Inwiefern haftet ein "Kanzler"?

11 Antworten

Gesetze macht er nicht, die macht der Bundestag

Auch die Ausgaben kann er nicht spontan beschliessen, sondern muss den Bundeshaushalt genehmigen lassen.

Minister kann er entlassen und berufen. Das kann man ihm übelnehmen und ihm Lauterbach, Lambrecht vorwerfen. Aber die Höchststrafe auf schlechte Politik ist: Nicht-Wiederwahl.

Ansonsten hat er einen Eid geschworen, und daran hält er sich. Was jetzt "dem deutschen Volk dient" ist aber subjetiv und nicht juristisch zu belegen. Auch Entscheidungen von denen man im Nachhinein sagt: hätte man besser anders gemacht, oder waren überflüssig wie mache Corona Massnahmen, sind kaum juristisch bewertbar. Keiner wird je sagen können wie sich der Krieg entwickelt hätte, wenn wir uns hätten erpressen lassen und Russland hätte erst die Ukraine plattgemacht, dann Moldavien annektiert und dann: wollt ihr wegen NATO Staat Estland wirklich Gegenwehr leisten und den Bündnisfall ausrufen. Ich hielte es für die grösste Gefahr, so gehandelt zu haben. Aber juristisch kann das keiner als richtig oder falsch einschätzen. Das sind politische Entscheidungen, und die tritt der gewählte Kanzler, dafür hat der das demokratische Mandat.

Juristisch als Fehlverhalten auszulegen wäre: Bestechlichkeit, Verstösse gegen geltendes Recht. Also Geschenke annehmen von einem fremden Staat, das hätte man auch juristisch aufarbeiten können, Scharzgeld-Spendenkassen verwalten, das hätte man ... Aber Kohl und Schröder haben auch nicht vor Gericht gestanden.

Scholz könnten seine Falschaussagen zur CumEx Affäre zum Verhändnis werden. Aber er erinnert sich ja nicht ...

Und ein Impeachment wie in den USA gibt es auch nicht in Deutschland. Anklagen kann man einen Kanzler nur wenn der Bundestag die Immunität aufhebt. Sonst müssen die Gerichte warten, bis er nicht mehr im Amt ist und kein Abgeordneter mehr ist.

Satiharu 
Fragesteller
 03.03.2023, 21:54

Hm danke, sehr ausführlich.

Dennoch kann man nicht dafür haften, wenn man den Eid umgeht, bzw ihn nicht ernst nimmt? Warum ist das so? Warum sollte man einen Repräsentanten wählen, der nicht bereit ist, durchs Feuer zu gehen, bzw Verantwortung zu tragen?

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Nachdem wir in einer Demokratie leben läuft das ein bisschen anders.

Wir wählen den Bundestag, dieser wählt den Bundeskanzler. Nicht der Kanzler, nicht die Regierung, sondern das von uns gewählte Parlament trifft die Entscheidungen. Somit sind wir alle verantwortlich.

Satiharu 
Fragesteller
 03.03.2023, 16:23

Eine Wähldiktatur?

Demokratie wäre ja, wenn das Volk selber entscheidet, und nicht bloss entscheidet, wer entscheidet. Aber Kleinigkeiten beiseite.

Ist das nicht ein total irrer Punkt einer "Demokratie"? Sowas muss doch überarbeitet werden. Was, wenn die das Schiff in Gefahr bringen, und wir alle haften? Das wäre total verrückt, und ungerecht, und ausserdem keineswegs verantwortungsvoll. Warum jemanden einstellen, der keine Verantwortung übernehmen will?

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Linneasys  18.10.2023, 17:04
@Satiharu

Eine Demokratie ist keine Wähldiktatur.

Wir haben neben der Tatsache, dass wir alle paar Jahre wählen können, auch jederzeit die Möglichkeit, gegen die Politik zu demonstrieren, unsere Meinung überall kundzutun, beides, ohne dass uns irgendwas passieren darf.

Die Regierung wird durch ein Parlament und durch Gerichte kontrolliert und ist an Recht und Gesetz gebunden.

Nein, für seine Entscheidungen als Politiker haftet Olaf Scholz nicht persönlich. Wir haben ihn gewählt und letzlich haften wir alle. Zu glauben, Demokratie hieße nur, alle paar Jahre einen neuen Diktator zu wählen, wäre aber falsch.

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Da ein Kanzler keine Diktator ist, werden die Entscheidungen in mehreren Instanzen gefällt. Es gibt also immer viele Verantwortliche.

Satiharu 
Fragesteller
 03.03.2023, 15:58

"Verantwortliche" im Sinne von; sie tragen die Verantwortung, und haften dementsprechend?

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Velbert2  03.03.2023, 16:06
@Satiharu

Bei Fehlentscheidungen werden sie nicht wiedergewählt. Das ist eine Motivation.

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Satiharu 
Fragesteller
 03.03.2023, 16:08
@Velbert2

Das wäre ja furchtbar traurig. Ich weigere mich, sowas zu glauben. So was macht doch kein Bürger mit???

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Satiharu 
Fragesteller
 03.03.2023, 16:19
@Velbert2

Dass er dementsprechend nicht haftet, und das einzige was passieren kann, ist, dass er nicht erneut gewählt werden könne...

