Kendo vs Kung Fu (Wing Tsun)?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich selbst trainiere zwar die japanische Kampfkunst Aikido, möchte aber dennoch versuchen, bei der Beantwortung dieser Frage zumindest etwas zu helfen.

hilft Kendo wirklich, denn es sieht irgendwie nicht danach aus!

Diese Frage zeigt aus meiner Sicht, dass es dir offenbar nicht so sehr um Kampfkunst mit philosophischem Anspruch, sondern um Effektivität in der Selbstverteidigung geht.

Kendo ist zugleich Kampfkunst und Wettkampfsport, jedoch kein Selbstverteidigungsystem, um sich durch Einsatz eines Shinai-artigen Objekts auf der Straße zu verteidigen.

Wo liegt nun der Unterschied?

Traditionelle Kampfkünste beruhen meist auf alten Kriegskünsten, jedoch tritt der Verteidigungsaspekt trotz der Techniken dabei zurück. An erster Stelle steht das geistig-körperliche Training zur Charakterschulung.

Kampfsport ist in der Regel Wettkampfsport mit Turnieren, nationalen und internationalen Wettkämpfen. Diese Stile sind häufig "entschärft", um sie gefahrlos im Wettkampf nutzen zu können.

Moderne Selbstverteidigungssysteme sind meist Hybrid-Stile, die Elemente aus verschiedenen Disziplinen unter einem neuen Konzept kombinieren, um möglichst hohe Effektivität bei der Verteidigung zu gewährleisten.

Waffen/Waffenlos

Es gibt in allen drei Kategorien sowohl unbewaffnete, als auch bewaffnete und gemischte Disziplinen, falls das für dich aus irgendeinem Grund von Bedeutung sein sollte.

Bei uns im Aikido wird zB primär waffenlos trainiert, einige Aikido-Stile betonen jedoch auch das Training mit traditionellen Waffen.

Wie sieht es mit der Verteidigung aus?

Natürlich kann man sich auch mit einer traditionellen Kampfkunst verteidigen - da das Training jedoch häufig nicht primär auf Anwendbarkeit im Ernstfall ausgerichtet ist, dauert es länger, die Verteidigungsfähigkeit zu schulen.

Wettkampfsport bietet ebenfalls Techniken, die im Ernstfall anwendbar sind - allerdings bieten zB Schutzhandschuhe eine künstliche "Knautschzone", die es im Ernstfall nicht geben wird.

Dagegen haben SV-Systeme eben genau diesen Anspruch - effektive Verteidigung im Ernstfall bieten zu können. Ob sie diesem Anspruch immer gerecht werden, kann natürlich bezweifelt werden.

Was ist der beste Stil?

Den ultimativ-effektivsten Stil für alle Menschen gibt es nicht - alles andere sind unseriöse Werbeversprechen. Dazu sind Menschen im Charakter und im Bezug auf ihre körperlichen Eigenschaften zu verschieden.

Der beste Stil ist jener, mit dem du selbst glücklich bist, weil er deine Bedürfnisse befriedigt. Das ist auch das Geheimnis zur Effektivität: Nur wenn der Stil dich begeistert, trainierst du lange genug, um Fortschritte zu machen.

Deshalb bringt es beispielsweise wenig, wenn du ein zurückhaltender Typ bist und einen harten Stil trainierst, mit dem du dich unwohl fühlst - nur weil er angeblich effektiv sein soll.

Im Ernstfall kommt es auf mentale Stärke an und darum, nicht die Nerven zu verlieren. Wenn du dann Techniken anwenden sollst, die deinem Charakter widersprechen, ist das nicht sehr hilfreich.

Wenn du also zB einen traditionellen Stil mit meditativen Elementen, Konzentration und Persönlichkeitsschulung suchst, fallen beispielsweise die meisten der harten Vollkontakt-Wettkampfsportarten weg.

Bei der Auswahl solltest du dich aber nicht nur nach diffusen Wünschen richten, sondern auch offen für neues sein. Vielleicht wolltest du zB unbedingt einen trittbetonten Stil lernen, begeisterst dich dann aber für eine Form von Ringen.

Mein Ratschlag

Suche dir die verschiedenen Vereine in deiner Umgebung und informiere dich über die angebotenen Stile. Wenn dich ein Angebot anspricht, vereinbare ein kostenloses Probetraining.

So spürst du aus erster Hand, ob der Stil dir liegt - und hast gleich einen Eindruck davon, wie das Training läuft, ob dir die Atmosphäre dort angenehm ist, oder du zB das Gefühl hast, nur von Schlägern umgeben zu sein.

