Ist Licht zeitlos?

8 Antworten

Je näher ein Objekt der Lichtgeschwindigkeit kommt, desto schneller scheint die Zeit im außen zu vergehen,…

in dem Satz stecken einige Missverständnisse:

  • Es geht nicht um ein „Innen“ oder ein „Außen“. Ein Bezugssystem ist keine Kiste, außerhalb derer man sich befinden könnte, sondern ein Koordinatensystem, das übrigens auch eine Zeitachse enthält.
  • Die zu einem gewissen Koordinatensystem Σ gehörige Zeit t scheint einem mit einer Geschwindikeit |v› bewegten Beobachter B' (ein anderer, B, ruht relativ zu Σ) nicht schneller zu vergehen, sie tut es - wenn auch er Σ als Referenzsystem betrachtet.
    Anderes ausgedrückt kann man sich relativ zu Σ nicht durch den Raum bewegen, ohne sich dabei, gemessen an seiner Eigenzeit τ auch schneller als mit dt/dτ=1 in zeitlicher Richtung zu bewegen.

…für das Objekt selbst bleibt natürlich alles gleich.

Respektive für B'. klar, der merkt nicht, dass er in Bewegung ist, und mehr noch, er kann mit gleichem Recht Σ als mit –|v› bewegt und sich selbst als ruhend betrachten, jedenfalls jeweils als momentan ruhend. Sollte er eine ungleichförmige Bewegung ausführen, kann er sich natürlich nicht als die ganze Zeit über ruhend ansehen, oder jedenfalls nur in der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Mehr noch: Aus seiner Sicht vergeht dann die Zeit in Σ langsamer, da Σ ja das bewegte System darstellt.

Diese Wechselseitigkeit ist nicht widersprüchlich: Wären B und B' Autofahrer, die mit gleichem Tempo, aber in einem Winkel zueinander fahren, würde jeder den anderen bezüglich seiner eigenen Vorwärtsrichtung zurückfallen sehen.

Man kann es auch mit gleich langen Salamis vergleichen, die man in einem Winkel nebeneinander legt: Das vordere Ende jeder Salami liegt hinsichtlich der Vorwärtsrichtung der jeweils anderen zurück, dafür aber seitwärts. Die Summe der Quadarate ergibt dennoch dieselbe Länge.

In der Raumzeit ist es die Differenz der Quadrate, und zwar aus folgendem Grund: Die Lichtgeschwindigkeit muss für jeden Beobachter dieselbe sein. Sie ist ein Naturgesetz, da sie sich vollständig aus Maxwells Elektrodynamik herleitet. Als solches unterliegt sie dem Relativitätsprinzip von Galilei, das besagt, dass die Physik unabhängig ist von der Interpretation, welcher von den beiden sich bewegt.

Müsste das Licht dann nicht aber, wenn es ein Bewusstsein hätte, ja wie denn? Wie würde es denn seine Außenwelt wahrnehmen?

Das ist der Witz: Es könnte gar kein Bewusstsein in unserem Sinne haben, nicht einmal ein theoretisch. Selbst um ein Standbild anzusehen, braucht man Zeit - Eigenzeit. 

Im Grunde kann es nicht einmal sein. Wenn man parallel zu einem Lichtstrahl immer schneller wird, um irgendwann dieselbe Geschwindigkeit zu haben, werden dessen Wellenlängen immer größer und die Energie natürlich geringer. Im Extremfall bemerkt man vom Lichtstrahl nichts mehr, denn der ist aufgrund der wachsenden Frequenzverringerung längst zu Radiowellen und noch längeren geworden, so lang und so schwach, dass man ihn nicht einmal mehr detektieren kann.

„Im eigenen Ruhesystem“ ist Licht also nicht nur „zeitlos“, sondern schlicht nicht existent.

 - (Mathematik, Leben, Physik)
Lolligerhans  03.11.2017, 01:17

Als ob irgendwer das Diagramm versteht. ;)

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SlowPhil  03.11.2017, 06:29

Ich versuche damit darzustellen, was die als „Zeitdilatation“ und „Längenkontraktion“ bekannten Effekte wirklich sind.

Als Bild verwende ich einen Salami-Abschnitt. Der wird nicht wirklich kürzer, wenn ich ihn schräg lege, sondern der Seitwärts-Abstand des vorderen Endes (L⋅sin(α)) geht auf Kosten des Vorwärts- Abstandes (L⋅cos(α)). Die Wurst bekommt auch keinen größeren Durchmesser in einer Richtung. Kein Mensch käme auf die Idee, hier von einer „Breitendilatation“ zu reden.

