Ich empfinde mich im Studium irgendwie so minderwertig?
Unsere Professoren sagen uns immer, was die Erwartungen sind; was die Maximen unseres Studiums sind. Und da geht's dann nicht mal so um quantitative Leistungen, die kann man ja lernen, sondern um qualitative Charaktereigenschaften.
Aber irgendwie, im Alltag zerbreche ich mir nicht den Kopf über Theologie. Wenn die Vorlesung beendet ist, bzw. ich mein Buch zugeschlagen habe, dann ist das Thema für mich durch. Dann ist Feierabend.
Wenn ich durch die Stadt laufe, mach ich mir keine Gedanken um Kant oder Hegel. Und wenn ich mit Freunden rede, denk ich nicht an das Konzil von Nicäa im Jahre so und so. Oder wenn ich Sonntags in der Kirche bin, überleg ich nicht, welcher Theologe wohl die Gestaltung des Kirchenraumes beeinflusst hat.
Aber gerade das sollen wir ja machen. Der Bischof hat gemeint, wir sollen brennen dafür. Es soll unsere Leidenschaft sein. Es soll unser Leben sein.
Und es gibt tatsächlich Studenten, die in jeder freien Minute über Theologie denken. Die zu Hause am Tisch darüber diskutieren, die sich da richtig reinsteigern.
Also bei mir brennt die Flamme der Leidenschaft eher so auf Sparflamme. Und deswegen fühl ich mich da manchmal so minderwertig und fehl am Platz.
4 Antworten
Das passiert immer wieder, wo ich sage mal "Fundamentale" aufeinander treffen. Ich habe das auch unter angehenden Erziehern mitbekommen, dass Leute sich minderwertig fühlten, weil sie nicht ihre komplette Freizeit mit Übungsleiterposten für Kinderturnen, Ministrantenstunden und ähnlichen Angeboten, in denen die Kinder betreuten, zupflasterten und subtil vermittelt bekamen, dass man das aber tun müsse, um ein anständiger Erzieher bzw. ein guter Pädagoge zu werden.
Du musst dich nicht minderwertig fühlen, nur weil ein paar Leute es offenbar übertreiben oder so knietief im Thema sind, dass sie nix anderes mehr interessiert. Eigentlich ist jemand, der einen so einen Horizont hat wie die von dir geschilderten Theologiestudenten, doch zu bedauern: Er steht sich selbst im Weg, weil er sich in einem sehr engen Radius bewegt und außerhalb dieses "Gebiets" nichts mitbekommt. So kann er wichtige Erfahrungen nicht machen, die jedoch andere mit breiterem bzw. in diesem Kontext weltlicherem Interessengebiet machen können.
Außerdem lebt man gesünder und ausgeglichener, wenn man sich Auszeiten anberaumt, sich Hobbys und Angewohnheiten erhält, die nix mit dem Beruf zu tun haben und sich ein Privatleben gestattet. Wer hier meint, er müsse zu dick auftragen und nur noch für den Beruf brennen, macht sich krank - und wer dem Bischof blind gehorcht, dürfte einfach nur ein willensschwacher Mitläufer sein. Und das ist auch zu bemitleiden.
Es ist mMn. mehr gemeint, dass man im Studium andere Paradigmen kennenlernt und somit Dinge im Leben durch eine neue Brille betrachten kann. Damit kann man dann Verbindungen zwischen dem gelernten und der Praxis knüpfen und Dinge verstehen.
Es gibt fast nie nur eine Sichtweise, aber wenn du z.B. ein Konzil heutzutage siehst, kannst du immer noch Parallelen ziehen und bspw. beachten, was sich geändert hat, was gleich geblieben ist und dir ggf. auch überlegen warum das so ist, je nachdem wie viel du auch weißt.
Das ist natürlich ein sehr naheliegendes Beispiel aber vielleicht lernst du im Studium ja auch was, dass dich eine Theorie darüber machen lässt, warum im Supermarkt mehr Äpfel als Birnen sind.
Dass man für etwas brennen muss und es dein Leben sein soll, da kann ich nicht zustimmen. Aber sowas kommt wenn, dann von alleine, da kann man nicht aktiv werden. Aber vielleicht findest du mal eine Ansicht, die du hast und von der du sagst, die haben vielleicht andere, die nicht so studiert haben, nicht.
Das Brennen kommt ja durch die Übertragung der Dinge. Wenn ich z.B. als Informatiker in dem Geäst eines Baumes zunächst eine Datenstruktur erkenne, dann ist das ja auch sehr ungewöhnlich für jemanden, der das nicht erkennt. Aber das ist auch nicht als Prozess von heute auf morgen zu verstehen.
Also ich finde deine Einstellung sehr gesund. brennen und ausbrennen liegen sehr nah beieinander, und man sollte auch mal den Kopf frei haben. Leute die immer nur in ihrem Studium hängen, sind schnell einsam und auch sehr anstrengend für alle andere. Behalt dir deine Work-Live-Balance bei!
Ach, lass den Kopf nicht hängen, ich kenne das. Ich war auch eher bei den Theologiestudenten, die abends lieber eins trinken waren, als eine Diskussionrunde zu besuchen.
Theologie ist nicht alles, und je nachdem, was Du danach mal machst, ist das normale Leben viel wichtiger. Außer Du bleibst an der Uni und gehst in die Forschung oder willst mal Deinen Dr. theol. machen. Aber wenn Du in die Seelsorge gehst, bist Du auf dem richtigen Weg!
Mein Studium ist zwar schon 20 Jahre her, aber wenn Du fragen hast, melde Dich ruhig.