Kampfszene schreiben (Buch)

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Erst einmal auch von mir soweit ein Lob. Ich finde es auch schon sehr gut geschrieben, du hast auf jeden Fall Potential. Hier und da sind noch ein paar Dinge die verbessert werden könnten, aber man lernt ja auch nie aus.
Nicht wundern, ich hab einfach alles aufgeschrieben und erleutert, was mir aufgefallen ist.

Mir ist der Protagonist auch zu passiv. Er wird schlicht weg verprügelt und der Leser erfährt ziemlich genau was wie wann passiert. Im echten Leben läuft das aber nicht so. Die kurzen Sätze finde ich in Ordnung, allerdings kannst du das hier und da auch durch ein Komma trennen anstatt eines Punktes.
Da der Einstieg in die Szene etwas fehlt ist es schwer abzuschätzen wie gut das ganze Eingeleitet wird.

Für mich wirkt es ebenfalls sehr wiederholend. Der Angreifer greift an, der Protagonist wird getroffen, sackt zu Boden. Rappelt sich wieder auf, wird geschlagen, zack zurück auf dem Boden. Ich weiß wie gesagt nicht wie die Szene los geht, allerdings haben die meisten Menschen gewisse Abwehrreaktionen, die ganz von alleine von statten gehen. 1. Weg vom Gegner/Schmerzquelle. 2. Deckung. Die Deckung ist oft eine Körperhaltung, Schultern hochgezogen, Kopf abgewendet, Arme gehoben, Muskeln angespannt. Sie hilft nicht immer, aber schützt oft zumindest zu gewissen Teilen oder verhindert die heftigen Treffer gegen den Kopf. Was mich zum zweiten bringt: ein Kampfunerfahrener wäre mit so vielen Verletzungen und Kopftreffern sicher nicht mehr bei Bewusstsein oder in der Lage sich derart oft wieder aufzurappeln. Das ist zumindest äußerst selten der Fall.

Mein Tipp daher ebenfalls: Geh noch einmal genau den Ablauf des Kampfes durch. Was tut der Angreifer und wie wird darauf reagiert? Wie nimmt der Protagonist das alles wahr? Die Risse in der Wand zu spüren ist beispielsweise etwas eigenartig und hat mich eher rausgerissen, als Spannung aufzubauen. Wenn der Gegner sehr schnell und unerwartet handelt, würde ich viel der Beschreibung wegnehmen. Wird der Protagonist überrascht, merkt er vermutlich gar nicht, wo er hingeschleudert wird. Er ist eher benommen, desorientiert, spürt stumpfen Schmerz und hat oft viele tausend Gedanken die ihm durch den Kopf schießen. Verwirrung und meist die Frage "Warum?" oder "Warum ich?". Sind tatsächlich Pausen zwischen den Angriffen, weil der Angreifer zwar unglaublich wütend, aber dennoch kontrolliert agiert, würde ich mehr auf Gedanken eingehen, ein oder zwei Worte stammeln lassen und wenn es nur "Bitte..." oder dergleichen ist, oder aber beschreiben, wie der Angreifer näher kommt.

zu den vielen spitzen Gegenständen: Die wirken ziemlich künstlich. Ein Regal fällt zu Boden, das anscheinend sofort zersplittert (was ist das für ein Regal?) und dabei auch noch so zersplittert, dass der Protagonist halb damit aufgespießt wird, wie es sich anhört. Das klingt für mich nach einem ziemlichen Kunststück. Holzregale zersplittern nicht so schnell. Dann doch eher ein Glasgegenstand der auf dem Regal lag in das der Protagonist hineinfällt. Solche Scherben und Splitter verteilen sich allerdings nicht gleich im gesamten Raum sondern eher innerhalb eines gewissen Radius, das heißt, nachdem er von der einen Ecke des Zimmers an die andere befördert wurde und sich wohl instinktiv (wirkt nicht wie eine Entscheidung) auf den Weg zur Tür macht, ist es recht seltsam, dass er sich gefühlt durch einen Haufen an spitzen Gegenständen kämpfen muss. Glasscherben sind für gewöhnlich auch nicht sofort an allen Seiten schwarf. Sprich, dass der Krabbelnde schlagartig bei dem Hauch einer Berührung alles aufgeschlitzt bekommt ist auch ziemlich übertrieben. Hier und da, durch den Druck, unkontrolliertes Aufsetzen der Hände und Knie und so weiter, ja, aber bei deiner Formulierung wirkt das sehr überzogen.

