Ich würde gerne ein Buch schreiben :), aber wie formuliert man den 1. Satz und was ist überhaupt ein guter Buchanfang :/?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ein guter erster Satz muss zum Weiterlesen animieren. Das heißt: Keine Sätze wie: Der Wecker klingelte. Verschlafen stieg er aus dem Bett. Das ist lahm.

Auch die damals mal so heiß geliebten Landschaftsbeschreibungen über dreißig Seiten und Raumbeschreibungen, in denen die Farbe jeder einzelnen Fliese benannt wird, sind natürlich out.

Nimm dir deine Lieblingsbücher zur Hand und lese den ersten Satz. Oder die ersten drei Sätze.

Der Leser ist heutzutage ungeduldiger denn je. Wenn der Buchanfang nicht überzeugt, gibt man dir keine drei Seiten - egal, wie gut das Buch dann wird.

Hier beispielhaft ein paar Einleitungen aus meinen Geschichten:

"Guadeloupe ist ein netter Flecken Erde, wenn niemand auf einen schießt."

"Vom Tagelöhner zum Tuchhändler - für diesen Weg braucht man Generationen. Ich schaffte ihn in neun Jahren. Die Erwartungen in meinen Abstieg sind entsprechend hoch und ich bin bereit, sie zu übertreffen."

"Wenn Sie Marlow mit dem Finger auf einer Karte suchen - vergessen Sie's. Marlow ist ein Kaff das man nur deshalb kennt weil es sich dreist auf die Straße zwischen Manchester und Warrington gepflanzt hat; irgendwo inmitten von „nirgendwo“ und umgeben von meilenweitem „Nichts“."

Ich hoffe, es wird ein wenig klar, worauf es ankommt. Man muss den Leser mit starken Sätzen, die Neugier wecken und Fragen aufwerfen in die Geschichte ziehen, so dass er sich außerstande sieht, die Lektüre abzubrechen.

Als nächstes musst du so schnell wie möglich die wichtigste Eigenschaft deiner Figur zeigen und einen Konflikt einführen. Es ist entscheidend, dass der erste Höhepunkt so schnell wie möglich kommt.

Tichuspieler  19.02.2018, 09:35

Auch wenn ich gestehen will, dass ich die Anfänge sehr gut gelungen finde (insbesondere der mit Guadeloup gefällt mir sehr gut), so ist das nur eine Art, einen guten Anfang zu finden. So mancher Autor setzt als Anfangsszenario scheinbar belanglose Beschreibungen ein, um dann einen sehr krassen Gegensatz einzuflechten. Was ich ganz gerne mag (und gelegentlich auch umsetze), dass sind absurde Anfänge. Es ist irgendwo und irgendwie eine Frage des Stils.

Von daher behaupte ich einfach mal: Den richtigen "perfekten" Anfang gibt es eigentlich nicht. Für alles gibt es Leser, die sagen, dass ihnen der Beginn, der erste oder die drei ersten Sätze so gefallen, wie der Autor sie aufs Papier gebannt hat.

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DieMonika1980  19.02.2018, 11:16
@Tichuspieler

Korrekt. Da geht jeder anders heran.

Langwierige Beschreibungen gleich am Anfang halte ich allerdings für gefährlich. Leser lesen den Klappentext und schlagen dann auf Seite 1 auf (bei Amazon ist das der Blick ins Buch). Bis Seite 3 kommen die Wenigsten. Deshalb sollte man früh überzeugen und nicht mehr alla Karl May erst mal zwölf Seiten lang die Landschaft genießen (was ich selbst gern überblättert habe).

Absurdes ist ebenso gut wie Widersprüche - oder eben einfach alles, was Fragen aufwirft/Neugierde weckt. Ein einziges Wort, aus dem Kontext gerissen, kann große Effekte erzielen.

Wichtig ist nur, dass der erste Satz mit der Szene selbst zusammenpasst und diese einleitet - nicht einfach irgend ein Satz "ins Blaue".

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Tichuspieler  07.03.2018, 08:36
@DieMonika1980

Guten Morgen! Sorry, ich sehe erst jetzt, dass mir auf meine Antwort ein Kommentar geschrieben wurde.