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Licht hat kein Bewusstsein, sondern ist eine elektro-magnetische Welle: eine sich räumlich ausbreitende Schwankung im E- und B-Feld.

Ist die Frage damit aus der Welt? (da unnötig, weil es nicht eintritt)

Philipp3141 
Fragesteller
 02.11.2017, 20:55

Es geht um ein Gedankenexperiment. Viele andere sind so auch niemals möglich.

Es geht mir darum, wie die Welt aus der  Sicht des Lichtes aussieht, da ja Zeit umso schneller vergeht desto näher man dieser kommt.

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TheArmaGuy  02.11.2017, 21:34
@Philipp3141

Interessanter Gedanke wenn man so darüber nachdenk :D

wenn du mit annähernder Lichtgeschwindigkeit um die Erde fliegst, könntest du in den nächsten Minuten den 3 Weltkrieg beobachten.

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SlowPhil  03.11.2017, 08:15
@Philipp3141

Vielleicht hättest Du besser gesagt, wenn ein hypothetischer Beobachter quasi auf einer Lichtwelle surfen würde, was würde er sehen?

Eine ähnliche Frage stellten sich nämlich schon Einstein und Marić (seine damalige Freundin/Frau, die auch Physik studierte), bevor Einstein in seiner Arbeit von 1905 feststellte, dass das gar nicht möglich wäre.

Könnte ein Beobachter für eine gewisse Zeit mit c reisen, wäre es für ihn so, als habe er von Start zum Ziel keine Zeit gebraucht. Wäre er zudem in der Lage, den Augenblick der Reise wahrzunehmen, so hätte er Dunkelheit um sich gehabt, bis auf einen unendlich hellen Punkt aus Ultra-Gammatrahlung, die theoretisch die Information über den ganzen Flug enthalten hätte, denn alle Licht kommt dann von vorn.

…, da ja Zeit umso schneller vergeht desto näher man dieser kommt.

Das ist unpräzise. Wenn man sich als bewegt auffasst, also das Standard-Bezugssystem verwendet, relativ zu dem man sch so schnell bewegt, vergeht die Zeit um einen schneller. Hinter sich sieht man trotzdem alles in Zeitlupe, weil man es mit wachsender Verzögerung sieht.

Fasst man sich selbst als ruhend und die Umgebung als bewegt auf, so vergeht die Zeit in der Umgebung langsamer. Vor sich sieht man trotzdem alles im Zeitraffer, weil man es mit schrumpfender Verzögerung sieht.

Was ich sehe, ist natürlich unabhängig von der Interpretation.

Je nachdem aber, welchen Bewegungszustand ich mir selbst respektive meiner Umgebung zuschreibe, beurteile ich aber Gleichzeitigkeit unterschiedlich, d.h., meine Interpretation davon, wie lange das Ereignis zurückliegt.

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ronnyarmin  02.11.2017, 21:00

Ich finde die Frage interessant. Warum sollte man nicht über ein Gedankenspiel nachdenken?

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SlowPhil  03.11.2017, 06:56

@TheArmaGuy

Wieso soll man dafür angenäherte Lichtgeschwindigkeit brauchen? Nachrichten gucken reicht doch.

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SlowPhil  03.11.2017, 07:24
Licht hat kein Bewusstsein,…

Präziser: Licht könnte gar kein Bewusstsein haben, da es sozusagen keine Zeit dafür hat. Was das wohl über Lichtgestalten aussagt…

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Gastnr007  03.11.2017, 07:25
@SlowPhil

Licht ist eine Welle. Für mich als drittel Physikstudent reicht das voll aus.

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SlowPhil  03.11.2017, 07:51
@Gastnr007

Das geht aber komplett an der Frage vorbei. Es geht ja nicht wirklich darum, was wäre, wenn Licht, also die Welle als solche, ein Bewusstsein hätte, sondern eigentlich darum, wie ein hypothetischer Beobachter, der sich relativ zu einem Standard-Bezugssystem für eine gewisse Zeit mit Lichtgeschwindigkeit bewegte, seine Umgebung wahrnähme.

Die Frage hat sich ähnlich schon Einstein gestellt, nämlich, was wäre, wenn er auf einer Lichtwelle surfen würde. Das war, bevor er die Relativitätstheorie formulierte.

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Das Licht würde seine Aussenwelt wie durch einen Zeitraffer wahrnehmen.

Philipp3141 
Fragesteller
 02.11.2017, 20:56

Desto näher der Lichtgeschwindigkeit, desto schneller vergeht im außen die Zeit. Könnte das nicht auch bedeuten, dass bei Lichtgeschwindigkeit die Zeit im außen unendlich schnell vergeht? Oder besser gesagt die Zeit für das Licht stillsteht? 