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Der Kanzler haftet nicht dafür, wenn etwas anders läuft,als sich das die Bürger vorstellen. Letztendlich wird im Parlament abgestimmt.

Beispiel Afghanistan.Da wurde entschiedne, dass die Bundeswehr dort zum EInsatz kommt. Die Einsatzzeiten wurden immer wieder verlängert, sodass am Ende fast 20 Jahre Einsatzzeit herauskamen. Den Steuerzahler hat das viele Milliarden gekostet und in Afghanistan wurde nichts erreicht.

Für diese sinnlos verpulverte Menge an Geld, hätte man heute für jedes Kind einen Kindergartenplatz, ordentliche Schulen , Unis.

Doch wen will man dafür verantwortlich machen , bzw., gar in Regress nehmen ?

Scheuer hat einen Mautvertrag unterschrieben, bevor das EU-Gericht entschieden hat, ob die Maut für Ausländer eingeführt werden darf. Der Vertrag war unterschrieben, die Maut durfte nicht eingeführt werden. Im Ergebnis verlangt nun die Betreiberfirma eine Entschädigung über 230 Millionen Euro, die verbindlich festgelegt wurde.

Es ist Geld des Steuerzahlers. Nun wird darüber diskutiert, ob man Scheuer dafür in Regress nehmen kann. Oder die Sache mit der Reparatur der Gorch Fock. Die Reparatur sollte ursprünglich um die 10 Millionen Euro kosten. V.d.Leyen war mit der Auftragsvergabe beauftragt. Am Ende kostete die Reparatur über 100 Millionen Euro. V. d. Leyen wirft man vor, dass die Auftragsvergabe nicht korrekt war.

Was passierte?. Merkel schickte die v.d.Leyen nach Brüssel .Obwohl v.d. Leyen nicht gewählt wurde, ist sie heute Präsidentin der EU. Merkel nahm die v.d.Leyen aus der Schusslinie und damit war die Sache vom Tisch. Heute spricht niemand mehr darüber, obwohl der Steuerzahler auch hier mit vielen Millionen belastet wurde.

Dafür verantwortlich machen kann man im Grunde niemanden. Am Ende laufen alle Ausschüsse oder was sonst noch zur Klärung der Sachverhalte eingesetzt wird, ins Leere.

Daran wird sich auch nichts ändern.

Satiharu 
Fragesteller
 05.08.2023, 10:17

Danke

Und wieso sollte sich daran nichts ändern?

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Vorab: Bedenke, dass "Politik" auch als "Spiel mit der Zukunft" beschrieben werden könnte. Für die meisten Themen gibt es keine "FAQ-Liste" - somit wäre eine pauschale Haftung gar nicht realisierbar.

Zudem entscheidet i.d.R. das Parlament und nicht der Kanzler. Der Kanzler bestimmt aber die Richtung der Politik der Regierung. Hierfür hat er im Streitfall eine "Richtlinienkompetenz" (siehe Diskussion um die Verlängerung der AKWs). Also werden Gesetzesvorlagen bei Bedarf von ihm bestimmt.

Eine Haftung hat der Kanzler in seiner Funktion/Position nicht und zudem als MdB auch vorab Immunität (was übrigens für Ministerinnen und Minister NICHT automatisch gilt, nur als MdB !).

Können "wir" ihn zur Rechnung ziehen? Generell haben "wir" aufgrund der Regierungsform nur über Wahlen eine Eingriffsmöglichkeit. Anders ist es natürlich bei juristische Verfehlungen, die ein Staatsanwalt aufgrund einer Klage nachverfolgen müsste. Beachte: Interessanterweise wurde Hr. Scholz ja nicht von der Mehrheit gewählt sondern "nur" durch die Koalitionspartner zum Kanzler. Das kann man vergleichen mit den Aktivitäten grüner Ministerinnen und Minister (oder auch deren Ministerien), die mit erstaunlichem Selbstbewusstsein vermeintlich im Interesse des Volkes agieren, aber gerade einmal knapp 15% der Wahlstimmen erhielten.

Aber eine Haftung macht an sich keinen Sinn. Zwei einfache Gründe:

  1. Stell Dir vor, Du musst Dich bei einem Einkauf für Dich wegen 10,- € entscheiden. Das ist relativ überschaubar. Trifft ein Kanzler oder ein Minister eine Entscheidung über diese 10,- € für alle, dann sind das insgesamt über alle Einwohner sofort knapp 1 Mrd. So eine Verantwortung muss man wollen, zumal - siehe Anfang - es oft eine Kristallkugelentscheidung ist. Wenn man dann persönlich haften würde, würde den Job keiner mehr machen wollen.
  2. Dazu kommt die im Vergleich zur Wirtschaft eher lächerliche Bezahlung. Für so wenig Geld macht das dann auch keiner.

Viel spannender fände ich, wenn die Ergebnisse von Bundesrechnungshof und der Landesrechnungshöfe direkte bzw. unmittelbare Konsequenzen hätten, auch in die Ministerien hinein.

Woher ich das weiß:Hobby – Kommunalpolitik und Themen bis auf Landtagsebene