Ich bin mit Dir konform, was den Anfang angeht. Das Leseverhalten hat sich stark verändert, man will nach Möglichkeit schon am Anfang den Thrill, den: Oh, da ist etwas, was mich zum Weiterlesen "zwingt". Und ich bin auch bei Dir, dass der Anfang auf jeden Fall zur Szene passen muss.

Aber: ich sehe eine andere Gefahr im Anfang - mit ihm gibt man dem Leser ein Versprechen. Man wirft ihm einen Happen zu, der ihm ein lukullisches Mahl verspricht. Und wenn man dann sagt: Okay, Leser gefangen, jetzt kann ich es langsam aufbauen, dann läuft man unter Umständen Gefahr, ihn doch wieder zu verlieren und ihn so zu enttäuschen, dass er den Roman zur Seite legt und nie wieder etwas von diesem Autoren in die Hand nimmt.

GLG

Tichuspieler

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Das kann ja heiter werden mit dir ...

Zur Problematik des ersten Satzes findest du in dem Roman 'Die Pest' von Albert Camus (1948) einen Leidensgenossen ...

Ansonsten habe ich noch einen Universalsatz für dich, dessen Copyright ich bereit bin, dir zu überlassen:

"Wenn das jemand einmal zu mir gesagt hätte, dass ich diesen Roman schreiben würde, dann hätte ich ihn vor kurzem noch für verrückt erklärt. Aber wie es doch dazu kam, das werde ich im Folgenden erzählen - und ich glaube, Ihr werdet genauso überrascht sein wie ich ..."

Es kommt je nach Story an und was es für ein Buch werden soll sprich welche Genre es um dieses Buch handelt

EINEMENGEFRAGEN 
Fragesteller
 17.02.2018, 15:09

Ein Buch für 11/12 bis 15/16 jährige

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EINEMENGEFRAGEN 
Fragesteller
 17.02.2018, 15:09

Ein Kinder/Jugend-Roman

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Probier doch einfach mal verschiedene sätze aus und du wirst sehen, dass sie den ganzen Stil deines Buches bestimmen. Wichtig ist, dass der Stil zum Inhalt passt. Wir haben mal im Unterricht Geschichten schreiben lassen, die alle mit dem Satz begannen: „Bernhard hatte schlecht geschlafen“ - da merkt man sofort, dass nicht mehr alle anderen sätze dazu passen. Was zum Beispiel passt, ist: „das war ihm jetzt schon öfter passiert“ und schon merkt man, dass es anschließend um seine schlaf Probleme und ihre Ursachen geht. Jetzt sind wir mal auf deinen Anfang gespannt, probier es doch einfach mal aus.

EINEMENGEFRAGEN 
Fragesteller
 17.02.2018, 14:57

Freitags gab es bei uns immer Fisch. Ich glaube, dass hat irgendwas mit der Religion zu tun. - Schon seit Tagen prasselten dicke Regentropfen die Fensterscheibe meines Kinderzimmers hinunter. - Man hatte mir schon als Kind beigebracht, dass es nicht wirklich erstrebsam wäre, anders zu sein. Warum konnte ich als 4 jähriger natürlich noch nicht verstehen. - Ich erinnere mich noch genau an den Tag, wo meine Mutter von der Leiter gefallen war und sich das Bein brach. - Nieamls wollte ich so wie meine Eltern werden. Das wusste ich schon sehr früh. / Ist da vielleicht was brauchbares dabei?

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DieMonika1980  17.02.2018, 15:14
@EINEMENGEFRAGEN

"Freitags gab es bei uns immer Fisch. Ich glaube, dass hat irgendwas mit der Religion zu tun."

Wenn weder der Fisch noch die Religion elementar wichtig sind für den Konflikt (was du mit den nächsten Sätzen kenntlich machen solltest), ist das nicht brauchbar.

"Schon seit Tagen prasselten dicke Regentropfen die Fensterscheibe meines Kinderzimmers hinunter."

Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es NICHT machen sollte.

"Man hatte mir schon als Kind beigebracht, dass es nicht wirklich erstrebsam wäre, anders zu sein. Warum konnte ich als 4 jähriger natürlich noch nicht verstehen."