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verreisterNutzer  02.11.2017, 20:58
@Philipp3141

Licht hat Lichtgeschwindigkeit, also nichts da mit näher oder weiter weg von diesem Wert. Unendlich schnell glaube ich nicht, es wird schon eine Grenze geben. 

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Philipp3141 
Fragesteller
 02.11.2017, 21:01
@verreisterNutzer

Desto näher etwas der Lichtgeschwindigkeit kommt, meine ich. Da ja kein massebehafteter Körper das jemals erfahren könnte.

Gut, aber ich denke das kann man eh niemals so genau Wissen.


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ronnyarmin  02.11.2017, 21:03
@verreisterNutzer

Die Grenze ist die Lichtgeschwindigkeit, die nicht erreicht werden kann.

Die Frage ist, wie die Welt um eine herum erscheinen würde, könnte man sie erreichen. Ich habe darauf ebenso keine Antwort.

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SlowPhil  03.11.2017, 06:54

Ein aus Materie bestehender Beobachter B' existiert nicht nur in Σ, sondern eben auch in seinem eigenen Ruhesystem Σ'. Er hat eine Uhr U', mit der er die Dauer eines Vorgangs, den er beobachtet, vergleichen kann.

Man kann als anderer Beobachter sich auf seine Geschwindigkeit bringen und relativ zu ihm in Ruhe sein, egal übrigens, wie dicht er an c dran ist.

Das alles geht mit nichts, das sich relativ zu einem selbst genau mit c bewegt, denn das bewegt sich auch relativ zu B' mit c.

Versuchst Du, mit einem Lichtstrahl aufzuschließen, wird er nicht langsamer, sondern langwelliger, und die Energie fällt beliebig ab, da es nicht, wie bei massiven Objekten, eine Untergrenze dafür gibt.

Licht hat schon deshalb kein Ruhesystem, weil es sich qua Relativitätsprinzip relativ zu jedem Beobachter, egal wie nahe er relativ zu Σ, unserem Standard-Bezugssystem, c ist, noch immer mit c bewegt. Es existiert nur in Bewegung mit c.

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SlowPhil  03.11.2017, 07:04

@ronnyarmin

Absolute Dunkelheit in fast jeder Richtung bis auf eine Ausnahme, nämlich „vorn“, denn von dort käme ein unendlich intensiver Licht- bzw. Gammablitz, in dem die gesamte Geschichte der Reise mit c steckt, egal wie lange sie dauert. Was vorn ist, erscheint nämlich trotz „Zeitdilatation“ wie im Zeitraffer.

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Ein Bewußtsein nimmt nie Zeit wahr welche außerhalb des Bewußtseins ist.
Es nimmt nocht nicht mal Zeit an sich wahr.
Zeit ist eine Vergleichsgröße von Bewegung keine Entität, sie wird errechnet.
Die subjektive Zeitwahrnehmung ist nur die Wahrnehmung von "Folge".
Diese in relativistische Betrachtungen einzubeziehen ist Quatsch - aber seit über einem Jahrhundert ein beliebtes Spiel ohne irgendeine Bedeutung oder Erfahrung ! Deswegen ist dieses Spiel ja so beliebt , weil es immer wieder die Phantasie herausfordert - so wie bei dir.

SlowPhil  02.11.2017, 23:27

Die subjektive Zeitwahrnehmung ist nur die Wahrnehmung von "Folge".

Und Dauer - dies aber äußerst unzuverlässig.

Diese in relativistische Betrachtungen einzubeziehen ist Quatsch.

Da hast Du völlig Recht. Ich stimme Dir ja nicht in vielem zu, gerade wenn es die Relativitätstheorie betrifft, aber dass die nichts mit subjektivem Zeitempfinden zu tun hat, sage ich selbst immer.

Allerdings kann man sich andererseits nichts ohne eine gewisse Eigenzeit vorstellen - selbst ein Standbild muss man eine Weile (Eigenzeit) anschauen, um es überhaupt zu erfassen.

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Viktor1  02.11.2017, 23:37
@SlowPhil

Es zwingt dich niemand, dir etwas ohne Eigenzeit vorzustellen.
Die Weile einer Betrachtung ist zeitlos. Ihr wird nur durch Vergleich (mit einer Bewegung bzw. Anzahl davon) eine  "Zeit" zugeordnet. Diese Zuordnung  ist aber keine Entität.

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Wenn es zeitlos wäre, wie würde sich dann sein Erleben unterscheiden zwischen "die Strecke zur gradlinigen Ausbreitung ist frei" und "die Strecke ist bereits nach ein paar Metern blockiert"?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker