ein Enol ist (en für die Doppelbindung wie bei Alkenen und ol für die OH-Gruppe die jetzt statt der Keto-Gruppe da ist).

Ich hoffe, das war einfach genug, um es zu verstehen. Wenn noch was unklar ist, bitte fragen.

Bild zum Beitrag

 - (Schule, Chemie, Fructose)