John Locke Erkenntnistheorie

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John Locke hat einen Empirismus vertreten. Er lehnte die Vorstellung unveränderlich angeborener Ideen ab und meinte, durch bloßes Denken sei kein Wissen möglich, sondern allein durch Erfahrung. In seinem Werk „An Essay concerning Humane Understanding“ („Ein Versuch über den menschlichen Verstand“) stellte Locke den (nicht neuen) Grundsatz auf: „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus“ („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist.“). Der Verstand (der menschliche Geist/das Bewusstsein) ist seiner Meinung nach bei der Geburt eine tabula rasa (ein unbeschriebenes Blatt/eine leere Tafel) und erst die Erfahrung schreibt darauf. Dies geschehe durch die Sinnesempfindung (sensation) und die Selbstbeobachtung (reflection).

John Locke meinte, alle Bewußtseinsinhalte (z. B. auch Vorstellungen und Begriffe) stammten aus der Erfahrung. Bei der Sinnesempfindung, einer äußeren Erfahrung, gelangten nicht die Dinge der Umwelt selbst, sondern ihre Qualitäten Eigenschaften ins Bewußtsein (bei primären Qualitäten wie z. B. Ausdehnug entspreche die Wahrnehmung den Eigenschaften der Dinge, selbst, bei sekundären Qualitäteten wie z. B. Farbe seien die Empfindungen von Kräften hervorgerufen). Bei der inneren Erfahrung beobachte das Bewußtsein seine eigene Tätigkeit. Die grundlegenden Bestandteile des Erkennens seien einfache Vorstellungen, die einfache Abbilder von Eindrücken seien. Komplexe Vorstellungen bilde der Verstand durch Kombination einfacher Vorstellungen, ohne aber neue einfache Vorstellungen hinzufügen zu können.

Gottfried Wilhelm Leibniz hat einen Rationalismus vertreten, einen dem Empirismus entgegengesetzten Standpunkt. Deshalb fügt er eine entscheidende Einschränkung hinzu: „Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus, excipe: nisi intellctus ipse” („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist, außer/ausgenommen der Verstand selbst.“).

Leibniz meint damit den Verstand mit seiner geistigen Tätigkeit, wobei er angeborene Ideen annimmt. Der Verstand müsse schon auf eine Weise eingerichtet sein, Sinneseindrücke verarbeiten zu können. Alles Begreifen setze den Intellekt schon voraus. In der Wahrnehmung sei der Verstand nicht rein passiv, sondern er leiste aktives Erfassen und verarbeite geistig. Auch wenn Erfahrung ein notwendiges Material ist, um zu Wissen zu kommen, ist der Verstand nach seinem Verständnis gegenüber der Erfahrung eine eigenständige Größe.

Wichtig ist bei Leibniz die Monadenlehre. Grundlegende Bestandteile der Welt sind nach seinem Denken einfache unteilbare Substanzen, die individuelle Einheiten (Monaden) sind. Die Monaden haben nach seiner Aufassung Materie, aber nur gleichsam als Hülle. Sie haben keine raumzeitliche Ausdehnung und sind keine materiellen Atome, sondern beseelte Punkte/Atome und Kraftzentren. Die Monaden erfassen die sie umgebende Welt (in einer Widerspiegelung der Gesamtheit) aus einem individuellen Standpunkt und mit unterschiedlicher Klarheit. Die Monaden haben ein Streben, ihr Wesen zu entfalten und können dabei zu einer anderen Stufe des Erfassens kommen. Das Körperliche ist in seiner Lehre abgeleitete Erscheinung, die den Gesetzen der bewirkenden Ursachen (Naturgesetze mit Kausalität) unterliegt, während für Seelisches Zweckursächlichkeit (angestrebte Zwecke) gilt. Leibniz möchte einen Dualismus mit einem Auseinanderfallen von Materie und Geist („“res extensa“ = „ausgedehntes Ding“ und „res cogitans“ = „Denkendes Ding“ bei René Descartes) vermeiden. In seiner Monadenlehre gibt es zwischen ihnen kein Zusammenspiel in gegenseitiger Beeinflussung (die dann nötige Erklärung dafür ist in einem Dualismus eine Schwierigkeit). Zwischen den Monaden gibt es kein direktes Einwirken, jede bildet eine eigene Welt, auch wenn es aus mehreren Monaden Zusammengesetztes gibt. Das Entsprechen des Erfassens der vielen Monaden und den Leib-Seele-Zusammenhang versucht Leibniz stattdessen durch eine prästabilisierte Harmonie (eine im Voraus festgelegte Übereinstimmung) zu erklären, aufgrund derer parallell unabhängig voneinander die Abläufe übereinstimmen. Die prästabilisierte Harmonie ist durch eine schöpferische höchste Monade, Gott, hergestellt.

Wilhelm Weischedel, Die philosophische Hintertreppe : Die großen Philosophen in Alltag und Denken ist ein Buch für Einsteiger ohne Vorkenntnisse in der Philosophie und kommt deshalb für einfache Erklärungen in Betracht (Locke und Leibniz werden beide dargestellt).

marijo2  16.07.2010, 12:06

Ich wusste gar nicht, dass John Locke ein Philosoph war - ich dachte immer, das wäre der Existenzialist aus "LOST"...!? o.O - wieder was gelernt! =D

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John Locke gehört mit Berkeley und Hume zu den englischen Aufklärern. Er ist Empiriker, d.h. jemand, der seine Erkenntnis auf Erfahrung stützen möchte. Das gelungene Experiment ist ihm wichtiger als eine wortreiche, hochgeistige Herleitung und die Berufung auf die Bibel oder Aristoteles und Platon.

Wenn (z.B. bei Wikipedia) als Anreger Pierre Gassendi genannt wird, sollte man wissen, dass dieser Epikureer war. Denn Epikur fand im 17. JH sowohl in Frankreich und erst recht in England großen Anklang, obwohl nur noch wenig von ihm existierte. Doch dessen naturalistische Auffassung: "Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre." ist auch Lockes Grundüberzeugung. "Das menschliche Bewusstsein ist bei der Geburt wie ein weißes Blatt Papier (tabula rasa), auf das die Erfahrung erst schreibt. Ausgangspunkt der Erkenntnis ist die sinnliche Wahrnehmung (siehe auch der Aufklärer Goethe). Er unterschied äußere Wahrnehmungen (sensations) und innere Wahrnehmungen (reflections)."(Wikipedia) Auch diese Hypothesen sind an Epikur angelehnt, obwohl Epikur diesen Prozess differenzierter gesehen hat.

Dennoch kann man sagen, dass Lockes Erkenntnistheorie ein wichtiger Schritt zur modernen Wissenschaft darstellt, die Bedeutung des Experiments und genauer Beobachtung hervorhebt (man muss wissen, dass auch noch Keppler, der die astronomischen Grundgesetze formuliert hat, erkenntnistheoretisch auch noch auf der Schneide zwischen Empirismus und Scholastik stand, letztlich dem Empirismus den Vortritt gab).

Locke hat mit dieser Orientierung an der sauber erhobenen, dokumentierten und genau untersuchten Erfahrung der jung aufblühenden empirischen Wissenschaft das erste philosophische Rüstzeug mitgegeben. Schau Dir dazu mal seine Zeitgenossen an: z.B. Galileo Galilei, der die Kinetik begründet hat, und danach kommt d e r große Naturwissenschaftler Isaac Newton, ein Engländer und Kind der Erkenntnistheorie des John Locke.