Zu lang, zu lahm.

"Ich erinnere mich noch genau an den Tag, wo meine Mutter von der Leiter gefallen war und sich das Bein brach."

Besser. Zumindest passiert hier etwas. Und du lässt ein Bild entstehen. "wo" ist Umgangssprache. "an dem" müsste es heißen. Achte akribisch auf Grammtik und Ausdrucksweise. Wenn der Beinbruch aber nicht in engem Zusammenhang steht mit dem Konflikt, den du jetzt im Anschluss einführst, dann taugt der Satz nicht.

"Nieamls wollte ich so wie meine Eltern werden. Das wusste ich schon sehr früh."

Hier deutet sich ein Konflikt an zwischen Eltern und Kind. Wenn es dieser Konflikt ist, über den du im Anschluss schreiben willst, wäre das eine passende Einleitung dafür.

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EINEMENGEFRAGEN 
Fragesteller
 17.02.2018, 15:27

Die Religion, weil die Eltern sehr konservativ sind und das im Streit, der folgt zum Ausdruck bringen und der Fisch, weil der Junge noch deutlich macht, dass er Fisch eigentlich gar nicht mag - Ja gut so fangen viele lahme Bücher von früher vielleicht an :'D - Geht der Inhalt auch kürzer und weniger lahm? - Ja er würde mit einem Konflikt in Verbindung stehen - Ja darüber würde ich dann schreiben :)

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gutifragerno  17.02.2018, 16:35

Es ist immer schön, ein praktisches Beispiel zu sehen. Was allerdings auffällt: es gibt erst mal keinen Zusammenhang zwischen dem Satz mit der Religion und den Regentropfen. Du musst darauf achten, dass sich ein in sich zusammen hängen der Gedankengang aufbaut, der kann durch aus assoziativ sein (es fällt einem zu einem Gedanken etwas anderes ein), aber das muss in sich nachvollziehbar sein. Das fehlt noch ein bisschen bei deinem Text. Aber: bleib mal dran, Am besten setzt du die Idee mit der Religion noch etwas weiter fort.

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EINEMENGEFRAGEN 
Fragesteller
 18.02.2018, 11:37

Das sind getrennte Satzvorschläge, der Satz mit der Religion hat daher wirklich nichts mit Regentropfen zu tun!

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gutifragerno  18.02.2018, 16:53

O. k., das solltest du aber beim nächsten Mal deutlich machen, sonst machen wir uns hier unnötig Gedanken, und deinen Text zu verstehen ;-)
Als Nächstes solltest du einmal versuchen, einen Ausgangssatz konsequent zum Anfang einer Geschichte zu entwickeln.

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Ich fange immer ganz gerne mit dem Setting an.

Natürlich beschreibe ich nicht gleich die ganze Welt.

Aber ich stelle mir die Frage: was wäre das erste, dass mir auffallen würde, käme ich plötzlich in diesen Raum? Dabei werfe ich den Leser gerne ins Ungewisse.

Und dann passiert irgendetwas, dass die ganze Geschichte ins Laufen bringt.

Das hier ist der Anfang aus meinem aktuellen Projekt, einer Sci-Fi-Geschichte:

Dunkle Regentropfen prasselten gegen die Glasscheibe, welche die gesamte westliche Wand des Raumes beanspruchte. Sie erschwerten den Blick auf die nächtliche Skyline von Kaen'tar, doch minderten keinesfalls die Schönheit der Hauptstadt des Vereinigten Reiches.
Tharion stand breitbeinig, die Arme hinter dem Rücken verschlossen, in dem nobel eingerichteten Raum, dessen Zweck sich kaum erschließen lies und blickte in die leuchtende Dunkelheit.
Dem Kaiser waren seine verstrichenen Jahre kaum abzuerkennen. Falten hatten sein Gesicht verformt und die blonde Farbe seiner gepflegten Haare und des edlen Bartes wich längst einem sauberen weiß.
Schritte näherten sich und Tharion setzte ein lächeln auf.
„Es freut mich zu sehen, dass du Zeit für einen alten Mann gefunden hast, Amilia."