Kann man nach der Rettungssanitäter Ausbildung direkt anfangen zu arbeiten?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

Da ich gelesen habe, dass diese Ausbildung keine staatlich anerkannte Ausbildung ist, frage ich mich, ob man nach der Ausbildung, was 3-6 Monate in Vollzeit dauert, direkt anfangen kann zu arbeiten.

Thema Anerkennung: der Rettungssanitäter ist keine Berufsausbildung, sondern lediglich eine Qualifikation.

"Staatlich anerkannt" ist er de facto schon, zum einen, da es eine bundesweite Empfehlung bzw. eine Muster-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung des Ausschusses Rettungswesen gibt, zum anderen gibt es in einigen Bundesländern landesrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen.

Der fehlende Status als Berufsausbildung hat keinen Einfluss auf die tatsächliche Tätigkeit im Rettungsdienst (die problemlos möglich ist), sondern lediglich hinsichtlich Weiterbildungschancen wie auch die fehlende Möglichkeit einer Umschulung.

Thema Beschäftigung: sobald man die Urkunde in der Hand hält, darf man entsprechend des jeweiligen Landesrettungsdienstgesetzes eingesetzt werden und damit natürlich auch prinzipiell arbeiten.

Wie RedPanther schon gesagt hat: eine gewisse Einarbeitungszeit ist allerdings durchaus üblich - das umfasst zum einen notwendige Einweisungen in Medizinprodukte, ggf. eine Teilnahme an der örtlichen Fortbildung und ggf. auch Dienste als "Dritter Mann".

Ein Einsatz in der Notfallrettung erfolgt typischerweise erst dann, wenn die Grundlagen sicher sitzen - das bedeutet in der Regel, dass man eine Zeit lang ausschließlich im Krankentransport eingesetzt wird und unter Umständen auch zusätzliche Praktikantenschichten auf dem RTW absolviert. Das ist aber - wie vieles im Rettungsdienst - lokal unterschiedlich.

Und wenn ja, wie sieht der Einstiegsgehalt dabei aus? (Ich frage wegen den ganzen Ausbildungskosten wie Führerschein, Ausbildungsgebühren...)

Abhängig vom Arbeitgeber - grob kann man zwischen 2000 - 2500 € brutto als Einstiegsgehalt rechnen, bei den Hilfsorganisationen und kommunalen Rettungsdiensten liegt es eher im oberen Bereich der Spanne (~ 2300 - 2400 € brutto).

Hinzu kommen Schichtzulagen wie Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge, ggf. eine Wechselschichtzulage und ggf. ausbezahlte Überstunden (z.B. durch Zusatzdienste). Die Höhe der Zulagen variiert nicht nur von Arbeitgeber zu Arbeitgeber, sondern eben auch vom dienstplanmäßigen Einsatz.

Das Geld für die notwendigen Investitionen als "Selbstzahler" hat man somit nach einem halben Jahr meist wieder drin.

Je nachdem, welche Möglichkeiten es vor Ort gibt, sollten aber auch andere Einstiegsmöglichkeiten in den Rettungsdienst anstelle der Ausbildung als Selbstzahler in Erwägung gezogen werden.

Und noch eine Frage: eine Ausbildung zum Notfalldienst ist danach oder davor nicht nötig...Habe ich das richtig verstanden?

Man definiere "Ausbildung zum Notfalldienst" - ich nämlich allenfalls nur erahnen, was Du damit meinst.

Zugangsvoraussetzung für den Rettungssanitäter ist die gesundheitliche Eignung, mind. ein Hauptschulabschluss (oder gleichwertige Vorbildung), ein "sauberes" Führungszeugnis und ein Mindestalter von 17 Jahren (auch wenn der tatsächliche Einsatz de facto die Volljährigkeit erfordert).

An "fachlicher" Vorbildung wird lediglich ein aktueller, normaler Erste-Hilfe-Kurs gefordert.

Eine spezielle Ausbildung für die Notfallrettung gibt es für Rettungssanitäter nicht - de jure kann jeder Rettungssanitäter in der Notfallrettung (entsprechend der landesrechtlichen Vorschriften) eingesetzt werden.