Auch einen Eindruck vom Lehrer erhältst du so - kann er klare Anweisungen geben? korrigiert er? Kann er das verlangte selbst zeigen? Oder quatscht er womöglich die ganze Zeit nur irgendeinen Eso-Asia-Kram?

Wenn dir der Stil gefällt, aber die Leute dort nicht - suche dir einen anderen Verein, der den gleichen Stil lehrt, womöglich bist du dort glücklicher.

Viel Erfolg und Freude beim Training. :-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 40 Jahren Training des Aikido.
Enzylexikon  28.05.2017, 15:32

Vielen Dank für den Stern. :-)

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Fragenbadewanne 
Fragesteller
 28.05.2017, 15:35

Sehr klar strukturiert und umso besser, informativer, hilfreicher. Vielen Dank für deine Mühe und Zeit, ich werde mich mal bei den nahegelegenen Vereinen umsehen.

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WIng Tsun und Kendo unterscheiden sich grundlegend. Kendo arbeitet primär mit Waffen, Wing Tsun primär ohne. Wing Tsun ist eine waffenlose Methode der SV. Zwar beinhaltet das System auch Waffenformen, aber diese haben im System eine andere Funktion, als die Waffen im Kendo.

Kendo, Iaido, Escrima sind Waffensysteme, die auch waffenlos arbeiten können. Wing Tsun, Aikido sind waffenlose Systeme , die  "auch" mit Waffen trainieren.

Das Waffentraining im Wing Tsun verfolgt die Idee, mittels Waffen (Doppelmesser, Langstock) die gleichen Prinzipien anzuwenden, wie in der waffenlosen Arbeit. Dies deswegen, weil das System Wing Tsun keine Situation ausschließt. Es gilt generell sich im Kampf so zu verhalten, das das eingesetzte Mittel (Arme, Beine, Hände, Ellenbogen, Gehstock, Langstock, Messer, Knüppel, Spaten, Knie, Fuß, Schulter... was auch immer) im Sinne der Prinzipien des Systems eingesetzt wird. Es geht nicht um einzelne Techniken, sondern um ein konkretes Verhalten. Jede Waffe, ob Ellenbogen, Faust, Stock oder Speer, hat eine ihr typische Kampfdistanz und ihr typische "Kette von Gelenken". Die Hand hat den Ellenbogen und die Schulter, der Ellenbogen nur die Schulter, der Stock die Hand, Ellenbogen und Schulter (nur grob skitziert). Das hat konkrete Folgen für den Einsatz der Waffe. Aber alle Waffen arbeiten nach den gleichem Prinzip von Stoßen, Ziehen und mit ihrer Bewegung öffnen sie einen Bereich oder schließen einen Bereich.... Jede Bewegung folgt dieser Logik und hat den Zweck und die Möglichkeit zu schützen UND anzugreifen. Es gibt keine Bewegung die ausschließlich nur das Eine oder das Andere könnte.

Das Spezifische an primären Waffensystemen liegt darin, dass der Eigenschutz anders aufgebaut werden muss, da eine Waffe wie Stock oder Messer eine sehr hohe Verletzungsgefährdung bedeutet. Beim Messer reicht schon die falsche Berührung. Die Kontaktvermeidung mit der gegnerischen Waffe hat ein ganz andere Bedeutung, als im waffenlosen Wing Tsun. Im Wing Tsun wird vorwiegend von Kontaktpunkt aus gearbeitet, Kontakt wird bewusst eingegangen, hergestellt. Im Messerkampf wird Kontakt mit der gegnerische Waffe tunlichst vermieden, selbst die Erreichbarkeit wird umgangen.Insofern sind Kendo und Wing Tsun einfach zu unterschiedlich, um sie ähnlich zu nennen. Wenn Du Dich entscheiden willst, schaue Dir beides vorher genau an. Mache ein Probetraining mit und lasse Dir das jeweilige System und deren Ziele genau erklären. Wenn Du von Anfang an mit Waffen lernen willst, ist Wing Tsun die falsche Wahl. Wenn es Dir um Selbstverteidigung geht, könnte Wing Tsun eher passen.

Nimm Wing Chun. Es ist mit Waffen und die beste,1 wing chun meiste gegen 20 Karate meister gewinnt wing chun sihe ipman 1

Wing Tsun ist eine waffenlose Kampfkunst.

Es wird zwar auch (später) mit dem Langstock und den Doppelmessern trainiert, aber das Training dient nur der Körperschulung für den waffenlosen Kampf. Es ist nicht dazu da, um mit dem Langstock oder den Doppelmessern kämpfen zu lernen.

Zu Kendo kann ich nichts sagen, da ich es noch nie trainiert habe.