Und weil wir schon dabei sind "Er schlug zu". Es heißt immer nur er schlug zu. Wohin? Wie? Weiß der Protagonist wirklich, ob es nun die Hand oder der Fuß ist, das ihn da trifft? Oder vielleicht doch etwas ganz anders? Also noch einmal: Was genau nimmt dein Protagonist wahr, was kann er überhaupt alles wahrnehmen in seinem Zustand. Sieht er wirklich jeden Angriff kommen oder spürt er nur die Treffer beziehungsweise wie sein Körper darauf reagiert, durch die Wucht umfällt und so weiter?

Zu guter Letzt: Der Knall am Ende hat mich etwas irritiert. Ein Knall ist für mich ein Geräusch das beispielsweise entsteht, wenn man etwas Flaches auf den Boden wirft. Ein Schuss beispielsweise hat wieder ein anderes Geräusch und wird dein Protagonist in der Szene eigentlich mit einem Gegenstand getroffen, hört er den Knall vermutlich nicht mehr. Der Knall wäre dann auch kein Knall sondern mehr ein dumpfer Schlag oder ein dumpfes Geräusch. Ist jetzt sehr pingelig aber ich wollte es mal anbringen, weil es bisher hier noch keiner getan hat :D

pacifier 
Fragesteller
 15.05.2015, 19:28

Hey! :) du hast sehr tolle Ratschläge und mir auch sehr weiter geholfen!!! Vielen Dank! Aber ein paar Sachen muss ich noch dazu loswerden.

Der Junge der geschlagen wird, hat ein wenig Kampferfahrung. Ist dem Angreifer gegenüber aber körperlich zu schwach.

Zum Regal: Ich weiß, dass ein Regal normalerweise nicht sofort zersplittert, ich wollte damit aber die Wucht zeigen, also die Kraft, die der Angreifer hat, weil der Angreifer kein Mensch ist, sondern ein von mir erfundenes Fantasywesen. Anstatt zu sagen, dass er unglaublich stark ist, habe ich versucht es zu zeigen. Mir wurde von vielen Autoren immer das selbe gesagt: Show dont Tell. Ich glaube mittlerweile der Lieblingsspruch vieler Autoren :D vielleicht habe ich es nicht geschafft es umzusetzen, oder ich habe etwas falsch verstanden. Ich lasse mich gerne belehren :)

Die Trümmer im ganzen Raum kommen noch von der vorherigen Szene, die habe ich nicht rein kopiert, wäre zu lang geworden.

Nun noch zum Knall am Ende. Ich will, dass der Leser denkt, dass mit dem Knall das Aus gemeint ist. Also des Opfers "Tod". Aber der Knalll, das erfährt man im weiteren Kapitel, ist der Angreifer, der zu Boden fällt. Warum er zu Boden fällt, ist eine andere Geschichte. Mein Protagonist überlebt also :) es ist garnicht so einfach seine Figuren zu töten...:D

Nochmal vielen vielen Dank für deine sehr hilfreiche Antwort, du hast dir eine Auszeichnung verdient :) wünsche dir noch ein schönes und sonniges Wochenende!

0
RenaUchiha  22.05.2015, 10:30
@pacifier

"es ist garnicht so einfach seine Figuren zu töten" hahaha! Ja das stimmt auf jeden Fall!

Freut mich erst einmal, wenn ich behilflich sein konnte und vielen Dank für den Stern!

