ist Deutschland ein Kirchenstaat oder Laizistisch?

15 Antworten

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Wir sind ein säkularer Staat.

Also weder noch.

Im Laizismus wird sehr streng zwischen den Angelegenheiten des Staates und der ReligionEN getrennt. Wir können das in der Türkei zum Beispiel beobachten wo der Tragen eines Kopftuches durchaus nicht so erlaubt ist wie bei uns. Ich kenne mich in türkischer Politik nicht aus. Allerdings höre ich immer wieder davon dass ein Studium mit Kopftuch dort nicht geht. Egal, welches Fach.

Ein Kirchenstaat waren wir mal. Denn immerhin haben bei uns die Bischöfe staatliche Gewalt inne gehabt.

Unsere Säkulare Staatsform ergibt sich schon aus der Präambel unseres Grundgesetzes welche beginnt:

"In Verantwortung vor Gott und den Menschen..."

womit klar Religion mit einbezogen wird. Allgemein ist man bei uns der Auffassung, dass Religion moralische Werte vermittele, aus den moralischen Werten dann die Gesetze entstehen und diese von den verfassungsmäßigen Organen geschaffen, umgesetzt und überwacht werden.

Hinzu kommt noch die Geschichte mit dem Konkordat, also dem mit dem Vatikan geschlossenen und bis heute gültigen Vertrag zwischen zunächst nur der katholischen Kirche und Deutschland. Später wurden nach und nach andere Kirchen mit den dort genannten Rechten ausgestattet. Dazu gehört unter anderem, dass Kirchensteuer auf unser aller Kosten erhoben wird von den Mitgliedern, die anerkannten Kirchen nicht an das Betriebsverfassungsgesetz gebunden sind und so fort.

Unter Konkordat und säkularer Staat findest Du Info im Netz. Weiter gibt das geschichtsforum.de reichlich Auskunft wenn Du es vertiefen möchtest.

Weder noch! Du verstehst da etwas völlig falsch und gibst zwei Dinge zur Auswahl die nicht zutreffen.

Der Staat ist völlig getrennt von der Religion. Lediglich die Organisationen die hinter den Religionen stecken sind vom Staat genauso beeinflusst wie andere Organisationen und Firmen.

Die Trennung von Staat und Religion bedeutet, dass der Staat sich nicht in Lehrinhalte oder Bräuche der Kirchen einmischt und keine Stellung bezieht. Er darf nicht sagen, dass die eine oder andere Gruppierung besser ist oder den richtigen Glauben hat.

Religiöse Gruppierungen haben natürlich einen Status im Staat. Kleine sind meist als e.V. geführt, größere teilweise als KdöR. Das ist aber nur ein reiner Rechtsstatus, so wie GmbH oder ohG etc. Denn solche Organisationen müssen ebenfalls Steuern zahlen und sich an Gesetze halten. Nur gibt es dort einige Unterschiede zu einer normalen Firma, da Religionen eigentlich keinen Gewinn machen dürfen sondern gemeinnützige Arbeit damit finanzieren müssen. Doch diese Kontrolle ist nicht so einfach.

Die Trennung von Staat und Kirche bedeutet eben nicht nur, dass sich der Staat nicht in Lehrinhalte und Bräuche der Kirchen einmischt, sondern auch, dass er keine Einmischung von Kirche in Entscheidungen und Praktiken des Staates duldet. Kurz, dass er weltanschaulich neutral agiert. Genau das ist ein Deutschland nicht der Fall. Hier wird den Kirchen eine nicht vertretbares und schon klar gesellschaftsschädliches Maß an Mitbestimmung eingeräumt. Hier werden die Kirchen ungerechtfertigt finanziell gefördert, genießen gesetzliche Sonderregelungen die es ihnen ermöglichen, ganz offizielle Atheisten zu diskriminieren.

Trotzdem würde ich Deutschland nicht als Kirchenstaat bezeichnen, denn offiziell geht ja die Macht noch vom Volke aus und nicht von den Kirchen. Ein kirchennaher Staat ist Deutschland aber ohne jeden Zweifel.

Selbst in einem laizistischen Staat darf eine Partei ja durchaus christlich sein ohne, dass sie deshalb einen Kirchenstaat ausrufen darf, wenn sie an der Regierung ist. In Deutschland sind viele Menschen Christen. Parteien wissen das und wissen auch, dass man sich damit gut schmücken kann. Mehr als Schmuck ist das natürlich nicht. Denn christlich ist es natürlich nicht, wenn man eine Politik betreibt, die die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden lässt. Ebenso unchristlich sind Politiker, die falsch Zeugnis ablegen wider ihren Wählern usw. usw. usw. Willst du etwas über diese Parteien erfahren, die sich christlich nennen, dann denk dir einfach das C im Namen weg und weißt, wofür sie stehen. Wenn du dann das Gefühl hast, dass nicht sehr viel übrig bleibt, dann hast du wahrscheinlich Recht ...

Gumba64  18.05.2011, 23:20

Chrislich ist ncht gleich Christlich^^ Was verstehst du denn unter Christlich? eine haarkleine auslegung der BErgpredigt, oder was nun. Der Begriff ist absolut kontextabhängig. Die Parteien die sich eins "christlich" nannten waren im sinne des vorherrschenden Christentums eben konservativ. Das war in Preussen so das war in bayern so. Ein par abweichler gabs natürlich. von daher gebührt das C durchaus im sinne der tradition gewissen parteien. Ich will dir ja gar nicht absprechen dass du recht hast. ich will einfach nur aufmerksam darauf machen, dass man gerade bei zeitgeschichtlichen Punkten nicht immer grundsätzlich beurteilen kann...

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justschroeder  18.05.2011, 23:27
@Gumba64

Hast Recht: Chrislich ist nicht gleich Christlich. Darum meinte ich auch Christlich^^ Und wenn ich das sage, dann beziehe ich mich auf den Teil der Bibel, der mit dem Matthäus-Evangelium beginnt und mit der Apocalypse des Johannes endet. Ich will Leute nicht christlich nennen, die einfach nur konservativ sind oder zu Weihnachten mal in die Kirche gehen oder bei ihrer Vereidigung im Amt sich auf die Formel "so wahr mir Gott helfe" einlassen. Sondern wer sich christlich nennt, von dem erwarte ich, dass er die christliche Lehre schon als diejenige Glaubens- und Lebenslehre ernst nimmt, als die sie im Neuen Testament niedergeschrieben steht. Natürlich ist das eine hohe Anforderung. Aber wer sich das C im Namen gibt, der stellt sich dieser Anforderung nunmal. Und wenn er dieser Anforderung nicht gerecht wird, dann sollte er das C lieber tilgen, weil er sonst unglaubwürdig ist.

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Gumba64  18.05.2011, 23:54
@justschroeder

Im Prinzip denke ich genauso. Aber das Thema ist halt seeehr komplex, geht ja nur um unser selbstverständniss^^

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Ja Dieser Staat ist Laizistisch. Und Partein dürfen sich nennen wie sie wollen. Es gibt ja auch die "Pogo-Partei" hier. Ausserdem würde ich das große C nicht überbewerten. christlich ist nicht gleich christlich...