Ausnahme: lediglich in Schleswig-Holstein muss man Einsatzerfahrung nachweisen können - heißt: 100 Einsätze als "Dritter Mann" in der Notfallrettung nach Abschluss der Qualifikation zum Rettungssanitäter.

Was ich zu bedenken gebe...

Wenn das Ziel der langfristige Hauptberuf und die Notfallrettung ist, wirst Du auf kurz oder lang nicht um die Ausbildung zum Notfallsanitäter herumkommen - das ist eine richtige, dreijährige duale Berufsausbildung.

Fazit

  • Du kannst direkt nach Erhalt der Urkunde anfangen, zu arbeiten - vorausgesetzt, Du findest eine entsprechende Anstellung
  • Einweisungen und ggf. zusätzliche Dienste im Rahmen einer Hospitation/Einarbeitung können dennoch vorher notwendig sein
  • üblicherweise erfolgt erst ausschließlich der Einsatz im Krankentransport, bis die Grundlagen sitzen
  • eine dedizierte Zusatzausbildung für die Notfallrettung auf Rettungssanitäter-Basis gibt es nicht
  • wenn der Hauptberuf langfristig im Rettungsdienst liegen soll - Ausbildung zum Notfallsanitäter anstreben.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
BinkeinGummi 
Fragesteller
 27.10.2020, 18:10

Wow danke dass du dir die Zeit genommen hast mir so eine ausführliche Antwort zu schreiben. 🙏🙏❤

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  • Wenn du die Urkunde hast, kannst du arbeiten. Die Tatsache, dass der Rettungssanitäter keine Berufsausbildung ist, hat andere Auswirkungen. ZB kannst du keine Berufsunfähigkeit beantragen oder versichern. Weil, ist ja kein Beruf. Auch Umschulungen etc geht nicht.
  • Voraussetzung ist soweit ich weiß nur ein abgeschlossener Erste Hilfe Kurs. Das kannst du aber auch auf der Homepage der Schulen nachlesen.
  • Was die Kosten betrifft, es gibt auch Arbeitgeber, die dir die Ausbildung inklusive Führerschein bezahlen. Dann bekommst du ein "Ausbildungsgehalt" und musst nix selbst zahlen.
  • Gehalt: Brutto inklusive Zulagen etwa 2300€. Je nach Arbeitgeber auch mal etwas mehr oder weniger.
BinkeinGummi 
Fragesteller
 27.10.2020, 18:15

Dankeschön 😄

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Wenn du ein Zeugnis in der Hand hast, dass du RS bist, darfst du formal eine Stelle antreten, für die du RS sein musst. Du hast die geforderte Qualifikation.

In der Praxis wirst du oft erstmal 1-2 Wochen als Praktikant mitfahren, damit du siehst wie der Hase bei genau diesem Arbeitgeber läuft. Bei meinem Arbeitgeber muss ein neuer RS auch erst ein halbes Jahr Krankentransport fahren, um eine ausreichende Ortskenntnis zu erlangen. Und du brauchst ja noch Einweisungen auf die medizinischen Geräte, jemand sollte dir örtliche Gegebenheiten erklären, SOPs müssen erlernt werden... Das sind bei uns drei Schulungstage, ohne die niemand in der Notfallrettung anfängt.

Während dieser Zeit bist du allerdings schon normal in Vollzeit angestellt und beziehst entsprechend Gehalt. Dieses hängt davon ab, bei welchem Arbeitgeber du bist und nach welchem Tarifkonstrukt er seine Mitarbeiter bezahlt. Als grobe Orientierung kannst du mal hier schauen. Die Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes sind aber problemlos zu recherchieren.

Wenn du z.B. bei einem Arbeitgeber bist, der an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) bezahlt und seine Rettungssanitäter in Entgeltgruppe (EG) 4 einstuft, geht es bisher (ohne den neuen Tarifabschluss) mit einem Grundgehalt von 2.363 € los. Dazu können ca. 100-150 € an Zulagen für Nachtdienste und Dienste an Feiertagen kommen (wenn du solche Dienste machst!). Was dabei netto herauskommt, kannst du ja für deine individuelle Situation bei einem Netto-Rechner errechnen lassen.

Private Rettungsdienste (z.B. Falck) bezahlen eher weniger.

Die Ausbildung zur Rettungssanitäterin oder zum Rettungssanitäter, wird anhand der "Grundsätze zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst (Rettungssanitäter/in)" des Bund- Länder- Ausschusses Rettungswesen durchgeführt und umfasst demnach mindestens 520 Stunden, in Vollzeitform absolviert also drei Monate und eine Woche. In einigen Bundesländern, sind die Ausbildungsgrundsätze durch ein Landesgesetz oder durch eine Rechtsverordnung auf Landesebene verankert, nicht jedoch in einem Bundesgesetz. Es gibt also Bundesländer, wo die Ausbildung staatlich geregelt ist und Bundesländer, in denen dies nicht der Fall ist. Dennoch gilt unabhängig davon, dass Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitäter nach Abschluss der Qualifikation gemäß der Rettungsdienstgesetze (RDG) der Bundesländer im Rettungsdienst zum Einsatz kommen. Man erhält also nach dem erfolgreichen Abschluss der Qualifizierung einen Arbeitsplatz im Rettungsdienst, wobei der Mangel an Rettungssanitäter/innen nicht so ausgeprägt ist wie der Mangel an den dreijährig ausgebildeten Notfallsanitäter/innen, soll heißen, eine Garantie, nach erfolgreicher Qualifizierung eine Anstellung im Rettungsdienst zu bekommen, diese hat man als Rettungssanitäter/in nicht.

Das Gehalt ist natürlich vom späteren Arbeitgeber abhängig, neben den bekannten Hilfsorganisationen, wo man nach deren Tarifvertrag vergütet wird, gibt es auch private Rettungsdienst- und Krankentransportunternehmen, bei denen man als Rettungssanitäter Beschäftigung findet. Bei den Hilfsorganisationen, beträgt das Einstiegsgehalt jedoch circa 2.300 bis 2.500€ brutto im Monat, für die kurze Ausbildungsdauer also gut und auch besser, als so mancher Beruf, der eine dreijährige Berufsausbildung erfordert. Hinzu kommen noch variable Zulagen für Nachtdienste, Dienste an Sonntagen und an Feiertagen.

Eine Ausbildung zum "Notfalldienst", die existiert nicht!. Was du meinen könntest ist die Ausbildung zum Notfallsanitäter, diese ist im Gegensatz zum Rettungssanitäter eine vollwertige Berufsausbildung nach dem bundesrechtlichen Notfallsanitätergesetz (NotSanG) und der aufgrund des NotSanG erlassenen "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" (NotSanAPrV). Diese Ausbildung dauert in Vollzeitform drei Jahre, besteht aus theoretischem und praktischem Unterricht an staatlich anerkannten Schulen für Notfallsanitäter/innen und einer praktischen Ausbildung im Rettungsdienst an genehmigten Lehrrettungswachen und in verschiedenen Fachabteilungen eines geeigneten Krankenhauses. Notfallsanitäter/innen kommen gemäß der Ausbildungszielbestimmungen in Paragraph 4 des Notfallsanitätergesetzes und dem Recht der Länder in der Notfallrettung als verantwortliche Fachpersonen auf Rettungswagen zum Einsatz, als Rettungssanitäter/in, unterstützt man den Notfallsanitäter bei der notfallmedizinischen Versorgung von Notfallpatient/innen und hat zugleich die Fahrerfunktion inne. Für hauptberuflich im Rettungsdienst tätige Personen ist es üblich, dass sie nach einer ein- bis zweijährigen Tätigkeit als Rettungssanitäter noch die Ausbildung zum Notfallsanitäter machen.

Mfg.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
BinkeinGummi 
Fragesteller
 27.10.2020, 18:14

Danke vielmals 🙏 Ja ich habe mich verschrieben. Ich meinte auch Notfallsanitäter

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