Wenn das wehrte Opfer schon etwas Kampferfahrung hat, sollte er erst recht (zumindest ansatzweise) Abwehr andeuten, versuchen gegenanzukommen und dann scheitern. Selbst wenn er stark unterlegen ist, weiß das Opfer das ja vermutlich nicht sofort und verliert den Mut, sondern versucht es, bis es merkt, dass nichts zu machen ist. Vielleicht wundert sich das Opfer, was gerade passiert; ist verwirrt, weil es mal eben durch die Luft geschleudert wurde oder die Abwehr oder Gegenangriffe nichts bringen oder der Gegner derart schnell ist, dass das Opfer nicht einmal Zeit hat sich etwas Neues zu überlegen (momentan ist die Geschwindigkeit des Kampfes nicht ganz klar); ist verzweifelt, weil es offensichtlich keine Chance hat, der andere enorme Kraft hat; etc. Oder aber du beschreibst es tatsächlich direkt wie zum beispiel: "mit übermenschlicher Wucht". Das mit dem Regal ist jetzt eher verständlich. Sprich der Protagonist knallt dermaßen schnell und mit solcher Wucht dagegen, dass es praktisch "zersplittert". An der Wahrscheinlichkeit beim Fall direkt in diese Splitter zu fallen hat sich damit allerdings nichts geändert. Vor allem, wenn das Opfer kurz darauf schon durch Scherben und diverse andere spitze Gegenstände durchrobbt, sollte es sich vielleicht beim Regal auf die Zerstörung fokusieren und noch nicht auf (noch mehr) Splitter. Vielleicht umklammert das Opfer auch einen der Holzsplitter als Waffe, als Zeichen der Gegenwehr. Entweder er holt tatsächlich damit aus, oder aber er wird direkt wieder zu Boden geworfen, der Splitter fällt aus der Hand, wie es momentan der Fall ist. Aber allein durch das Aufheben, wirkt er nicht so extrem hilflos und in gewisser weise langweilig. Der Gegner ist immer noch übermächtig, aber das Opfer ist zumindest aktiver. Der Gegner könnte auch zur Abwechslung einen Tisch oder anderen Gegenstand, der zwischen ihm und seinem Opfer steht mit scheinbarer Leichtigkeit zertrümmern oder aus dem Weg schleudern. Das könnte die übermenschlichkeit unterstreichen. Momentan wirkt er mehr wie ein sehr starker Gegner der vor allem durch den Überraschungseffekt und die Hilflosigkeit/Schwäche seines Opfers erfolgreich ist. Das heißt das Machtverhältnis ist noch nicht ganz klar.

Ah verstehe. Ich würde trotzdem vorsichtig sein mit dem Wort "Knall". Darunter stelle ich mir zumindest etwas komplett anderes vor. Knall wäre vielleicht, wenn ein Mensch mit sehr viel Wucht auf einen Tisch aufschlägt. Wenn er zu Boden geht, zu Boden fällt, oder geschlagen wird, gibt es normalerweise eher ein dumpfes Geräusch. Da vielleicht einfach noch einmal in die Denkbox gehen und gucken ob es eine treffendere Geräuschwahl gibt. Dass es das "Ende" des Protagonisten darstellen soll ist allerdings schon gut rübergekommen, daran brauchst du also nichts mehr zu machen. :D

Ein Beispiel wegen der Wahrnehmung von Schlägen; Ein konkretes Beispiel aus dem echten Leben, das mir gerade wieder eingefallen ist:

Junge sitzt auf einer Bank in der Stadt und isst. Ein Typ kommt vorbei, schlägt ihm ins Gesicht und geht wieder. Wie hat der Junge das ganze erlebt? "Ich sitze auf einer Bank und esse gemütlich ein Sandwich. Auf einmal merke ich nur wie mein Kopf so nach hinten geht und plötzlich sind ganz viele Leute um mich herum die sagen 'Oh, Gott, dieser Ar***!' und 'Er hat ihm die Nase gebrochen!' und fragen mich ob es mir gut geht. Ich fasse nach meiner Nase und es ist auf einmal nur so ein großer Fleischklumpen..." In diesem Fall hatte der Junge generell keine Schmerzen beziehungsweise kaum welche. Obwohl ihm tatsähclich die Nase gebrochen wurde. Wenn man Schmerzen hat, setzen die bei stumpfen Verletzungen wie hier auch meist NACH der Tat ein, zumindest bei überraschenden Angriffen. Bei spitzen Gegenständen MIT der Tat, sprich sofort.

Ist mir nur gerade eingefallen, vielleicht hilft's ja. So dann mal noch viel Spaß beim Schreiben und Verfeinern!

0

Alles in allem relativ gut, problematisch ist nur dass du 1. zu viele Empfindungen benutzt, eine Kampfszene dauert ja normalerweise nur ein paar Sekunden, in dieser Zeit zittert dein Protagonist, brabbelt Namen,schwitzt, bricht zusammen etc, das wirkt leicht über laden. Und 2. würde ich dir raten, oft Kommas und Überleitungen zu benutzen, das sind zu viele kurze, abgehackte Sätze.

Kleiner Tipp am Rande, Versuch doch mal mehr den Gegner als den Protagonisten zu beschreiben

Alles in allem aber wie am Anfang erwähnt richtig gut ;)

pacifier 
Fragesteller
 14.05.2015, 18:01

Hallo Johannes :),

Vielen Dank für deine Antwort! Ich habe gehört, man soll kurze abgehackte Sätze schreiben, damit das Tempo und somit die Spannung gesteigert wird, deswegen die kurzen Sätze. Den Gegner mehr zu beschreiben ist mir garnicht in den Sinn gekommen. Danke für deinen Tipp!

0

Du solltest dringend nochmal den Ablauf des Kampfes durchgehen. Gleich zu Beginn der Szene rappelt sich dein Protagonist beispielsweise wieder auf, ohne vorher zu Boden gegangen zu sein (falls er aus dem Stand oder Lauf gegen die Tischplatte geknallt ist, fehlen hier wichtige Informationen).

Auch solltest du deine Verwendung von Adjektiven und Vergleichen überdenken, gerade erstere sind häufig unnötig.

Manche deiner Formulierungen sind etwas unglücklich, z.B. "wälzte ich mich durch die spitzen Gegenstände", und ob man einen Angreifer während eines Kampfes noch freundlich Herrn XY nennt?

Im Großen und Ganzen ist das aber mehr Feinschliff, gerade im Gegensatz zu dem, was man hier sonst oft zu lesen bekommt ist dein Text wirklich nicht schlecht.

Mein persönlicher Eindruck: Mir dauert das Gerangel ein wenig zu lange. Wenn es sich um den Höhe- oder einen großen Wendepunkt der Geschichte handelt, ist es okay, ansonsten könnte man vielleicht noch etwas straffen. Gelegentlich weichst du leicht von der Ich-Perspektive ab. In Kombination führt das dazu, daß die Spannung für mich recht zügig abfällt. 

Mögliche Abhilfe: Gib deinem Protagonisten ein Ziel. Klar, er will überleben. Aber wie? In dem Text wird er geschlagen, rappelt sich wieder hoch - und es geht von vorne los. Spätestens im 2. Absatz sollte er sich etwas überlegen, ein Ziel, zu dem er sich bewegen will, um sich zu verstecken, eine Waffe zu holen, Hilfe zu rufen, wegzukommen, was auch immer.

Auch über etwas Dialog könnte man nachdenken.

pacifier 
Fragesteller
 14.05.2015, 19:46

Hallo Jerne :),

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort und deine Ratschläge! Die Szene ist ein sehr wichtiges Ereignis, weswegen sie etwas länger ist. Und ich habe jetzt nicht den ganzen Text hier rein kopiert, deswegen auch der offene Anfang. Die Person, die ihn schlägt, ist eine Person, der er sehr vertraut und die er sehr gemocht hat. Ein also sehr wichtiger Wendepunkt in meiner Geschichte. Er ist anfangs fassungslos, als er zuschlägt. Die Situation entsteht sehr plötzlich. Zuerst kennt er sein Ziel nicht, will sich gegen den Angreifer nur wehren. Aber dann spürt er, dass der Angreifer ihm körperlich einfach überlegen ist und will flüchten. Er versucht die Tür zu erreichen, aber dann ist es zu spät.

0
Jerne79  14.05.2015, 21:03
@pacifier

In Anbetracht deiner Erklärung fallen mehrere Punkte auf: Der Vertrauensbruch und die damit verbundene Fassungslosigkeit sind für den Leser ohne diese Zusatzinformation nicht zu erkennen. Ohne die Erwähnung des Namens hätte der Angreifer auch ein Fremder sein können. Offenbar hast du es nicht geschafft, diese spezielle Situation und v.a. die damit verbundenen Emotionen zu Text machen zu können.

Das Ziel, nämlich die Tür zu erreichen, bleibt lange unerwähnt.

Auch hier "Ich hatte es aufgegeben, mich gegen ihn zu wehren, er war stärker" - Vom Wehren ist vorher aber nichts zu sehen.

Letzten Endes: Wenn du dich erklären mußt, ist etwas falsch gelaufen.

Die gute Nachricht: Schreiben ist nicht statisch. Du kannst deinen Text überarbeiten, verbessern, komplett neu aufbauen, was immer für dich am einfachsten ist.

0